Paukenschlag aus Palo Alto

HP besinnt sich zurück aufs Enterprise

19.08.2011
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.

WebOS ist abgeschrieben

Und mit genau dieser Verzahnung von Hardware, Software und Services haben auch Apples Wettbewerber bei den mobilen Devices zu kämpfen, denen allesamt ein vergleichbar komplettes Ökosystem fehlt. HP unternahm einen der scheinbar ambitioniertesten Versuche, gegen iPhone und iPad anzutreten, als es im vergangenen Jahr 1,2 Milliarden Dollar für Palm hinblätterte und dann Smartphones und das "Touchpad"-Tablet mit dem anerkannt guten mobilen Betriebssystem webOS herausbrachte.

Doch eine noch so gute mobile Plattform ist ohne ausreichend App-Entwickler und flankierende Inhalte einfach nichts wert. Das hat HP offenbar auch einsehen müssen. Es baut ab sofort keine Touchpads und webOS-Telefone mehr und schreibt dafür in den kommenden Monaten mindestens eine Milliarde Dollar ab - vermutlich werden es noch hunderte Millionen Dollar mehr angesichts von etwa gut 250.000 Tablets, die dem Vernehmen nach noch bei der US-Handelskette Best Buy herumliegen.

Zumindest bei Hewlett-Packard hat webOS wohl keine Zukunft mehr. Es ist aber natürlich denkbar, dass HP das Betriebssystem an andere Hersteller lizensiert oder verkauft. Eine gute Gelegenheit dazu hat das Management allerdings in dieser Woche bereits verpasst, nachdem die Übernahme von Motorola Mobility durch Google vermutlich andere Android-ODMs wie HTC oder Samsung ordentlich verunsichert hatte.

Bösartig könnte man auch unterstellen, dass HPs PSG-Chef Todd Bradley mit der Übernahme bloß seine alten Freunde bei Palm retten wollte. Dort war er CEO, bevor er nach Palo Alto wechselte. Ob Bradley bei Hewlett-Packard noch eine Zukunft hat, ist ohnehin fraglich - in den gestrigen Pressemitteilungen wurde der Topmanager des Konzerns mit keiner Silbe erwähnt.

Noch einmal zurück zu den Quartalszahlen von HP: Auch bei der IPG ging der Umsatz zurück, wenn auch nur um ein Prozent. Die operative Marge im Druckergeschäft ist allerdings mit 14,7 Prozent weiterhin sehr gesund, weil dort das Gilette-Prinzip mit teuren Verbrauchsmaterialien weiterhin gut funktioniert. Daher war auch nicht zu erwarten, dass HP diese Sparte auf den strategische Prüfstand stellen würde.

Aus Konzernsicht erfreulich entwickelten sich das Servicegeschäft mit vier Prozent Umsatzwachstum bei 13,5 Prozent operativer Marge (HP ernannte hier einen neuen Spartenchef; John Visentin kommt von der IBM und berichtet direkt an den CEO Apotheker) und die Verkäufe der Unternehmenshardware der Sparte ESSG (Enterprise Servers, Storage and Networking) mit sieben Prozent höheren Einnahmen bei 13 Prozent operativer Marge. Ein Schwachpunkt der ESSG sind allerdings die "Business Critical Systems", sprich die Itanium-UNIX-Server mit neun Prozent weniger Umsatz.

Klarer Gewinner im Spartenvergleich ist (neben Financial Services) HP Software mit 20 Prozent Wachstum year-over-year und 19,4 Prozent operativer Marge. Dabei legten die Erlöse mit Lizenzen und Services sogar um 29 respektive 30 Prozent zu.