Microsoft und Lotus ziehen den kürzeren

Hypo-Bank erteilt Star Division den Zuschlag für Großauftrag

07.03.1997

Nicht das Startup-Logo von "MS-Office" und auch nicht das von "Smartsuite" wird künftig die Bildschirme der landesweiten Hypo-Bank-Filialen zieren. Im Rahmen eines Lizenz- und Wartungsvertrags hat sich das Geldinstitut für die flächendeckende Installation der Office-Suite des hanseatischen Außenseiters Star Division entschieden: "Dieses Projekt betrifft unser gesamtes Unternehmen - genauer gesagt insgesamt etwa 15000 Arbeitsplätze", beziffert ein Mitarbeiter der Hypo-Bank den Umfang der Migration, die spätestens bis Ende dieses Jahres unter Dach und Fach sein muß.

Seit knapp einem halben Jahr prüfe die Hypo-Bank bereits das Für und Wider der unterschiedlichen Bürosuites, an die die DV-Profis vor allem drei Anforderungen stellen: plattformübergreifende Einsetzbarkeit, OS/2-Kompatibilität und last, but not least Internet- sowie Intranet-Funktionalität. Die Kombination dieser Ansprüche machte die Wahl für die Strategen der Hypo, die über einen DV-Mix aus OS/2-, Unix- und Windows-NT-Rechnern verfügen, denn auch nicht allzu schwierig: "Star Office ist derzeit das einzige Produkt auf dem Markt, das unseren Vorstellungen entsprochen hatte", konstatiert der Angestellte, weshalb man im Zuge eines gleichzeitigen Betriebssystem-Upgradings auf "OS/2 Warp 4" (Merlin) dem Applikationsset von Star Division den Vorzug gibt.

Nahezu chancenlos gingen Microsoft und Lotus in das Finale der letzten und wohl auch einzigen Drei: Während die aktuellen Suite-Releases der Gates-Company, "Office 95" und "Office 97", schlichtweg nicht mehr unter OS/2 laufen, erläutert der DV-Experte, ließe sich die 16-Bit-Variante des Office-Pakets zwar einsetzen, "aber diese Version ist schon veraltet". Microsoft habe schließlich die Korrektur der älteren Produktausführungen längst aufgegeben und leiste auch keinen Support für OS/2-basierte Applikationen mehr. Lotus wiederum habe zur Evaluationsphase den Anforderungen der Hypo-Manager nicht entsprochen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt galt der Internet- und Intranet-Tauglichkeit der künftigen Bürosuite: "Wir wollen massiv in die Intranet-Technologie einsteigen", betont der Mitarbeiter, dessen Brötchengeber ab Migrationsende in sämtlichen Filialen das Internet-Format Hypertext Markup Language (HTML) zum Standard für Dokumente unterschiedlichster Couleur küren will.

Während man sich in der Unterschleißheimer Microsoft-Dependance hinsichtlich des verlorenen Großauftrags gelassen gibt, dürfte die Pille, die die Gates-Company in diesem Zusammenhang schlucken muß, bitterer werden als angenommen. Im Rahmen der Star-Einführung wird das seit Ende 1990 erhältliche und bei der Hypo jahrelang als Standard-Textverarbeitung eingesetzte Paket "PM Word 1.1 für OS/2" des Windows-Anbieters künftig "unter den Tisch fallen", so der Hypo-Bank-Mann, obwohl er sich durchaus bewußt ist, daß "es kritisch sein kann, wenn man dem Marktführer nicht den Vorzug gibt". Lizenzgebühren, die die Hypo-Bank für den Einsatz von PM Word zahlen mußte, "kommen jetzt nicht mehr zum Tragen", erklärt der DV-Profi.

Dabei ist die Hypo-Bank durchaus bereit zu investieren. "Allein die Schulungsaufwendungen liegen im Bereich von mehreren Millionen Mark", so die Kalkulation des Mitarbeiters. Zusätzliche Aufwendungen in Millionenhöhe werde die Bank wohl für die Einführung selbst ausgeben. Die Kosten für die Lizenzen seien dabei noch nicht berücksichtigt.