Automatisches Informationssystem für den Nahverkehr in Hamburg:

HVV-Fahrplan im Btx-Rechnerwerbund abrufbar

30.03.1984

Das Fahrplanangebot der öffentlichen Nahverkehrssysteme in den Ballungsräumen ist so komplex, daß die Benutzer ohne umfangreiche Informationen nicht zurechtkommen. Dem Zwang, sich informieren zu müssen, steht ein noch unbefriedigendes Angebot an Informationshilfen gegenüber. Vor diesem Hintergrund wurde 1978/79 von Dornier System das System AFI (Automatische Fahrplan-Information) entwickelt. Der AFI-Probebetrieb lief von Juni 1979 bis Mai 1981 in Hamburg. Durch die Entscheidung der Bundespost, Bildschirmtext bundesweit einzuführen, eröffneten sich für AFI neue Möglichkeiten.

Im Herbst 1982 vergab der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) an Dornier System und Tele-Data-Service (TDS) einen Auftrag zur Entwicklung einer AFI-Btx-Komponente und anschließendem Probebetrieb.

Die Aufgabenteilung der beiden kooperierenden Unternehmen sah vor, daß Tele-Data-Service die gesamte Btx-Inhouse- und Rechnerverbund-Komponente inklusive anschließendem Probebetrieb im TDS-eigenen Btx-Rechenzentrum realisiert und Dornier System die eigentliche individuelle Komponente des Fahrplanauskunftssystems.

Bei der Realisierung des Systems sollten folgende Vorgaben und Randbedingungen eingehalten werden:

- Die Btx-Komponente von AFI sollte in ein globales, übergeordnetes Btx-Informationssystem des HVV integriert werden. So war der Einstieg in den AFI-Dialog aus verschiedenen Zweigen des HVV-Informationssystemes vorzusehen. Am Ende des AFI-Dialogs war entsprechend der ermittelten Auskunft der Übergang auf zugeordnete Zweige des Rahmensystemes zu realisieren.

- Das Softwaresystem sollte auf einem externen, im Btx-Rechnerverbund angeschlossenen Rechner (VAX- 11/750) ablaufen.

- Der AFI-Btx-Dialog sollte benutzerfreundlich aufgebaut und möglichst ohne Änderung vom Btx-Feldversuch in den zukünftigen Btx-Dienst übernommen werden können.

- Es sollte ein auf dem Rechner geführtes Adreßverzeichnis (elektronisches Straßenverzeichnis) nebst zugehörigem Dialog realisiert werden.

- Die für die Auskunftsermittlung notwendigen Datenbestände (Fahrpläne) und Softwarekomponenten (Suchalgorithmen) sollten aus dem Pilotprojekt AFI übernommen und

an das Betriebssystem VAS/VMS angepaßt werden.

Das AFI-Softwaresystem wurde auf der Dornier-eigenen Entwicklungsanlage VAS-11/750 realisiert. Da diese Anlage nicht dem Btx-Rechnerverbund angeschlossen ist, wird der Probebetrieb mit Hilfe der Rechneranlage (VAX-11/750) Tele-Data-Service in Hamburg durchgeführt.

Der AFI-Rechner ist eine Komponente im Btx-Rechnerverbund und besteht aus:

- einer Zentraleinheit mit entsprechender Standardperipherie (Plattenspeicher etc.),

- einem Modul (Vorrechner) zur Realisierung der X.25-Protokolle,

- einem Betriebssystem, X.25-Treibersoftware und Software zur Realisierung der Btx-IRIS-Software,

- der eigentlichen AFI-Software.

Das HVV-Angebot

Für den Btx-Benutzer bietet der HVV folgende Informationen an:

- "Der HVV stellt sich vor"

- "Netz- und Tarifinformationen"

- "Fahrtvorschläge und Ausflüge"

Start- und Zielhaltestellen-Nummer bekannt

- "AFI automatische Fahrplaninformation" mit Start- und Zielsuche

- "HVV Briefkasten"

- "Der HVV ist Jedermann"

Die Auswahl erfolgt mit der bei Bildschirmtext üblichen Menütechnik.

