Gemeinsam gegen Sun

HP bringt Microsoft wieder in die Java-Arena

17.11.2000
MÜNCHEN (CW) - Nicht zuletzt aufgrund der Rechtsstreitigkeiten mit Sun hat Microsoft sein Java-Engagement deutlich zurückgefahren. Im Rahmen einer Allianz mit Hewlett-Packard, die sich unter anderem auf .NET und HPs Java-Plattform "Chai" erstreckt, ergeben sich für die Redmonder nun neue Möglichkeiten im Umgang mit der plattformunabhängigen Programmiersprache.

Wer derzeit Microsofts Pläne in der .NET-Initiative genauer unter die Lupe nimmt, vermisst vor allem eines: eine explizite Unterstützung von Java. So fehlt beispielsweise in der Vorabversion der Entwicklungsumgebung "Visual Studio .NET" der Java-Compiler J++. Doch auch Microsoft kommt um den Internet-Standard Java nicht herum - wenn sich die Gates-Truppe auch noch so sehr über den Erzrivalen Sun und die andauernden Rechtsstreitigkeiten mit diesem ärgern mag.

Nun haben die Redmonder offenbar einen Partner gefunden, mit dem sie eine neue Java-Strategie verfolgen können. In einem Abkommen mit Hewlett-Packard hat Microsoft unter anderem die Nutzung von HPs EmbeddedJava-Plattform Chai vereinbart. Dieses so genannte Clean-Room-Java erlaubt die Nutzung der Plattform ohne die Lizenzierung durch Sun. Entwickler können auf der Basis der Chai-APIs für .NET entwickeln oder ihre Java-Anwendungen unter .NET laufen lassen. Im Gegenzug soll HP die volle Unterstützung des Softwareriesen bei der E-Business-Entwicklungsumgebung "E-Speak" sowie bei der Verbreitung von Chai als Embedded-Plattform erhalten.

Auch Microsofts neue Programmiersprache C# soll von der Allianz profitieren. HP setzt sich bei der International Organization for Standardisation (ISO) dafür ein, dass die Sprache sowie das .NET-Framework als Industriestandard anerkannt werden. HP könnte selbst aus dem modernen C-Ableger C# Profit schlagen, indem es die Sprache für seine HP-9000-Server anbietet und sich so von den Unix-Wettbewerbern IBM und Sun abgrenzt.

Etwas schwieriger dürfte die Positionierung von Chai als Basis für Embedded-Systeme sein. Einerseits gilt es als - bisher allerdings erfolglose - Alternative zu Suns "Java Intelligent Network Infrastructure" (Jini). Gleichzeitig steht es aber auch in Konkurrenz zu Microsofts Embedded-Engagement unter dem Windows-CE-Label und damit verbunden dem von Microsoft mitinitiierten Universal Plug and Play (UPNP). Denkbar ist, dass sich Chai auf Kleingeräte wie Mobiltelefone beschränken wird.

Ein anderes mögliches Konfliktfeld, auf dem sich Microsoft und HP noch einig werden müssen, dürften die Überschneidungen im Bereich E-Commerce-Technologien sein. Während Microsoft im Bündnis mit IBM und Ariba die Universal-Description-Discovery-Integration-(UDDI-)Spezifikation ausgearbeitet hat, arbeitet HP unter anderem mit Intel seit einiger Zeit an E-Speak. Denkbar ist, dass Microsoft E-Speak im Rahmen von UDDI-Repositories integriert.