Visual Age und Websphere als tragende Säulen

IBM baut weiter am Application Framework

15.10.1999
MÜNCHEN (as) - Mit neuen Versionen seiner Werkzeuge "Visual Age for Java" und "Websphere Studio" macht IBM einen weiteren Schritt in Richtung unternehmensweite, Java-basierte Anwendungsentwicklung. Als Teil des "Application Framework for E-Business" sollen sie helfen, künftig alle Anforderungen der Entwickler abzudecken.

Rund zwei Jahre ist es her, daß IBM mit der aufkommenden E-Business-Diskussion auch seine Idee eines Network Computing Framework (NCF) vorstellte. Dieses Modell beinhaltet den Aufbau einer Architektur zur Entwicklung und Integration sowohl neuer, komponentenbasierter als auch bestehender Anwendungen, realisiert mit Hilfe eigener integrierter Programmierwerkzeuge, Datenbanken, diverser Middleware, und System-Management-Features. Java und das Javabeans-Komponentenmodell sowie der "Websphere"-Applikations-Server werden dabei mittlerweile als Schlüssel für die Integration der IT-Landschaft und die Anbindung an das Web angesehen. Ausdruck dieser Strategie war die Umbenennung von NCF in Application Framework for E-Business.

Wichtige Bestandteile bei den Entwicklungswerkzeugen sind das objektorientierte Rapid- Application-Development-(RAD-) Tool "Visual Generator" und das Business-Framework "San Franzisko". Im Mittelpunkt steht aber die Websphere-Familie mit der Werkzeugumgebung Websphere Studio sowie Visual Age for Java (VAJ) aus der gleichnamigen Produktfamilie. Letztere bietet auch eine Smalltalk-Version sowie "Visual Age Component Development", eine OO- Integrations- und Entwicklungsumgebung für C++- und Java-Komponenten.

Websphere Studio ist speziell für die Entwicklung von Web-Content und -Anwendungslogik gedacht, VAJ bietet eine umfangreiche Programmierumgebung zur Generierung von verteilten, Java-basierten Unternehmensanwendungen. Beide Tools sind nun zum vierten Quartal 1999 in Version 3.0 angekündigt und laut Hersteller sowohl eng miteinander als auch mit den neuen Versionen von Websphere (siehe CW 39, Seite 20) integriert beziehungsweise über Konnektoren angebunden. Websphere Studio ist insbesondere für den Einsatz mit der "Standard Edition" des Applikations-Servers gedacht und bietet eine breite Palette an Funktionen, mit denen sich datenbankbasierte Websites aufbauen lassen. So steht beispielsweise neben Wizards für die Generierung von Java-Servlets und Java Server Pages (JSPs) das grafische Layout-Tool "Visual Page Designer" zur Verfügung. In ihm lassen sich dynamische Web-Seiten mit Hilfe von HTML, DHTML oder JSP erzeugen. Die Seiten lassen sich vor dem Deployment remote testen, JSP sogar erstmals durch einen remoten Debugger bearbeiten. Zudem unterstützt und bündelt die "Studio Workbench" die Teamarbeit, indem einheitliche Sichten auf die Dateien und Beziehungen möglich sind. Mit VAJ lassen sich auf Plattformen von Windows NT bis zu AS/400 und OS/390 Java-Applikationen, Applets, Servlets, Javabeans und Enterprise Javabeans (EJBs) erstellen sowie externe Komponenten integrieren. Release 3.0 erweitert den Websphere-Server um zusätzliche Entwicklungskapazitäten, die es ermöglichen, Java-Anwendungen künftig direkt für die Zielplattform zu schreiben, zu testen und zu debuggen. Allerdings kann Visual Age ebensogut für die separate Anwendungsentwicklung eingesetzt werden. Dabei muß sich das insbesondere auf die IBM-Welt zugeschnittene Tool einer harten Konkurrenz durch Anbieter wie Inprise mit "Jbuilder" und Symantecs "Visual Café" erwehren.

Mit dem neuen Release wurde die Zahl sogenannter Enterprise Access Builder (EAB) weiter aufgestockt. Sie generieren aus mitgelieferten Java-Klassen automatisch Javabeans und EJBs, die Schnittstellen für die Kommunikation von Legacy-Anwendungen über eine Vielzahl von Middleware-Typen mit dem Java-Client enthalten. Version 3.0 bietet zusätzlich Schnittstellen zu IMS, MQ Series, Lotus Notes, Host on demand und EJB-Support für SAP R/3.

Eine weitere Verbesserung kündigt IBM bei der Datenbankanbindung insbesondere zur eigenen "Universal DB2 Database" (UDB) an. Bieten die EABs bereits Standardschnittstellen wie JDBC, ODBC sowie native Interfaces zur DB2 und Oracle-Datenbanksystemen, so erlaubt Version 3.0 die Nutzung der Sicherheits-Features von UDB durch den "Stored Procedure Builder for DB2". Die Programmier-Schnittstelle SQLJ hilft zudem die Antwortzeiten beim Datenbankzugriff zu verbessern. Sie ermöglicht es, SQL-Statements in einer Java-Anwendung auszudrücken und diese dann in JDBC zu konvertieren. Ferner enthält Visual Age ein überarbeitetes Javabeans-Interface und einen verbesserten Wizard für die schnellere Erstellung von EJBs. Die Entwicklungsumgebung generiert nach der Erstellung der Java-Geschäftslogik automatisch die EJB-Infrastruktur für jede Session. Alle Veränderungen, die einer EJB im Lauf ihres Lebens widerfahren, werden inkrementell gespeichert. Dank einer Testumgebung kann zudem ein Debugging der EJBs vor dem Deployment erfolgen.

Arbeiten mit Java 2

Neu ist ebenfalls eine XMI-Bridge (XMI= XML Metadata Interchange), mit der sich Metadaten mit Rationals Modellierungswerkzeug "Rose" austauschen lassen sowie die Unterstützung von Sun Solaris. Bezüglich der Unterstützung der Java-2-Spezifkationen bezeichnet IBM VAJ als "Early Adapters Environment", mit dem sich schon heute Features wie verbesserte Sicherheitsmechanismen, Portierbarkeit und Interface-Kontrolle nutzen lassen. Eine durchgängige Unterstützung von Java 2 über das gesamte Application Framework ist aber derzeit noch nicht gegeben. Ebenso ist eine Linux-Variante in Vorbereitung, die sich auf der Website bereits begutachten läßt.

Visual Age for Java soll in vier Varianten auf den Markt kommen. Diese umfassen die im Web erhältliche kostenlose Lern- und Testversion "Entry Edition" sowie die "Professional Edition", die laut Hersteller alle wichtigen Features aufweist und die JDBC- Schnittstelle für den Datenbankzugriff enthält. Flaggschiff ist die "Enterprise Editon", die auch als "Entry Edition" verfügbar ist. Sie erlaubt die Entwicklung von verteilten Java-Anwendungen und bietet zusätzlich Teamfunktionalität sowie Klassen für die Integration von Legacy-Applikationen.