Adobe-Studie zur Online-Werbung

Hyperlinks: Auf Kundensuche als elektronischer Trittbrettfahrer

24.05.1996

Die Aussagen der Adobe-Studie beziehen sich auf Untersuchungen bei 1200 Familien in den USA. Danach sehen Jugendliche unter 18 Jahren in 64 Prozent aller Haushalte mit einem PC seltener fern als in Haushalten ohne Computer. Ist der PC an einen Online-Dienst angeschlossen, sitzen sogar 88 Prozent der jungen Leute seltener vor dem TV-Gerät. Andere Untersuchungen zeigten, daß sich auch Erwachsene zunehmend von den "kommunikativen Chancen" eines PCs am Netz verlocken lassen. So verwenden schon 44 Prozent aller PC-Nutzer in den USA, die sich in das Internet einwählen, hierfür den heimischen Computer und verbringen dabei im Durchschnitt fünfeinhalb Stunden pro Woche am PC.

Nach Adobe-Recherchen stehen bereits in mehr als einem Drittel aller US-Haushalte PCs. In Deutschland gehört immerhin schon in jeder vierten Familie ein solcher Rechner zum festen Inventar bis Ende 1996 liebäugeln weitere sechs Prozent der Deutschen mit dieser privaten Anschaffung. Das Durchschnittsalter der Abonnenten von Internet- und Online-Diensten liegt hierzulande bei 29 Jahren. 62 Prozent der Netzsurfer besitzen einen Universitätsabschluß oder streben einen solchen an. Last, but not least rechnen die Auguren bis Ende 1998 allein in Deutschland mit über fünf Millionen Nutzern von Online-Diensten.

Eine zahlungskräftige Kundschaft wächst also heran. Die entscheidende Frage ist aber, wie der Online-Trend das Einkaufsverhalten und die Werbeakzeptanz der Verbraucher verändert. Während bereits 200000 Unternehmen im World Wide Web mit etwa 20 Millionen Informationsseiten präsent sind, gibt es nach Beobachtung der US-Publishing-Spezialisten weltweit nur rund 250 Firmen, die die "Spielregeln" des Internet ernsthaft für Werbezwecke einsetzen - also die Online-Präsenz anderer Unternehmen zur Vermittlung eigener Werbebotschaften ausnutzen.

Werbung im Internet bald ein Milliarden-Dollar-Markt?

So registriert etwa das Männer-Magazin "Penthouse" inzwischen über 800000 Online-Zugriffe pro Tag Unternehmen, die auf den "Penthouse"-Seiten mit sogenannten Hyperlinks werben wollen, zahlen mittlerweile 30000 Dollar pro Quartal.

Laut Adobe Systems wurden im vierten Quartal 1995 weltweit etwa 20 Millionen Dollar für Internet- beziehungsweise Online-Werbung ausgegeben. Das US-Unternehmen schätzt, daß sich das Werbevolumen im ersten Quartal 1996 auf rund 40 Millionen Dollar verdoppeln wird. Bis 1998 könnte das weltweite Internet-Werbebudget die Marke von einer Milliarde Dollar deutlich übersteigen.

Selbst weltweit eine Milliarde Dollar wäre noch wenig im Vergleich zu den knapp neun Milliarden Mark, die allein im vergangenen Jahr in Deutschland für TV-Werbung aufgewendet wurden. Während jedoch Online-Medien rasant an Aufmerksamkeit gewinnen, nimmt die Effizienz klassischer Fernsehwerbung immer mehr ab. Stünden die "Hopping"- und "Zapping"-Gewohnheiten der Konsumenten herkömmlicher TV-Werbung entgegen, spiegele sich diese "Fast-Food-Konsumhaltung" in den Online-Medien geradezu wider, heißt es in der Studie. Einzige Voraussetzung für den Erfolg: Der interaktive Inhalt muß Spaß machen und/oder informativ sein.

"Erhebliche Kreativarbeit" sieht Adobe Systems daher auf die Agenturen zukommen, die Online-Werbung gestalten. Die heutige Internet-Werbung erinnere eher an die ersten TV-Spots in den 50er Jahren, in denen Werbeplakate über eine Bühne getragen und dabei gefilmt worden seien, als an professionelle Werbung. Internet- und Online-Präsenz dürfe sich nicht auf Werbung im herkömmlichen Sinne beschränken, sondern müsse Markenbewußtsein, Produktinformationen, Kundendienst, Vertrieb und Marktforschung intelligent verknüpfen.

Als ein Hauptproblem bei der Internet- und Online-Werbung stufen die Adobe-Spezialisten die Tatsache ein, daß bisher keine verläßlichen Statistiken über die erreichbaren Zielgruppen vorliegen. Das verfügbare Material basiere auf den Angaben der jeweiligen Anbieter, heißt es. Erst in jüngster Zeit haben sich "klassische" Medienkontrolleure wie Nielsen Media Research um Statistiken bemüht. Die Überwachung von heute schon mehr als 20 Millionen Internet-Seiten erfordere jedoch völlig andere Methoden als die Überprüfung einiger hundert Printmedien und TV-Sender. Fazit der Studie: Erst wenn es gelingt, unabhängig ermittelte und zuverlässige Daten über die Netzsurfer bereitszustellen, lassen sich das Internet und die Online-Dienste mit Werbeträgern wie Printmedien und TV-Spots überhaupt vergleichen.