Kolumne

HP: Probleme auch ohne "Carly"

15.02.2005

Vielleicht ist der Zeitpunkt für Carleton Fiorinas Rauswurf unpassend: Das Geschäftsjahr 2004 war HPs erfolgreichstes seit langem. HPs Börsenwert aber blieb niedrig. Die Marktkapitalisierung ist völlig unbefriedigend.

Gestürzt ist die selbstbewusste und eloquente "Carly" jedoch wohl über Allzumenschliches: Sie hat es seit ihrer Inthronisation als HP-Chefin und Nachfolgerin von Lewis Platt auf dem CEO-Sessel 1999 offensichtlich nie geschafft, das Topmanagement und die Belegschaft von ihren Führungsqualitäten zu überzeugen. Ganz im Gegenteil: Sie räumte mit dem Kuschelklima des HP-Way dermaßen rigide auf, dass diese sehr wohl nötige Maßnahme wie ein Bumerang auf Fiorina zurückschlug. Fortan muss sie im Unternehmen recht einsam gewesen sein.

Als wäre solcher Reibungsverlust nicht schon problematisch genug für einen Großkonzern, hat die Vorzeigedame der weltweiten Managerinnen-Riege aber auch keine Götter neben sich dulden wollen. Als Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzende sowie als President häufte sie Ämter und war nicht bereit, starke Manager mit entsprechender Entscheidungsbefugnis in den Geschäftsdivisionen zu etablieren. Noch als der Aufsichtsrat ihr im Januar 2005 dringend empfohlen haben soll, Teile ihrer Macht abzugeben, hat sie sich gesträubt. Das ging nicht mehr gut. Bei so viel Machtbewusstsein lässt sich wohl auch erklären, dass in Fiorinas Ära Entscheidungen fielen, die unglücklich zu nennen sind. So schaffte sie es nie - trotz schwarzer Zahlen von HP Services - , HP zu einem veritablen Dienstleistungsanbieter aufzubauen, der sein Hardwareportfolio mit Services flankieren kann ähnlich wie IBM. Die geplatzte Übernahme von Pricewaterhouse-Coopers ist Legende.

Fiorina konnte auch die schwachbrüstige und chronisch defizitäre Softwaresparte von HP nie stärken. Mögliche und sinnvolle Aufkäufe von Veritas oder Bea schlug sie aus.

Viel zu lange auch hielt sie an der Itanium-Kooperation mit Intel fest - eine Partnerschaft, die zum Rohrkrepierer geriet. Dass auch die HP-eigene PA-Risc-Plattform erst jetzt aufgegeben wurde, ist diskussionswürdig.

HP hat heute keine wettbewerbsfähige Dienstleistungssparte; verschiedene zu bedienende Altsysteme auf Basis von Alpha-, PA-Risc- und Mips-CPUs; sechs Betriebssystem- und sechs Prozessorplattformen; zwei große Produktsegmente (PC und Enterprise), die viele Unternehmensressourcen binden und dafür viel zu wenig Profit abwerfen - und mit der Imaging-and Printing-Division nur einen kerngesunden Geschäftsbereich. HP hat auch ohne Fiorina ein großes Problem.