User-based Pricing und Service stützen die Vermarktung

HPs Superdome soll IBM und Sun das Fürchten lehren

22.09.2000
NEW YORK (ciw/ba) - Bei HPs neuem Highend-Unix-Server "Superdome" scheint es sich um mehr zu handeln als um ein sehr leistungfähiges Stück Hardware: Service und flexible Finanzierungsangebote sind feste Bestandteile des Angebots. Erstmals können Anwender pro benutzte CPU zahlen. Doch Konkurrenten wie Sun, IBM und Compaq lassen sich damit nicht aus der Ruhe bringen.

Mit dem in New York vorgestellten "Superdome" rundet HP das Server-Angebot nach oben ab und eilt eigenen Angaben zufolge gleichzeitig der Konkurrenz von Sun und IBM davon. In der größten Ausbaustufe mit 64 Prozessoren, die laut HP im nächsten Jahr verfügbar sein wird, soll die Maschine offiziell noch nicht bestätigten TPC-C-Benchmarks zufolge doppelt so schnell sein wie die Server der V-Klasse.

Duane Zitzner, President der HP Server Group, erklärte: "Heute haben wir einen Vorsprung von 25 Prozent. Im nächsten Sommer, wenn wir die Maschine mit dem "PA-Risc 8700" bestücken können, werden es 50 Prozent sein." Vor Sun ist Zitzner dabei offenbar nicht bange. Der deutlich verspätete "Ultrasparc-III"-Prozessor habe in etwa die Leistung des heutigen PA 8600. Außerdem sei Sun noch nicht in der Lage, den Nachfolger für den Enterprise Server 10000 zu präsentieren, den der Hersteller unter dem Codenamen "Serengeti" entwickelt und in dem die neue Sun-CPU arbeiten soll, stichelt der Manager in Richtung des Konkurrenten.

Diese Kritik kontert Michael Schroeder, Leiter des Produkt-Marketings für Zentraleuropa bei Sun, mit dem süffisanten Hinweis, dass der Markt auf die Superdome-Maschine auch bereits seit eineinhalb Jahren warte. Die Tatsache, dass die McNealy-Company ihre Ultrasparc-III-CPUs sowie die damit verknüpften Serengeti-Rechner seit Ende 1998 ankündigt, lässt der Sun-Manager dabei allerdings unter den Tisch fallen.

Gerüchten zufolge wird am 27. und 28. September dieses Jahres Sun auf einer Veranstaltung in New York seine neuen Ultrasparc-III-Prozessoren offiziell vorstellen. Schroeder will diese Spekulationen nicht bestätigen, sagt aber, dass man in den nächsten vier Wochen etwas von Sun in Sachen Ultrasparc hören werde. Die Rechnerentwicklung werde dann den gleichen Weg gehen wie bei der Ultrasparc-II-Linie. Zunächst würden Desktop-Systeme vorgestellt, dann kleine und zum Schluss große Server. Laut diesen Plänen dürften die Anwender jedoch nicht vor Sommer nächsten Jahres mit einem Ultrasparc-III-Server in der Superdome-Liga rechnen.

Dennoch hegt Schroeder keine Bedenken, was die Zukunft der in die Jahre gekommenen E-10000-Maschinen betrifft. Man habe während der letzten vier Jahre die Leistung der Server fast verdreifachen können.

Außerdem bewiesen der Erfolg der Systeme im Markt sowie hervorragende Benchmark-Ergebnisse, dass "aus den Sun-Produkten noch längst nicht der Dampf raus ist", verkündet der Sun-Manager. Solche Ergebnisse müsse HP erst einmal nachmachen.

Auch Compaq lässt sich von dem neuen HP-System nicht einschüchtern. Der texanische Hersteller positioniert seine Server aus der "GS"-Linie gegen den Superdome. Herbert Wenk, Unternehmenssprecher der deutschen Compaq-Niederlassung, stellt als Erstes die Frage nach den Benchmarks. HP könne zwar behaupten, einen TCP-C-Wert von 200000 Transactions per Minute (tpm) zu erreichen, ohne eine offizielle Bestätigung sei diese Aussage jedoch nichts wert.

