HP stellt fuer technische Dokumentation auf eine neue DTP-Loesung um Verschiedene Dateiformate muessen alle unter einen Hut

29.07.1994

Von Juergen Gulbins

Fuer technische Dokumentationen muessen unterschiedliche Datenformate auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden. Bei Hewlett-Packard heisst dieser MIF (Maker Interchange Format), das Dateiformat der DTP-Werkzeuge "Framemaker" und "Framebuilder". Experimentiert wird ausserdem mit einem Konverter, der MIF- Dokumente ins Hypertextformat umsetzt und so World-Wide-Web- tauglich macht.

Gut gestaltete, hochwertige Dokumentation ist bei Hewlett-Packard (HP) auch ohne neuere Produkthaftungsgesetze seit langem Standard. Hierfuer gilt es, die Werkzeuge zum Erstellen der Dokumentation von Zeit zu Zeit auf Effizienz und Funktionalitaet hin zu ueberpruefen. Nachdem HP die DTP-Software Framemaker in eigener Regie vermarktet hat, bot es sich an, im Zuge einer Modernisierung von dem bisher meist eingesetzten Batch-orientierten "HP-Tag" auf Framemaker umzusteigen.

Bei HP-Tag handelt es sich um einen Makrosatz, eine Art Document Type Definition (DTD). Hier erfolgt die Formatierung ueber spezielle Auszeichnungen und Makros. Das formatierte Ergebnis liegt aber erst nach einem eigenen Formatlauf - meist erst auf dem Papier sichtbar - vor. Die Grafikmoeglichkeiten von HP-Tag sind stark eingeschraenkt. Demgegenueber bietet Frame mit integriertem Text-, Tabellen-, Formel- und Grafikeditor und seinem WYSIWYG- Modus eine Arbeitserleichterung und damit ein effizienteres Arbeiten fuer die Autoren.

Der riesige Bestand von HP-Tag-Dokumenten wurde mit einem Konverter in das MIF-Format des Framebuilders, das

heisst des Frame-SGML-Editors (Standard Generalized Markup Language) gebracht. Dabei blieben sowohl Struktur als auch Auszeichnungen und Formatierungen der Dokumente erhalten.

Viele Schnittstellen

waren zu realisieren

Framemaker beziehungsweise der Framebuilder werden durchgaengig eingesetzt - von den Konzeptpapieren in der Entwicklung ueber die Beschreibung der Produktionsverfahren, fuer Test- und Laborberichte und andere technische Papiere zur Erstellung von Handbuechern bis hin zu den Praesentationsfolien.

Dazu mussten neben dem Umsetzer fuer die HP-Tag-Dokumente zahlreiche Schnittstellen und Konverter geschaffen werden, etwa fuer Werkzeuge, die unterschiedliche CAD-Grafikformate bearbeiten, fuer eine Publikation aufbereiten und umwandeln, oder fuer Programme, die Messdaten grafisch darstellen und in einem fuer Frame geeigneten Format ablegen.

Als Eingangsformat in Framemaker wird MIF verwendet. Dabei handelt es sich um eine externe Repraesentation von Framemaker-Komponenten oder ganzen Dokumenten. Die Darstellung erfolgt in ASCII. MIF kann als RTF des Framemakers betrachtet werden.

HP bereitet die CAD-Daten

mit dem "CAD/Documentation Graphics Editor" (HP CDGE) auf. Damit lassen sich diverse CAD-Datenformate importieren, umwandeln (zum Beispiel CAD- in Proportionalschrift), bearbeiten, beschneiden (ueber ein Rechteck oder eine Freihandkurve) etc. und in unterschiedlichen Formaten exportieren - auch in MIF.

Mit diesem Editor werden unter anderem Grafiken aus den CAD- Systemen ME10 und ME30 importiert, ueberarbeitet und in das Frame- Dokument eingefuegt. HPGL-Dateien (HP Graphics Language) konvertiert der von Frame angebotene Filter direkt nach MIF. Komplexe Schaubilder und Baugruppendarstellungen fuer die Dokumentation werden von technischen Zeichnern meist in einem der HP-eigenen CAD-Systeme ME10 oder ME30 erstellt; einfachere Grafiken bauen die Autoren mit der DTP-Loesung selbst.

