IBM auf dem Weg zum Servicekonzern

18.01.2006
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Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.

Für die Einschätzung des Forrester-Manns spricht die lange Liste von Software- und Serviceunternehmen, die IBM in den vergangenen zehn Jahren geschluckt hat. Die mit Abstand wichtigste Übernahme im Servicegeschäft war die Beratungssparte von Pricewaterhouse-Coopers im Jahr 2002, darin sind sich Experten einig. Bereits unter Gerstner stärkte IBM das Softwareportfolio mit den Käufen von Lotus und Tivoli. Zahlreiche andere Softwarehersteller wie Rational, Candle oder Trigo kamen seit Palmisanos Amtsantritt im März 2002 hinzu, aber auch Servicespezialisten wie der dänische IT-Dienstleister Maersk Data. Demgegenüber trennte sich IBM konsequent von unrentablen Hardwarebereichen, darunter das Druckergeschäft, die Festplattensparte und die PC-Division.

Geheime Pläne für einen Konzern ohne Hardwarefertigung?

Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass unternehmensnahe Quellen schon von geheimen Plänen für einen Konzern ohne eigene Hardwareproduktion wissen wollen. Gegen diese Theorie sprechen die aktuellen Geschäftszahlen. Im dritten Quartal 2005 entwickelten sich fast alle Server-Linien sowie die Bereiche Storage Systems und Mikroelektronik positiv. Bob Djurdjevic, IBM-Kenner und Chef des US-amerikanischen Marktforschers Annex Research, konstatierte gar ein "Hardware Revival". Selbst die letztjährige Problemsparte "I-Series" (ehedem "AS/400") verbuchte einen 25-prozentigen Umsatzzuwachs gegenüber dem Vorjahr.

Gibt es eine Renaissance für Großrechner?

Im hart umkämpften Markt der Unix-Server schafften die "P-Series"-Systeme mit elf Prozent die zweithöchste Umsatzsteigerung unter IBMs Hardwareprodukten - auf Kosten der Konkurrenten HP und Sun, wie IBM-Manager Adalio Sanchez verkündete. Big Blues "X-Series"-Server verzeichneten im Wintel-Markt ebenfalls zweistellige Zuwachsraten. Lediglich die Umsätze mit "Z-Series"-Mainframes fielen um vier Prozent. Längerfristig betrachtet aber sind IBMs Großrechnereinnahmen nach den dramatischen Einbrüchen in den 90er Jahren seit 2003 wieder kontinuierlich gestiegen. Djurdjevic erwartet, dass sich die "Renaissance" der Big Irons in den kommenden Jahren fortsetzt.