Trotz dieser Kritik lesen sich die Details des Superdome-Innenlebens eindrucksvoll. In der kleinsten, rund 400000 Dollar teuren Maschine arbeiten zwei mit 552 Megahertz getaktete "PA-8600"-Risc-Prozessoren mit 1,5 MB Cache, und 4 GB Hauptspeicher. Der größte, mit 64 CPUs arbeitende Server der neuen HP-Familie verfügt neben dem Prozessor-Cache über 256 GB Speicher. Die 64 Prozessoren sind dabei auf 16 Zellen, bestehend aus Prozessoren, Memory-Modulen und dem Cell-Controller, aufgeteilt, die sich alle als einzelne Partitionen (Hardware-Partitioning) fahren lassen. In der vollen Ausbaustufe kostet dieses "Big Iron" rund sechs Millionen Dollar.

Noch laufen die ab Dezember in Stückzahlen erhältlichen Rechner nur auf dem bereits im Sommer angekündigten "HP-UX 11i". Erst im zweiten Halbjahr 2002 lassen sich die Maschine oder einzelne Partitionen auch unter Linux oder Windows NT betreiben. Dann soll es auch Superdomes geben, die mit Intels IA-64-Prozessoren arbeiten. Zu diesem Zeitpunkt wird wahrscheinlich der "Itanium"-Nachfolger "McKinley" verfügbar sein. Bis dahin plant HP noch mit der eigenen PA-Risc-Architektur und will bis zum "PA 8900" drei weitere Generationen des Prozessors herausbringen. Ab 2002 soll Superdome gleichzeitig mit IA-64-Prozessoren und PA-Risc-Chips laufen können - allerdings aufgrund der unterschiedlichen Taktfrequenzen nicht, wie zu hören war, mit verschiedenen Generationen von PA-Risc-Chips.

Neben der Hardware-Partitionierung bietet HP das so genannte Virtual Partitioning an. Diese Technik erlaubt es, Applikationen und Betriebssystem so zu isolieren, dass sie auf der gesamten Maschine oder auf einzelnen Partitionen laufen. Das Ganze soll sich ab dem kommenden Jahr dynamisch per Softwarebefehl kreieren lassen, ohne dafür die Maschine herunterfahren zu müssen.

Service-Provider sollen von Superdome profitierenDieses Feature ist vor allem für Anwender interessant, die stark wechselnde Lasten fahren. Während der Peakzeiten, zum Beispiel beim Monatsabschluss einer Bank, kann eine Applikation den gesamten Rechner ausnutzen, und in ruhigeren Zeiten laufen verschiedene Applikationen auf verschiedenen Partitionen unabhängig voneinander. Nicht umsonst erklären HP-Vertreter die Maschine als besonders geeignet für Outsourcing-Anbieter, Internet-Service-Provider (ISPs) und Application-Service-Provider (ASPs) sowie für Anwender, die ihre Server-Landschaft konsolidieren.

Die Hardware stellt jedoch nur einen Teil des Superdome- oder, wie HP-Chefin Carly Fiorina es Marketing-trächtig formuliert, des "Always-on"-Konzepts dar. Zitzner bezeichnet die leistungsfähige Hardware als "notwendige Eintrittskarte für das Spiel". Offenbar legt der Hersteller genauso großen Wert auf das Service- und ein Finanzierungskonzept namens User-based Pricing.

HP begnüge sich nicht mehr damit, einen "Rechner beim Anwender abzustellen und ihn dann mit der Maschine allein zu lassen", erklärt Ann Livermore, President von HPs Business-Costumer-Organisation. Der Kunde werde von Anfang an von einem Solution-Manager betreut, mit dem zusammen die Kapazität der Maschine und die Ausgestaltung des Rechners geplant werden. Er sorgt auch dafür, dass der Server bereits vor der Installation an die Kundenbedürfnisse angepasst wird. Der Anwender bekommt laut Livermore bereits ein auf seine Anwendungen und Netzumgebungen hin optimierte Maschine. Dieser Service ist genauso wie die Implementierung im Preis inbegriffen. Hinzu kommt, dass auch der abgeschlossene Service-Vertrag - HP bietet drei verschiedene Pakete an - im ersten Jahr keine Extrakosten verursacht.

Die Kapazitätsplanung ist aus zwei Gründen besonders wichtig. Zum einen, weil die Superdomes in drei verschiedenen Baugrößen als 16-, 32- oder 64-CPU-Frames geliefert werden. Zwar lassen sich die 16 CPUs eines Rechners nach und nach aktivieren, aber wenn dieser Rahmen zu eng würde, müsste er in die nächste Baugröße wechseln, was nicht mehr ganz so einfach ist wie CPUs freizuschalten. Zum anderen aber auch, weil der Anwender zwischen unterschiedlichen Finanzierungsmodellen wählen kann. Das heißt, er kann die Rechner wie bisher fertig konfiguriert kaufen oder leasen.

