IDC-Kommentar zur Akquisition

HP und EDS: Vereint in Defiziten

15.05.2008
Von 
Jan-Bernd Meyer betreute als leitender Redakteur Sonderpublikationen und -projekte der COMPUTERWOCHE. Auch für die im Auftrag der Deutschen Messe AG publizierten "CeBIT News" war Meyer zuständig. Inhaltlich betreute er darüber hinaus Hardware- und Green-IT- bzw. Nachhaltigkeitsthemen sowie alles was mit politischen Hintergründen in der ITK-Szene zu tun hat.

Business Process Outsourcing: keine Stärke von beiden

Wenn auch EDS bezüglich Business Process Outsourcing (BPO) als der besser gestellte Partner der beiden anzusehen ist, so sei das Unternehmen doch weit davon entfernt, in Europa eine gravierende Rolle zu spielen. HP mag zwar im Bewusstsein mancher in Sachen BPO nicht unbedeutend sein. Tatsache sei aber, dass HPs BPO-Kundenbasis sehr begrenzt ist. IDC glaubt, hier könnten sich in der Fusion Synergien ergeben. Allerdings sagen die Marktforscher nicht, worauf sich diese Hoffnung gründet, wenn beide Partner auf diesem Gebiet nicht zu den führenden Anbietern gehören.

Was gegen eine Fusion spricht

Die Marktforscher argumentieren, dass EDS sich als Infrastruktur-Outsourcer positioniert hat. Deshalb werde das Unternehmen insbesondere in Europa als technisch orientiert, als Techie mithin, eingestuft. Für HP gelte der Ruf des Technikunternehmens sogar noch mehr. Deshalb fragt sich IDC, ob hier nicht ein Firmenimperium entsteht, dass in Technikfragen zwar stark, in der Business-Denke aber gegebenenfalls etwas unterbelichtet ist. EDS' Allianz mit PwC könnte diesen Beigeschmack allerdings abmildern, überlegen die Analysten.

IDC fragt sich zudem, wie sich die diversen Allianzen vertragen, die beide Unternehmen mit Partnern eingegangen sind. Hierzu könnte man die Agility-Allianz von EDS zählen, die dazu dient, das Partnergeflecht von EDS zu koordinieren. HP wiederum unterhält eine solide Verbindung zur British Telecom (BT). EDS hat starke Bindungen zum Hardwarelieferanten Sun Microsystems. Wie wird sich diese Allianz vertragen mit der Tatsache, dass HP ja selbst Hersteller von Rechnern über alle Leistungsklassen hinweg ist?

Spannende Frage: Was ist mit den Kunden?

HP und EDS haben unterschiedliche Firmenkulturen. Was für Überlegungen das bei Kunden der beiden Fusionswilligen auslöst - EDS etwa arbeitet mit vielen Banken, also einer konservativen Klientel zusammen -, steht in den Sternen. HP müsse hier gegenüber der hinzu gewonnenen Klientel ganz schnell klar machen, dass sich an den ursprünglichen Voraussetzungen, die zur Wahl von EDS als Dienstleister führten, auch mit der Fusion nichts ändert.

Dieses Argument hat viel Gewicht. Denn beide Unternehmen zusammen unterhalten in Westeuropa allein 39 Outsourcing-Verträge mit einem Vertragswert von insgesamt 12,8 Milliarden Dollar, die in den kommenden 18 Monaten zur Erneuerung oder Verlängerung anstehen. Hier müssen die beiden Fusionspartner erhebliche Überzeugungsarbeit leisten, um sich diese Kontrakte zu erhalten. Das Risiko, dass hier ein Kunde abspringt, ist groß.