Probleme sind nicht technischer Natur

IBM bekennt sich zu J2EE

30.06.2000
MÜNCHEN (IDG) - Über Monate hat es IBM vermieden, sich öffentlich zur Java 2 Enterprise Edition (J2EE) von Sun zu bekennen. Jetzt scheint sich die von den Anwendern gewünschte gemeinsame Gangart der beiden Java-Pioniere auf einen formalen Streit zu reduzieren.

Der Höhepunkt der Irritationen war kürzlich auf Suns Hausmesse Javaone erreicht, als IBM rund 100 Enterprise Javabeans für den Applikations-Server "Websphere" ankündigte, ohne jedoch ausdrücklich die Unterstützung der J2EE-Spezifikationen von Sun auszusprechen. Die bis Ende dieses Jahres vorgesehenen Komponenten sollen sich überwiegend für Finanzservices, Supply-Chain- und Kunden-Management-Applikationen eignen. IBM sagte zwar zu, darin die technischen Aspekte von J2EE zu berücksichtigen, von einer Konformität war jedoch nicht die Rede. Auffällig auf der Sun-Veranstaltung war auch, dass IBM in der Liste der J2EE-Lizenznehmer fehlt.

Anwender äußerten daraufhin ihre Befürchtung, dass die von IBM vorgestellten Beans ebenso wie die anderer Hersteller nicht dem letzten Stand der Spezifikationen entsprechen könnten. Dann sei die Multiplattform-Fähigkeit der Server-Komponenten gefährdet, so Tom Guyette von der Federal Reserve Bank in Minneapolis. In den zwölf Niederlassungen der Bank wird intensiv mit EJBs gearbeitet, die allerdings sowohl auf Websphere als auch auf dem Konkurrenzprodukt "Weblogic" von Bea laufen müssen.

Hier erwarten Anwender mehr als nur die Zusage einer J2EE-API-Unterstützung. Schließlich könnte es sich als problematisch erweisen, wenn Suns "Run-everywhere"-Versprechungen endgültig erst in der kommenden Version 2.0 eingelöst werden, solange Hersteller eigene kleinere Modifikationen vornehmen.

Inzwischen bemüht sich IBM um Aufklärung. In einer öffentlichen Stellungnahme aus Armonk heißt es, dass man Lizenznehmer der J2EE-Plattform sei und daran festhalten werde. So betont etwa Scott Hebner, IBM-Manager für E-Business-Marketing, dass man Rechte an allen von Sun vorgenommenen Java-Erweiterungen besitze und schon deshalb vor anderen Herstellern als Lizenznehmer gelten könne.

Damit reduziert sich das Problem offensichtlich auf vertragliche Belange, denn Sun sieht dies ganz anders. IBM besitze derzeit keine Lizenz, man wolle Big Blue aber gerne an den Verhandlungstisch holen, um über entsprechende Verträge zu sprechen, so der für J2EE verantwortliche Sun-Manager Rick Saletta. Sein Kollege Bill Roth ergänzt, er sei überrascht und gleichzeitig froh über IBMs Kehrtwende. Dies zeige, dass die Differenzen zwischen beiden Unternehmen lösbar seien.

Als Hintergrund des Taktierens vermutet Gartner-Analyst Mark Driver die Enttäuschung IBMs darüber, dass man seit fünf Jahren in die Java-Entwicklung involviert war, die Lorbeeren jedoch Sun geerntet hat. Die unklare Haltung IBMs solle Druck auf Sun ausüben - ein Schuss, der nach hinten losgehen kann, wenn Anwender darin den Abschied Big Blues von Java vermuten.

J2EE-konformLaut Reglement von Sun garantiert das J2EE-Markenzeichen, dass die Software des Lizenznehmers konform mit den Java-Standards für die serverseitige Anwendungsentwicklung ist und zusätzlich die Compatibility Test Suite anbietet. Letztere enthält über 6000 Prüfungen, die jeder Aspriant bestehen muss. Offiziell haben derzeit folgende Hersteller laut Sun eine Lizenz erhalten:

-Amerika Online, Art Technologies, Bea, Bluestone, Compaq, Gemstone, Hitachi, Interworld, Iona, Merant, Nokia, Orbware, Oracle, Persistence, SAS, Silverstream, Sun-Netscape Allianz, Sybase.