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Wie bitte? Infomediäre?

Hüter der Privatsphäre im Internet

25.02.1999
Von Michael Hufelschulte
Wie bitte? Infomediäre?

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die Internet-Propheten John Hagel und Marc Singer sorgen wieder einmal für Furore: Nachdem sie bereits 1997 die "Communities" in die virtuelle Wirtschaftswelt eingeführt hatten, heben sie nun in ihrem neuesten Buch "Net Worth" den Begriff "Infomediäre" (Infomediaries) aus der Taufe. Diese Anbieter sollen als Hüter der Privatsphäre die persönlichen Daten geneigter Surfer unter ihre Fittiche nehmen. Sie treten quasi als Vermittler zwischen Unternehmen und Konsumenten auf. Vorteil für den Verbraucher: Er bewegt sich jederzeit anonym durch das Web, kann aber auf Wunsch interessierten Firmen oder Web-Site-Betreibern persönliche Vorlieben oder Adreßinformationen mitteilen.

Damit soll dem Nutzer wieder die Oberhoheit über sein virtuelles Profil verschafft werden. Unternehmen oder auch Werbeagenturen müssen stets mit den Infomediären des Vertrauens verhandeln. Vorteil für sie wiederum: Sie bekommen nur von den Benutzern persönliche Daten, die sich wirklich für ihr Produkt interessieren. Die Infomediäre garantieren ihren Kunden dafür mit Hilfe spezieller Software und Verschlüsselungstechnik ein unbehelligtes Surfen im Internet – soweit und so lange sie es wollen.

Hagel und Singer prophezeien Infomediären 700 Millionen Dollar Umsatz in den ersten fünf Jahren. Kein Wunder also, daß sich, kaum hatte das Buch die Druckereien verlassen, bereits die ersten Startup-Companies in den Ring warfen. Lumeria, Privaseek, Interomni, @ Your Command und Privacy Bank haben für die kommenden Wochen erste Produkte angekündigt. Lumerias "Super-Profile"-Technologie beispielsweise fußt auf den Grundlagen der Platform for Privacy Preferences (P3P) des World Wide Web Consortium (W3C). P3P sollte ein offener Standard für die Kontrolle von persönlichen Daten werden, ist allerdings bis heute nicht über die Kinderschuhe hinaus

gekommen.

Wie auch immer: Inzwischen hat der Markt das Heft in und die Surfer an die Hand genommen. Ob die Gurus Hagel und Singer wie 1997 den E-Business-Begriff des Jahres geprägt haben, bleibt abzuwarten – ebenso wie der Erfolg ihrer Anhänger. Eines ist jedenfalls sicher. Sollte das Modell der Infomediäre funktionieren, werden diese den ungeteilten Zuspruch von Surfern wie auch Verbraucherschützern genießen.