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IBM greift Microsoft im Midmarket an

25.06.2003

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - IBM bläst mit neuer Software und neuen Dienstleistungen zu Kampfpreisen speziell für kleine und mittlere Unternehmen zum Frontalangriff auf Microsoft. Erste "Express"-Produkte bot Big Blue bereits seit Herbst vergangenen Jahres an; nun wurde das Portfolio erheblich ausgebaut und um Finanzierung sowie Server- und PC-Hardware erweitert.

Neu im Express-Softwareprogramm sind "Websphere Commerce Express" (E-Commerce-Anwendungen, Vertriebsunterstützung, Supply Chain Management, Kataloge, Marketing-Kampagnen) und "Websphere MQ Express" (Integrations-Middleware). Ebenfalls angekündigt wurden "Integrated Platform Express for Employee Workplace" (Linux-basierende Komplettlösung für ein Unternehmensportal), "Financing Express" (verschiedene Leasing- und Finanzierungsoptionen) und das "Personal Computing Division Express Portfolio" (günstige Notebooks, Desktops, Monitore und flankierende Angebote).

"Mittelständler wollen IT-Produkte, die sich ohne Programmieraufwand installieren lassen, einfach zu bedienen sind und eine transparente Preisstruktur bieten", erklärte der bei IBM für das Mittelstandgeschäft Central Europe zuständige Vice President Stefan Buerkli. Und transparent sind die Preise laut "Wall Street Journal" durchaus - sie liegen bei Schlüsselprodukten um rund 25 Prozent unter denen des Redmonder Wettbewerbers, der nach den Zukäufen von Great Plains und Navision verstärkt das SMB-Segment beackert.

Microsofts Senior Vice President Doug Burgum, der als früherer Great-Plains-Chef die Mittelstandssparte des Gates-Konzerns leitet, sieht sich allerdings im Vorteil gegenüber der IBM, das aus seiner Sicht mit abgespeckten Großanwender-Produkten den falschen Ansatz verfolgt. "Natürlich kämpfen wir auf unterschiedliche Weise, was das Ganze interessant macht", so Burgum. "Ich vertraue sehr auf Microsofts Konzept."

Bis dato hatte IBM seine Midmarket-Software zu ähnlichen Preisen angeboten wie Microsoft. Das ist seit heute anders: Websphere Commerce Express kostet 24.000 Dollar und damit laut Big Blue 24 Prozent weniger als der konkurrierende "Commerce Server Standard" von Microsoft. Bereits zuvor hatten die Armonker ihre Datenbank "DB2 Express" auf 5449 Dollar für 50 Nutzer verbilligt - der SQL Server kostet hier 7967 Dollar. Ob das reicht, um das vor allem durch seine Desktop-Vormacht in den Köpfen speziell kleinerer Anwender fest verankerte Microsoft zu attackieren, bleibt abzuwarten.

In der Vergangenheit hatte sich IBM im Wettbewerb mit Microsoft mehrfach eine blutige Nase geholt - man denke nur an Windows vs. OS/2 oder Microsoft Office/Lotus Smart Suite bzw. Excel/1-2-3 und Word/Word Pro - und sich aus dem Consumer-Marketing weitgehend zurückgezogen. Mittlerweile ist aber klar, dass sich allein mit großen Anwender nicht mehr genug verdienen lässt. Mark Ouelette, IBMs Vice President of Software Sales, erwartet dass "bis zu 54 Prozent aller IT-Ausgaben im Kundensegment mit Firmen unter 1000 Mitarbeitern passieren". Im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres erzielte IBM, das diese Zahlen erst seit neuestem separat ausweist, hier 4,3 Milliarden Dollar Umsatz (plus sechs Prozent gegenüber Vorjahr) oder fast ein Fünftel seiner gesamten Einnahmen.

Beim Vertrieb im KMU-Bereich verlässt sich IBM, das seit 2001 nach Angaben von Marketing-Bereichsleiter Mark Lautenbach dort rund 500 Millionen Dollar investiert hat, vor allem auf Geschäftspartner aus dem Software- und Serviceumfeld. So mancher von diesen dürfte sich nicht zuletzt mit Big Blue verbrüdert haben, um nicht eigene Kunden an Microsoft zu verlieren. Don Webb, President der auf die Elektrobranche spezialisierten Softwarefirma Prelude Systems, meint Microsoft habe sich "in direkten Wettbewerb mit tausenden von Entwicklerabteilungen" begeben, wohingegen IBM keine solchen konkurrierenden Produkte plane. (tc)