Wählt der Benutzer einen der beiden möglichen AFI-Zweige an, so wird ihm eine sogenannte "Gateway-Seite" zur Bestätigung vorgelegt. Nach Bestätigung stellt der Postrechner die Verbindung zum externen Rechner (AFI-Rechner) her und übermittelt diesem die Gateway-Seiten-Nummer Der Dialog mit dem Btx-Benutzer wird von diesem Zeitpunkt an durch den AFI-Rechner gesteuert. Anhand der Gateway-Seiten-Nr. entscheidet der AFI-Rechner, ob der Standard-oder der Profildialog ablaufen soll. Für die übrigen, anwählbaren HVV-Informationsbereiche sind die entsprechenden Btx-Seiten auf dem Postrechner abgelegt. (Bild 1)

Der sogenannte "Profildialog" (Dialog ohne Start- und Zielsuche) erlaubt geübten Btx-Benutzern eine schnellere Dateneingabe. Alle für die Auskunftsermittlung notwendigen Daten werden auf einer Seite gesammelt. Dazu ist allerdings die Kenntnis der Start- und Zielhaltestellennummern notwendig. Die Kennziffern werden bei jeder AFI-Auskunft angegeben, so daß der Benutzer sie sich merken kann. Außerdem können die Kennziffern aus dem gedruckten Adreßverzeichnis entnommen werden.

Im Standarddialog (Dialog mit Start- und Zielsuche) kann der Benutzer die Start- und Zielhaltestelle mit Hilfe des elektronischen Straßenverzeichnisses suchen, beziehungsweise auswählen. Die Kenntnis der Haltestellennummeren ist nicht notwendig. Nach der Eingabe des gewünschten Verkehrstages, der gewünschten Abfahrts- oder Ankunftszeit erfolgt die Suche nach dem Start- und Zielpunkt. Der Benutzer muß angeben, in welchem der drei verfügbaren Verzeichnisse (Haltestellenverzeichnis, Straßenverzeichnis oder Verzeichnis wichtiger Ziele) er suchen möchte. Als Suchbegriff gibt er die ersten fünf Zeichen des gewünschten Start- und Zielpunktes an.

Der Rechner legt alle unter diesem Begriff gespeicherten Namen zur Auswahl vor. Auf einer Btx-Seite können maximal acht auf einen eingegebenen Suchbegriff zutreffende Einträge angezeigt werden. Sind unter einem Suchbegriff mehr als acht Einträge gespeichert, so werden diese durch "Blättern" beziehungsweise über hierarchisch aufgebaute Übersichtsseiten erreicht.

Ist unter dem angegebenen Such begriff kein Eintrag vorhanden, so verkürzt AFI selbstständig und stufenweise den Suchbegriff. Sollte auch dann noch kein Eintrag vorhanden sein, wird dies dem Benutzer angezeigt. Er hat dann die Möglichkeit, unter Angabe eines anderen Verzeichnisses und/oder eines anderen Suchbegriffes die Suche neu zu starten. (Bild 2)

Der HVV-interne AFI Probebetrieb wurde im November 1983 im Dienstleistungsrechenzentrum von Tele-Data-Service aufgenommen. Derzeit wird entschieden, ob und wann AFI der Öffentlichkeit gegenüber präsentiert wird. AFI wurde bereits in den neuen CEPT-Standard überführt und wird als eine der allerersten komplexen Btx-Anwendungen im Rechnerverbund des CEPT-Standards auf der Hannover-Messe vorgeführt.

Holger Antz von der Tele-Data Service, Hamburg, und Michel Veyssere von der Dornier System, Friedrichshafen, haben an der Btx-Anpassung für AFI maßgeblich mitgewirkt.