Nur noch verhaltene Kritik an Datenbankrechnern des Marktführers:

IBM-Anwender rehabilitieren System /38

04.03.1983

MÜNCHEN - Erwies sich das IBM-System /38 nach über einjähriger Lieferverzögerung anfänglich als Problemmaschine, so mauserte sich der Datenbankrechner inzwischen mit etwa 800 Installationen zu einem der erfolgreichsten Prozessoren des Marktführers. Doch trotz überwiegend positiver Beurteilung hält sich die Euphorie der Benutzer in Grenzen. Wie eine Umfrage der COMPUTERWOCHE bei 52 der /38-Anwender ergab, hatten immerhin 73 Prozent Schwierigkeiten im Umgang mit dem System zu verzeichnen.

Nachdem die IBM mit dem im Oktober 1978 zur Orgatechnik angekündigten "relationalen Datenbankcomputer" vor allem erwartungsvolle /3-User verprellte, indem sie die Auslieferung des Systems mehrfach verschieben mußte, setzte "Big Blue" alles daran, um dem Rechner ein neues Image zu verschaffen. Seit der Installation der ersten /38 im Herbst 1980 sind nunmehr gut zwei Jahre vergangen, und die Anstrengungen der Stuttgarter haben gefruchtet. Bei dem überwiegenden Teil der Benutzer, dies ergab die vorliegende CW-Analyse, haben sich die Erwartungen in die DB-Maschine weitgehend erfüllt. Dennoch ging nur bei 27 Prozent der Befragten alles glatt: Mehr als ein Viertel der Benutzer beklagt Verzogerungen bei der Installierung ihrer Anlage. Neunzehn Prozent befanden sogar, daß das von IBM vorgeschlagene System zu klein war. Einen zu hohen Anpassungsaufwand bei Erweiterungen oder Änderungen von Hard- und Software sowie Schwierigkeiten mit der Programm-/ Daten-Kompatibilität gaben immerhin jeweils zwölf Prozent der Befragten an. Rund ein Drittel aller /38-User hatten mit sonstigen Problemen zu kämpfen. Hier stechen mit rund zehn Prozent (bezogen auf die Gesamtzahl) die Klagen über ein schlechtes Antwortzeitverhalten hervor.

Deutsche /38-Benutzer scheinen ihre Anwendungen jedoch wesentlich besser geplant zu haben als ihre britischen Kollegen. Wie eine im Februar veröffentlichte Umfrage des englischen Marktforschungsunternehmens Xephon Technology Transfer Limited aus Maidenhead/Berkshire bei 66 "/38-Drivern" ergab, berichteten gar 76 Prozent der an der Analyse Beteiligten über Performance-Schwierigkeiten. Die Benutzer im Inselbereich kritisierten zudem die mangelnde Verträglichkeit zwischen Batch- und Dialog-Anwendungen.

Hierüber verlieren deutsche /38-Fahrer zwar kein Wort, doch scheint ebenfalls eine Diskrepanz zwischen Online- und Offline-Einsätzen zu bestehen. Der Batch-Anteil beträgt im Mittel noch immer über dreißig Prozent, obwohl das DB-System von der IBM als Dialog-Maschine angepriesen wird. Hinzu kommt, daß der Rechner bei allen Befragten durchschnittlich nur zu zwei Drittel ausgelastet ist.

Freuen können sich die Stuttgarter indes mehr über die Herkunft ihrer derzeitigen /38-Kunden. Mit 69 Prozent wechselte die Mehrheit der Benutzer von dem 1969 angekündigten System /3. Damit liegt IBM voll in der ursprünglich angepeilten Marschrichtung, denn beim Announcement 1978 wurde der Zielmarkt primär auf die Ablösung dieser "Althobel" ausgerichtet. Nur elf Prozent der heutigen /38-Anwender besaßen vorher Rechner von anderen Herstellern.