Das andere Modell nennt HP User-based-Pricing. Dabei zahlt der Kunde monatliche Gebühren - eine quasi feste Summe für die Bereitstellung der Maschine und einen Obolus für die in einem Monat genutzten CPUs. Die erste Rate ist je nach Frame unterschiedlich. Die zweite Gebühr richtet sich nach der höchsten Prozessorleistung, die in einem Monat abgerufen wurde. Das heißt: Braucht der Kunde nur einmal im Monat die 64 CPUs, sonst nur 48 oder noch gar 32, zahlt er in der betreffenden Periode für die Nutzung von 64 Prozessoren.

Dennoch bietet diese Art der Bezahlung eine größere Flexibilität als die Angebote der Konkurrenten. Diese lassen nur das Freischalten zusätzlicher in der Maschine enthaltener CPUs zu, nicht aber ihre Deaktivierung. Das HP-Modell bietet laut den verantwortlichen Managern gerade für Outsourcer oder Internet-Service-Anbieter gute Chancen, ihre Kapazität zu planen ohne sofort ihre Finanzen zu belasten. Aber auch für den saisonabhängigen Einzel- und Großhandel oder für Luftfahrtunternehmen scheint das User-based Pricing eine interessante Alternative.

Sun bietet bislang nicht die Möglichkeit, CPU-Leistung zu mieten. Laut Schroeder ist bei den Anwendern zwar der Bedarf vorhanden, zusätzliche Leistungsreserven zu ordern, ein Herunterfahren der CPU-Kapazität sei aber nur von ein oder zwei Kunden ins Gespräch gebracht worden. Allerdings denke man bei Sun trotzdem darüber nach, ein flexibleres Modell anzubieten.

"Compaq-Kunden bestellen Leistung dazu und nicht ab", erklärt Firmen-Sprecher Wenk. Doch auch für den Hersteller aus Houston sei es in Einzelfällen durchaus vorstellbar, nach oben und unten skalierbare Prozessorleistung anzubieten. Ein explizites Pricing-Modell wie bei HP sei jedoch nicht angedacht.

IBM wird im Oktober überarbeitete Server-Linien vorstellen, kündigt Hans-Jürgen Rehm, verantwortlich für das Marketing Central Region, an. Dabei werde es auch flexiblere Preismodelle für die "S80"-Rechner aus der RS/6000-Linie geben, die Big Blue gegen den Superdome aufbietet. Neue Maschinen werde es allerdings nicht geben. Lediglich im S/390-Umfeld sei eine größere Ankündigung geplant. Für die S80-Maschinen sei "Modellpflege" vorgesehen. Eine Notwendigkeit, den HP-Launch zu kontern, sieht Rehm nicht. IBM könne mit seinen Produkten gut mithalten.

In Deutschland evaluiert das Systemhaus Debis gerade einen Superdome. Michael Auerbach, verantwortlich für das Outsourcing-Geschäft im Financial-Sektor von Debis, zeigt sich vor allem von den versprochenen Partitionierungs-Features beeindruckt: "Wenn das dynamische Partitionieren im nächsten Jahr funktioniert, bringt das uns und unseren Kunden zusätzliche Flexibilität." An dem User-based-Pricing-Modell gefällt ihm besonders, dass HP zusammen mit dem Serviceanbieter ins Risiko geht und damit die Einstandskosten niedriger gehalten werden können. "Wenn alles so läuft wie geplant, der Kunde also sämtliche Kapazität braucht, dann verdient HP natürlich mehr, als wenn die Maschine gekauft worden wäre. Aber das finde ich fair. Beide, Hersteller und Kunde, haben etwas davon."

Superdome-InfosHewlett-Packard plant drei Varianten des Superdome. In allen Rechnern sollen vorerst "PA-Risc-8600"-Prozessoren mit einer Taktrate von 552 Megahertz und einem Cache von 1,5 MB zum Einsatz kommen. Als Betriebssystem installiert der Hersteller "HP-UX 11i" :

"Superdome 16W": zwei bis vier Zellen mit zwei bis 16 CPUs, 4-64 GB Hauptspeicher, 24-48 PCI-Card-Slots

"Superdome 32W": vier bis acht Zellen mit vier bis 32 CPUs, 8-128 GB Hauptspeicher, 24-96 PCI-Card-Slots

"Superdome 64W": acht bis 16 Zellen mit acht bis 64 CPUs, 16-256 GB Hauptspeicher, 48-192 PCI-Card-Slots

Die ersten Systeme sollen ab dem ersten Quartal 2001 ausgeliefert werden.