Jahr-2000-Umstellung reaktiviert Großrechner-Profis

Host-Anwendungsentwickler erleben eine Renaissance

02.01.1998

Jobbarometer

In unregelmäßiger Folge wird das Münchner Beratungshaus Brainforce mit der CW Berufsprofile unter die Lupe nehmen und auf deren Perspektiven im Arbeitsmarkt abklopfen. Brain Force wertet seit 1990 Stellenanzeigen aus und hat sich damit einen guten Überblick über den IT-Jobmarkt verschaffen können.

MÜNCHEN (CW) - Host-Entwickler haben im Zuge der Jahr-2000-Umstellung wieder gute Karten auf dem Arbeitsmarkt. Dabei spielt nach einer Analyse des Münchner Beratungshauses Brain Force die Ausbildung keine nennenswerte Rolle, viel wichtiger sind den einstellenden Unternehmen die Erfahrung, das breite Spektrum und die Tiefe der Kenntnisse.

IBM-Host-Anwendungen haben die Entwicklung der DV von Anfang an entscheidend beeinflußt. So laufen noch heute Programme, die vor 20 Jahren geschrieben wurden. Als Programmiersprachen kamen vor allem PL/I und Cobol zum Einsatz, während bei der Datenhaltung die Unternehmen auf hierarchische Datenbanken (IMS-DB) setzten. Die Sprachen haben sich nach Brain-Force-Beobachtung bis heute nicht verändert, im Gegenteil, sie kommen immer mehr in Entwicklungsumgebungen zum Zug. Bei Datenbanken setzen die Unternehmen zunehmend relationale Datenbanken wie DB2 von IBM ein. Während in den Anfangsjahren die Batch-Verarbeitung dominierte, ist jetzt auch ein großer Dialoganteil in der Entwicklung enthalten.

Heute sind die Host-Spezialisten mit der Wartung von Altprogrammen beschäftigt, vor allem mit der Anpassung an das vier- stellige Datum und den Euro. Hier ist enormer Bedarf dadurch entstanden, daß viele Unternehmen nicht schon früher gehandelt haben. Es herrschte lange Un- sicherheit über die Auswirkungen auf die Altsoftware. Der daraus resultierende Zusatzbedarf ist derzeit schwer zu decken.

Die zunehmende Unternehmenskonzentration in manchen Branchen stellt zusätzliche Aufgaben. Obwohl einer der Gründe für Fusionen die Nutzung von Synergien beziehungsweise die Reduzierung von administrativen Aufgaben ist, sind diese häufig nicht gleich zu erkennen. Meist haben die DV-Mitarbeiter solcher Unternehmen Angst um die Zukunft ihrer Arbeitsplätze. Die Praxis zeigt jedoch, daß die Fusion der DV nicht nur kurzfristig einen deutlichen Mehrbedarf erzeugt. Die Datenbestände müssen mi- griert und die Programme angepaßt werden.

Die Neuentwicklung von Mainframe-Anwendungen leidet unter den zu geringen Kapazitäten. Dies ist eine Folge der Umstellungs- und Wartungsaufgaben. Längst fällige Neuentwicklungen werden verzögert. Der Anwendungsstau wächst und wird auch in den Jahren nach den Umstellungen für interessante Aufgaben sorgen.

Mit zweijähriger Berufserfahrung in den gängigen Sprachen (Assembler, Cobol, PL/I, eventuell Natural) und einem der Datenbanksysteme (IMS-DB, DB2, eventuell Adabas) hatten Entwickler gute Aussichten. Bis ins Jahr 2005 bleibt das laut Brain Force so. Auch danach werden Unternehmen die teuer bezahlte Mainframe-Welt nicht einfach über Bord werfen.

Es ist allerdings nicht abzusehen, ob bis dahin auf Basis der Client-Server-Architektur ernsthafte Alternativen kommen. Eine Erweiterung der Kenntnisse in Richtung Client-Server hilft, die langfristige berufliche Zukunft zu sichern.