Von den wenigen "Fahnenflüchtigen" kommen knapp die Hälfte von Burroughs, der Rest zu gleichen Teilen von General Electric, Honeywell Bull, Nixdorf und Siemens. Verschwindend wenige IBM-User stiegen von den Systemen /32, /34 oder 370 um.

Von den befragten 52 Anwendern hatten 37 Prozent ihren Rechner vom Hersteller gemietet oder geleast, 34 Prozent entschlossen sich zum Kauf. 29 Prozent bezogen ihr System von dritter Seite.

Die Anwendungsprogramme erstellt etwa ein Drittel der Benutzer vollständig selbst. Nur knapp die Hälfte kauft IBM-Standardsoftware, obwohl die Stuttgarter hier ein breitgefächertes Angebot vorweisen können. Ein Zubrot im /38-Markt verdienen sich auch die Externen: Ein Drittel der Anwender läßt außer Haus programmieren, fast ein Fünftel stützt sich auf Lizenzsoftware von Fremdanbietern.

Bei mehr als 30 Prozent der Benutzer sind lediglich zwei Personen als DV-Spezialisten am System tätig. 20 Prozent benötigen drei Mitarbeiter, zwölf Prozent kommen gar mit nur einem einzigen Systemprofi aus. In Ausnahmefällen arbeiten sogar acht Mitarbeiter an der Datenbank: ein EDV-Leiter, zwei Operateure und fünf Programmierer.

Das /38-Urteil

Note

Zuverlässigkeit der CPU 1,4

Programmiersprache RPG 1,6

Einfache Programmierung 1,7

Betriebssystem CPF 1,7

Schnelligkeit des Wartungsdienstes 1,8

Effektivität des Wartungsdienstes 1,9

Interaktive DB-Dienstprogramme 1,9

Zuverlässigkeit der Peripherie 2,1

Einfache Bedienbarkeit 2,1

Problemlose Umsetzung 2,1

Technische Unterstützung

(Ausbildung) 2,3

Technische Unterstützung

(Problemlosung) 2,4

Technische Unterstützung

(Dokumentation) 2,5

Antwortzeitverhalten 3,0

Zufriedenheit insgesamt 2,1

Die Bewertungen für die Umstellungshilfen sowie die Anwendungsprogramme Fertigungsindustrie und Handel konnten nicht ausgewertet werden, weil hier die Zahl der Antworten zu gering war.

Gute Gesamtzufriedenheit

Trotz verhaltener Kritik einiger Benutzer ist die breite Masse in den wesentlichen /38-Bereichen mit ihrem Rechner zufrieden. Nur ein Anwender nannte keine signifikanten Vorteile seines Systems. Dabei wird die einfache Datenbanksprache von 85 Prozent der Benutzer gerühmt. Knapp drei Viertel registrierten niedrige Programmierkosten durch den Einsatz von Softwarewerkzeugen des Marktführers.

Im User-Urteil steht die CPU-Zuverlässigkeit mit der Note 1,4 deutlich an der Spitze der Bewertungen, wobei die Skala von "1" (ausgezeichnet) bis "4" (schlecht) reicht. Mit 1,6 folgt die Programmiersprache RPG. Auf Rang drei liegen jeweils mit der Note 1,7 die einfache Programmierung des Systems sowie die Qualität des Betriebssystems CPF. Ihre Gesamtzufriedenheit gaben die /38-Fahrer mit "gut" (2,1) an.

So verwundert kaum, daß die zwölf Prozent Benutzer, die innerhalb dieses Jahres ihr System austauschen wollen, auf einen größeren Rechner innerhalb der /38-Serie gehen werden. Alle "Springer" fahren derzeit ein Modell 5 und wollen zukünftig den bislang größten /38-Prozessor, das Modell 7, nutzen.

Hier wird IBM jedoch dem Vernehmen nach schon bald das erwartete Top-end-Modell 9 präsentieren, denn immerhin zehn Prozent der Anwender arbeiten bereits mit der "7", und über 60 Prozent, die heute noch auf einer "5" wirken, stehen vor dem Sprung in das obere /38-Lager.