Gastkommentar

Hypertypen in Hyperwelten

15.10.1999
Roland Bickmann, Bickmann & Collegen, Unternehmensberatung, Hamburg

Wer ist ihnen nicht schon begegnet, den neuen Innovatoren, den Gestaltern der neuen Welten? Ob Multimedia oder Mikrosystemtechnik, Webdesign oder Nanotechnologie - die Protagonisten sind "anders", selbstbewußt, virtuos in ihren komplexen Welten. Schon das Outfit ist anarchisch: Haartracht nach Gusto und Rasur nach Tagesform. Seniorität, Zurückhaltung, Demut oder Respekt - weitgehend Fehlanzeige. Die neuen Cracks sehen sich als das Maß aller Dinge. Sie kennen sich in Welten aus, denen die Internet-Millionäre entspringen. Sie wissen, daß sie vielleicht einen millionenschweren Börsengang zustande bringen werden.

Bestätigung erfahren diese Menschen in geschlossenen Communities, in denen es streng nach den Gesetzen Darwins zugeht. Manchmal weicht ihr sozialer Autismus einem gönnerhaften Auftreten. Dann wollen sie dem, der lediglich zum Geldbesitz befähigt ist, die Chance geben, seine Mittel in das "hippe" Business zu investieren, sofern er die Autorität der Genies nicht antastet.

Die Könner unserer Tage müssen ein hohes Maß an interdisziplinärem Wissen aufbringen, um marktfähige Produkte zu schaffen. Diese sind so kryptisch definiert, daß für Vermarkter, Kaufmann oder Investor ein Vorstudium erforderlich ist. Die Kommunikationsmethode ist hierarchisch: Der Laie hat seinen Kotau vor dem Wissenden zu machen. Erst nach dieser Unterwerfungsgeste wird er als Gesprächspartner ernst genommen. Es bleibt abzuwarten, ob die segmentierte Gesellschaft es schaffen wird, mit diesem neuen Typus von Elite konstruktiv umzugehen. Ohne soziale Brücken zwischen Technologiegurus und Unternehmern bleibt auch die aussichtsreichste Technik ungenutzt. Soziale Isolation, selbst auf höchstem Niveau, hilft am Ende niemandem.