Web

Online-Zeitung

"Huffington Post" drängt auf den deutschen Medienmarkt

30.04.2013
Die deutschen Medienhäuser sind im Online-Geschäft bisher weitgehend unter sich. Nun kommt mit der "Huffington Post" ein US-Schwergewicht in den Markt. Die Online-Zeitung ist als schnell und schlagfertig bekannt, viel hängt aber auch vom deutschen Partner Burda ab.

Es ist eine Kampfansage. Während sich deutsche Online-Medien den Kopf darüber zerbrechen, wie sie mit ihren Inhalten Geld verdienen und ob sie ihren Lesern Bezahlschranken zumuten sollen, bläst die US-Internetzeitung "Huffington Post" gemeinsam mit der Burda-Tochter Tomorrow Focus zum Angriff. Zusammen mit "Focus Online" will die "HuffPost" noch zur Bundestagswahl im Spätsommer einen deutschsprachigen Ableger starten. Sie setzt dabei für das Gratis-Angebot ausschließlich auf Werbung.

In den USA stieg die "Huffington Post" mit ihrer Mischung aus Blogeinträgen, schnellen Nachrichten und dem Verweis auf Artikel anderer Medien innerhalb weniger Jahre vom Neuankömmling zur Klickmaschine auf. 2011 kaufte AOL das aufstrebende Nachrichtenportal für mehr als 300 Millionen Dollar. Jetzt soll das Europageschäft weiter ausgebaut werden.


"Tomorrow Focus ist der beste Partner für uns, um Deutschland, Österreich und die Schweiz zu unserem wachsenden Portfolio internationaler Ausgaben hinzuzufügen", sagte "Huffington-Post"-Chef Jimmy Maymann. Das Portal betreibt bisher Versionen in Spanien, Italien, Frankreich und Großbritannien und setzt dabei stets auf Partner vor Ort, etwa auf die französische "Le Monde" oder das italienische Medienhaus Gruppo Espresso ("la Repubblica").

Die "Huffington Post" zeigt dabei trotz ordentlich gefüllter Kassen strikte Finanz-Disziplin und überlässt viel Kontrolle dem lokalen Partner. Pro Land werden etwa ein Dutzend Journalisten als Redaktionsteam engagiert und höchstens zwei Millionen Dollar investiert, wie Maymann der "Financial Times" sagte. Die Kosten und Gewinne werden mit den Partnern geteilt. Die Profite müssen in dem harten Geschäft allerdings erst einmal erwirtschaftet werden: Seit der Übernahme durch AOL Anfang 2011 verdiente die "Huffington Post" noch kein Geld.

Dennoch ist Arianna Huffington auf einer weltweiten Expansion, während bei vielen traditionellen Medienhäusern der Rotstift kreist. Im Mai soll die japanische Version starten. Pläne gibt es unter anderem auch für Indien, Brasilien, Russland, Südkorea oder Australien. "Die internationale Expansion war von Anfang an mein Traum", sagte Huffington der "Financial Times". Damit entstehe auch ein weltweites Netz von Redaktionen, die gemeinsam an Geschichten arbeiten können - ganz wie bei klassischen Medien.

Deutschland ist also nur ein Baustein im dem weltweiten Plan von Arianna Huffington - aber ein wichtiger und schwieriger Markt. Die Amerikaner waren lange auf der Suche und sprachen mit vielen möglichen Partnern. "Es bestand viel Interesse", sagte Maymann der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Montag). Die Ziele sind so klar wie ehrgeizig: in zwei Jahren soll der Ableger Geld verdienen, in fünf Jahren soll er in die Top-Fünf der deutschen Nachrichtenseiten aufsteigen.

Wer ist eigentlich Arianna Huffington?

Arianna Huffington ist dafür bekannt, ständig auf Achse zu sein. Die 62-Jährige schrieb ein Dutzend Bücher, hat mehrere Blackberrys und ist vor einigen Jahren einmal vor Erschöpfung in Ohnmacht gefallen. Damals brach sie sich das Jochbein und entdeckte die Bedeutung ausreichenden Schlafs, wie sie Anfang 2011 selbst berichtete. Und sie knüpft Netzwerke. Anfangs lebte ihre Webseite "Huffington Post" vor allem davon, dass die umtriebige Gründerin viele prominente Menschen zu ihren Bekannten zählte - und die wiederum Gastbeiträge für das junge Internetmedium schrieben.

Huffington wurde als Arianna Stassinopoulos in Griechenland geboren. Sie studierte in Großbritannien, ging dann in die USA. Dort heiratete sie Michael Huffington, der später für die Republikaner in den Kongress einzog. Auch Arianna Huffington wollte in die Politik: zweimal bewarb sie sich erfolglos für ein Amt, einmal sogar als Gouverneurin von Kalifornien. Eine Plattform bot ihr schließlich die Webseite unter ihrem Namen, die links der Mitte anzusiedeln ist. Auch in Fernsehtalkshows ist Huffington regelmäßig zu Gast. Ihre Ehe endete 2007, den Namen Huffington behielt sie.

"Die wichtigste Führungsqualität ist, den Eisberg zu sehen, bevor er mit der Titanic zusammenstößt", sagte sie 2011. Der nächste Eisberg könnte auch auf die "Huffington Post" zusteuern: Inzwischen gehört Huffingtons Webseite zu den etablierten Medien, die selbst von anderen gejagt werden.

Genau dort dürfte mit Interesse, aber auch mit gemischten Gefühlen auf die neue Konkurrenz geschaut werden. Denn die Branche ist in Bewegung. Einerseits informieren sich immer mehr Menschen im Internet. Doch die Verlage treibt die Frage um, wie sie im Netz Geld verdienen können. Zwar wachsen die Werbeeinnahmen online, von den Werbeerlösen des klassischen Printgeschäfts ist man aber noch immer weit entfernt. Und Einnahmen aus Onlineabos oder dem Verkauf von Artikeln sind angesichts der zuvor gratis angebotenen Portale bisher schmal. Eine eindeutige Antwort hat kaum ein Verlag gefunden.

Der Springer-Verlag etwa verspricht sich viel von einem Bezahlmodell, dass langsam das Abomodell und den Einzelverkauf im Netz etablieren soll. Längst gibt es für Smartphones und Tablet-Computer Apps für den Kauf elektronischer Versionen der gedruckten Zeitungen oder Magazine. Nachhaltige Bezahlkonzepte für aktuelle Nachrichtenportale sucht man allerdings vergeblich. Die Diskussion kennt Huffington auch aus den USA: Dort setzt die "New York Times" immer stärker auf eine Bezahlschranke. Ob das Modell greift, ist noch nicht sicher: Das Traditionsblatt hatte zuletzt fast 700.000 zahlende Online-Nutzer, der Zuwachs an Abonnenten verlangsamte sich aber. (dpa/tc)