Aufsichtsrat stärkt Firmenchefin Fiorina den Rücken

HP: Drittes Quartal macht Ausmaß der Krise deutlich

24.08.2001
MÜNCHEN (CW/IDG) - Das dritte Quartal brachte Hewlett-Packard (HP) den erwarteten Umsatz- und Gewinneinbruch. Die zuletzt stark in die Kritik geratene HP-Chefin Carleton Fiorina nutzte jetzt die Gunst der Stunde für eine Generalabrechnung mit ihrem Vorgänger Lewis Platt.

Zwar gelang - gemessen an der Ende Juli abgegebenen Umsatz- und Gewinnwarnung - mit Einnahmen in Höhe von 10,1 Milliarden Dollar sowie einem Gewinn nach Steuern von 111 Millionen Dollar oder sechs Cent je Aktie nahezu eine Punktlandung. Doch der Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal macht das Ausmaß der Krise deutlich: So ging der Umsatz um 14 Prozent zurück, und der Nettoertrag, der im dritten Quartal 2000 noch stolze 1,05 Milliarden Dollar oder 51 Cent je Anteilschein ausgemacht hatte, brach um 89 Prozent ein.

Einbußen in fast allen BereichenDas Consumer-Business und damit zu einem Großteil auch die Erlöse aus dem PC- und Drucker-Verkauf gingen im Vorjahresvergleich um 21 Prozent zurück; der Bereich Computing Systems, in dem die Kalifornier ihr Firmenkundengeschäft mit PCs, Servern sowie Speicher- und Softwarelösungen zusammenfassen, brach um 18 Prozent ein. Bezogen auf einzelne Produktgruppen lesen sich die Zahlen kaum erfreulicher: PC-Umsatz insgesamt minus 36 Prozent, Unix-Server minus 22 Prozent, Softwarelösungen minus 16 Prozent, Speichersysteme minus zwölf Prozent. Einzige Lichtblicke in der HP-Bilanz sind ein fünfprozentiger Zuwachs beiNotebooks sowie der - im Markttrend liegende - Boom der Dienstleistungssparte. Allein bei Outsourcing-Services konnte ein Plus von 20 Prozent erzielt werden.

Firmenchefin Carleton Fiorina machte wie schon bei der Gewinnwarnung vor vier Wochen das allgemein schwierige wirtschaftliche Umfeld für die schlechten Ergebnisse verantwortlich. Der dramatische Rückgang der IT-Ausgaben von Unternehmen habe zu Einbrüchen in nahezu allen Regionen geführt. Einmal mehr zeigte sich Fiorina aber zuversichtlich, dass die eingeleitete Umstrukturierung in absehbarer Zeit positive Resultate bringen werde. Verhältnismäßig schnell auf die Ertragskraft auswirken sollen sich der vor kurzem angekündigte konzernweite Abbau von 6000 Stellen sowie der freiwillige Gehalts- beziehungsweise Urlaubsverzicht von rund 80 Prozent der Belegschaft, der schon bis Jahresende zur Einsparung von 500 Millionen Dollar führen dürfte.

Doch genau letztgenannter Punkt brachte der Managerin, die mit dem Ruf einer konsequenten Saniererin vor zwei Jahren vom Telco-Ausrüster Lucent Technologies zu HP gekommen war, arge Kritik ein. Kurz nachdem sich große Teile der Belegschaft in einer bis dato beispiellosen Aktion zum Lohnverzicht bereit erklärt hatten, wartete Fiorina mit der Ankündigung angeblich unabdingbarer Massenentlassungen auf. Selbst die bei solchen Meldungen sonst gemeinhin positiv gestimmten Finanzanalysten warfen der HP-Chefin daraufhin "schlechtes Timing" vor. Vermehrt machten deshalb zuletzt Gerüchte über eine bevorstehende Entlassung Fiorinas die Runde. Wohl aus diesem Grund und nach den heftigen Angriffen von Analysten und der Presse stärkten vergangene Woche einige HP-Aufsichtsräte Fiorina öffentlich den Rücken.

Auch die HP-Chefin selbst nahm im Gespräch mit der Wirtschaftszeitung "Financial Times" kein Blatt vor den Mund. Als sie zu HP gekommen sei, habe sie einen Konzern vorgefunden, der "unter der Tyrannei der niedrigen Erwartung litt". Das Unternehmen sei, so Fiorinas Abrechnung mit ihrem Vorgänger Lewis Platt, ein Konglomerat planlos agierender Business Units gewesen; einzelne Bereichsmanager hätten nicht einmal annähernd gewusst, was sich konzernweit abspielt.