Schwierige Integration von T-Online und T-Com

IBM-Chef Raizner soll bei der Telekom aufräumen

10.09.2004

Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke hat mit der Verpflichtung von Raizner einen Überraschungscoup gelandet. Nach dem Rücktritt von Josef Brauner im April wurden viele Namen gehandelt, doch der IBM-Mann war nicht darunter.

Raizner fällt bei der Neuordnung der Telekom eine Schlüsselrolle zu: Er muss ab Anfang November als Chef der T-Com das neue Geschäftsfeld "Breitband/Festnetz" verantworten und für eine einheitliche Vermarktungs- und Vertriebsstrategie der sich teilweise überlappenden T-Com- und T-Online-Produkte sorgen.

Mit der Zusammenlegung der beiden Bereiche will Ricke dem Konkurrenzkampf zwischen den beiden Konzernlagern um den breitbandigen Internet-Zugang DSL einen Riegel vorschieben. Auch die Wettbewerber France Télécom und Telefónica hatten ihre Sparten Festnetz und Online-Dienst zusammengelegt.

Das belastete Verhältnis zwischen T-Com und T-Online dürfte auch der Hauptgrund dafür gewesen sein, weshalb T-Online-Vorstand Thomas Holtrop trotz seiner Ambitionen keine Chance auf den T-Com-Chefsessel hatte. Holtrop blieb nichts anderes übrig, als zu gehen, denn die Entscheidung für Raizner kam einer Degradierung gleich. Der T-Online-Chef, der noch von Ricke-Vorgänger Ron Sommer angeheuert worden war, hätte seinen Vorstandsposten räumen und an Raizner berichten müssen.

Leicht wird es für den IBMer im Telekom-Vorstand nicht werden. Raizner, der keine Erfahrung im Massengeschäft mitbringt, wird sich mit den beiden ehrgeizigen Kollegen Konrad Reiss und René Obermann auseinandersetzen müssen. Reiss leitet künftig die Konzerneinheit "Geschäftskunden", in der "T-Systems" für die Großunternehmen zuständig ist und der Bereich "Flächenvertrieb Deutschland" rund 200 000 Firmen betreuen soll, deren jährliche TK-Kosten 10 000 Euro überschreiten. Für diese Klientel war bisher die T-Com zuständig, die sich nun mit dem Flächenvertrieb einigen muss, wie sich beide Sparten künftig bei Kunden im Grenzbereich nicht ins Gehege kommen beziehungsweise kooperieren wollen.

Obermann wiederum managt wie bisher die Konzerneinheit "Mobilfunk" und führt damit einen Konzernteil, der stark an den Umsätzen des Festnetzgeschäftes nagt. Mit 22, 8 Milliarden Euro Umsatz im Geschäftsjahr 2003 sitzt T-Mobile der Konzernschwester T-Com bereits im Nacken, die 29,2 Milliarden Euro erwirtschaftete. Während der Mobilfunk jedoch wächst, kämpft die Festnetzsparte mit einem Umsatzschwund.

"Es geht bei T-Com neben der Schaffung von Umsatzwachstum in einigen Bereichen insbesondere darum den Umsatzverfall zu stoppen", nennt Heinrich Berger, Principal Communication & High Tech Practice bei der A.T. Kearney GmbH, die wichtigste Herausforderung. Ein effektives Customer-Service-Management könnte zum Beispiel proaktiv potenzielle Abwanderungskandidaten unter den T-Com-Kunden ermitteln, die dann durch attrakti- ve Upgrade- oder Loyality-Programme weiter an das Unternehmen gebunden werden. Bei Kundenrückgewinnungsprogrammen in vergleichbaren Unternehmen konnten so schon 25 Prozent der verlorenen Teilnehmer zurückerobert werden.

Als weiteren möglichen Hebel sieht Berger das Cross-Selling, also die Bündelung der T-Com-Produkte mit Diensten von T-Online und T-Mobile, soweit regulatorisch erlaubt. Andere denkbare Maßnahmen sind die Optimierung der Preisstrukturen, ein gezieltes Innovations-Management sowie die Stärkung effizienter Vertriebskanäle wie das Internet oder der Call-Center.

Wohin die Chefs der IBM Deutschland GmbH gingen

Lothar Sparberg (1983 - 1986) wechselt in den Aufsichtsrat.

Hans-Olaf Henkel (1987 - 1993) rückt zum Europa-Chef der IBM auf und wird anschließend Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI).

Edmund Hug (1993 - 1996) wird in die IBM-Europa-Zentrale berufen.

Hermann-Josef Lamberti (1997 - 1998) geht als CIO zur Deutschen Bank und steigt 1999 in den Vorstand auf.

Erwin Staudt (1998 - 2003) übernimmt beim finanziell angeschlagenen Fußballbundesligisten VfB Stuttgart das Amt des Präsidenten.

Walter Raizner (2003 - 2004) verlässt IBM in Richtung Telekom und wird dort ab November als Vorstand die Festnetzsparte T-Com leiten.