Externe Texte werden

via Scanner eingelesen

Die Anforderungen an Fotografien in der Dokumentation sind bisher nicht allzuhoch. Fotos werden ueber Desktop-Scanner eingelesen und als TIFF-Datei in das DTP-System importiert. Liegen externe Texte in einer Vorlage mit ausreichender Qualitaet vor, erfolgt die Erfassung auf PC-Systemen ueber Scanner und OCR-Software.

Im HP-Standort Waldbronn bei Karlsruhe, wo analytische Messgeraete wie etwa Fluessigkeits-Chromatografen und Spektrometer entwickelt und produziert werden, sind in der Entwicklungs-, Schulungs- und Produktdokumentation vielfach Messreihen grafisch aufzubereiten, zum Beispiel in Form von x-y-Plots. Hierfuer setzt man unter anderem "ACE/gr" ein, ein sehr maechtiges Unix-Werkzeug aus dem Bereich der Public-Domain-Software.

ACE/gr ermoeglicht es, die Grafiken als MIF-Datei zu exportieren. Balken- sowie Tortendiagramme und aehnliche Darstellungen werden ueber die Programme "gnuplot" oder "FM-Graph" erstellt und in die Frame-Dokumente importiert. Beide Unix-Tools kommen ebenfalls aus dem Public-Domain-Bereich. Fuer komplexere Farbgrafiken testet man bei HP momentan

"Corel Draw" unter Unix. Die Grafiken werden ueber das EPS-Format importiert.

Mit einem weiteren Konverter, der Frame-Dokumente in das Mosaic- HTML- und HTTP-Format (Hypertext Markup Language; Hypertext Transfer Protocol) umsetzt, wird bisher experimentiert. Das so erzeugte Hypertext-/Hypermedia-Format soll den Dokumentenaustausch ueber das World Wide Web (WWW) von Internet ermoeglichen; weitergehend bedeutet das, Hyperlinks auf weltweit verteilte Dokumente aufzubauen und darueber zuzugreifen.

Eine effiziente, hochwertige Produktionsumgebung im Dokumentationsbereich verlangt aber neben verschiedenen Werkzeugen zur Uebernahme der Daten Gestaltungsrichtlinien - Stichwort: Corporate Identity. Diese existieren bei HP bereits seit

vielen Jahren, etwa in Form des

"Hewlett Packard Writing Style Guide" und des Handbuchs

"Corporate Identity Design Standards". Sie werden nun fuer die Produktion mit Framemaker gestaltet.

Hierzu gehoert vor allem das Erstellen von Dokumentschablonen (Templates) fuer die vielfaeltigen Dokumentarten. Dies reicht von den Templates fuer die unterschiedlichen Handbuchtypen und Schulungsunterlagen ueber Praesentationsfolien-Schablonen bis hin zu Vorlagen fuer Dokumente, die im Zuge der Qualitaetssicherung nach ISO 9000 erforderlich sind.

Im Werk Waldbronn wird zum Beispiel die gesamte Produktionsphase vom Entwurf bis zur Druckvorstufe im Hause erledigt. Lediglich das Belichten, Drucken und Binden erfolgt ausserhalb. Zum Probedruck setzt man bei Schwarzweissdokumenten Laserprinter mit 600 dpi Aufloesung ein, fuer farbige Dokumente oder fuer Praesentationsfolien Farbtintengeraete bis zum Format A0.

Administrations-Tool

verwaltet die Dokumente

Besonders die allgemein zugaenglichen Dokumente (hierzu zaehlen auch CAD-Zeichnungen) benoetigen ein geeignetes Administrationswerkzeug. Hierfuer kommt das Manufacturing Documentation Control System (MDC) zum Einsatz - ein HP-internes Werkzeug. Damit lassen sich Dokumente verwalten, suchen und mit Hilfe des Frame-Viewers auch anzeigen.

Die Erstellung der Dokumentation erfolgt sowohl auf PC-Systemen unter Windows als auch unter Unix-Systemen. Waehrend im Dokumentationsbereich mehr mit dem etwas komplexeren Produkt Framebuilder gearbeitet wird, kommt bei den uebrigen Autoren vorwiegend Framemaker zum Einsatz. Die Arbeitsplatzrechner sind ueber ein LAN verbunden. Die globale Vernetzung, etwa mit den USA, geschieht weitestgehend transparent ueber das HP-Corporate-Network.

Juergen Gulbins ist DV-Berater in Keltern.