Kalifornier verzeichnen wieder operativen Gewinn

HP-Manager Belluzo übernimmt das Ruder bei Silicon Graphics

06.02.1998

Belluzzo galt als zweiter Mann hinter HPs President und CEO Lewis Platt. Mit 55 Jahren ist der allerdings nur elf Jahre älter als Belluzzo, so daß letzterem die Wartezeit als HP-Chef in spe offenbar zu lang erschien. Der HP-Manager übernimmt jetzt jedenfalls das Ruder eines Unternehmens, das Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre als Spezialist für Grafik-Workstations sowie ausgefeilte Grafiksoftware auf den Plan trat. Insbesondere die Kompetenz im Bereich Animationswerkzeuge machte SGI in den vergangenen Jahren darüber hinaus zum Liebling auch von Hollywood. Filmemacher bedienten sich der Spezialkenntnisse des kalifornischen Computerherstellers für Animationssequenzen in Filmen wie "Jurassic Park".

Über der Klasse hat die McCracken-Company allerdings offensichtlich die Kasse aus den Augen verloren. Das Unternehmen gefiel sich zu sehr als Anbieter hochspezialisierter Nischenprodukte und verlor dabei etwas den Markt für weniger anspruchsvolle, dafür margenträchtigere Segmente aus den Augen. In den zurückliegenden fünf Geschäftsquartalen schloß das Unternehmen dreimal mit roten Zahlen ab. Auch für das am 31. Dezember 1997 beeendete zweite Quartal des Geschäftsjahres 1998 wiesen die Kalifornier vergangene Woche - bei einem im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal um drei Prozent auf 851 Millionen Dollar gestiegenen Umsatz - einen operativen Nettogewinn von lediglich 3,4 Millionen Dollar aus, aus dem bedingt durch Restrukturierungsaufwendungen und diverse Akquisitionskosten ein bilanzielles Minus von 31 Millionen Dollar beziehungsweise 17 Cent wurde. Die Talfahrt der Company wird auch noch durch eine andere Tatsache dokumentiert: Die Gewinne sanken seit dem Geschäftsjahr 1995 (Ende: 30. Juni 1995) von 224,9 Millionen auf 78,6 Millionen Dollar (Geschäftsjahr 1997, Ende: 30. Juni 1997).

Wie alle anderen Workstation-Anbieter muß zudem auch SGI der Wintel-Marktmacht Tribut zollen. Anbieter leistungsfähiger PCs graben mit ihren Windows-NT-basierten Systemen den angestammten Anbietern von RISC-Workstations langsam das Wasser ab. SGI hat - abgesehen von dem Microsoft-Antipoden Sun Microsystems - auf diesen Trend als letzter reagiert und wird erst in diesem Jahr eigene NT-Workstations mit Intel-CPUs auf den Markt bringen.

Unklar dürfte in diesem Zusammenhang sein, welches Schicksal die hundertprozentige SGI-Tochter Mips Technology erleben wird. Die Technologieschmiede entwickelt die RISC-Prozessoren, die SGI in seinen Maschinen einsetzt. Dieser Hardware-Architektur werden aber spätestens seit dem Herbst 1996, als Microsoft seine NT-Unterstützung für die Mips-Plattform aufkündigte, kaum mehr große Chancen zugebilligt. Insbesondere im Markt sogenannter Embedded-Anwendungen findet die Mips-Architektur zwar noch reichlich Abnehmer. Spielekonsolen wie die von Sony beherbergen den Chip zu Millionen. Ob dies ausreicht, um die Zukunft von Mips Technology zu sichern, bleibt jedoch abzuwarten.

Eine der wichtigsten Aufgaben Belluzzos dürfte es daher sein, SGI wieder auf sogenannte Mainstream-Kunden auszurichten, ohne das hochspezialisierte Know-how des Unternehmens zu vernachlässigen. Das Unternehmen werde seine Marketing-Anstrengungen erhöhen und vor allem auf Schlüsselindustrien und -Anwendungen konzentrieren, gab denn auch McCracken in einer letzten offiziellen Erklärung seinem Nachfolger als Versprechen mit auf den Weg.