Viertes Quartal bringt 95 Millionen Dollar Defizit

Hoher Verlust stürzt Corel in eine tiefe Krise

02.01.1998

Der Abbruch des Entwicklungsprojekts "Office for Java" hat für Corel offensichtlich doch schlimmere Folgen, als es Firmenchef Michael Cowpland noch vor wenigen Monaten wahrhaben wollte. Mit einem Verlust von insgesamt 95 Millionen Dollar nach Steuern oder 1,43 Dollar pro Aktie beträgt das Defizit in der Ende November 1997 abgeschlossenen vierten Geschäftsperiode rund das Dreifache des vorhergehenden Quartals. Ende August mußte der Anbieter noch mit Einbußen von 31,4 Millionen Dollar oder 47 Cent je Anteilsschein vor die Öffentlichkeit treten.

Der herbe Verlust im vierten Quartal kommt selbst für die Spekulanten der New Yorker Börse überraschend. Sie hatten durchschnittlich damit gerechnet, daß die Kanadier mit einem Verlust von rund 19 Cent pro Aktien abschließen würden, zumal der Anbieter von "Corel Draw" noch ein Jahr zuvor einen Gewinn von neun Cent erwirtschaften konnte.

Trotz der trüben Bilanz regiert in Corels Chefetagen Optimismus. Wie der elektronische Nachrichtendienst "Cnet" berichtet, erwarte das Management ein "stabiles" Jahr 1998. Erreicht werden soll dies vor allem mit Java-basierten Produkten wie "Remagen" sowie mit einem Video-Network-Computer, der nach rund einem Jahr Verspätung Anfang 1998 auf den Markt kommen soll. "Wir kalkulieren nicht fest mit diesen Einnahmen. Jegliche Gewinne die wir eventuell mit diesen Produkten erwirtschaften, fließen in eine Extrakasse", kündigt Corel-CEO Cowpland an. Der Java-Applikations- sowie Network-Computing-Markt berge jedenfalls riesige Wachstumschancen für das Unternehmen.

Etwas differenzierter sehen Marktbeobachter die Chancen der Kanadier in diesem Segment: "Eine relativ kleine Company wie Corel wird es sehr schwer haben, mit Network-Computern erfolgreich zu sein", prognostiziert etwa Rob Enderle, Analyst bei der Giga Information Group. Um gegen Branchengiganten wie die IBM bestehen zu können, seien enge Partnerschaften wie zum Beispiel mit Sun Microsystems unumgänglich.