Hoher Ressourcenbedarf erfordert Innovation\Pilotkunde WDR setzt voll auf R3-Entwicklungs-Tools

30.10.1992

Der Westdeutsche Rundfunk hat als eines der ersten Unternehmen überhaupt die R/3 Software von SAP installiert. Gegenwärtig ist der Sender dabei, eine Client-Server-Architektur aufzubauen. Dabei wird intensiv die betriebswirtschaftliche Standardsoftware der Walldorfer einschließlich der zugehörigen Entwicklungsumgebung genutzt. Werner Susallek* ist mit den Ergebnissen zufrieden.

Für ein Medienunternehmen wie den WDR spielt die Ressource Information in all ihren Erscheinungsformen (Ton, Bild, Text, Sprache und Daten) eine entscheidende Rolle. Die Sendeanstalt muß ihre Investitionen auf zukunftssichernde Bereiche wie die Informations- und Komunikationstechnologie konzentrieren, wobei moderne elektronische Arbeitsplatz-, Kommunikations- und Hintergrundsysteme für die Effizienzsteigerung und damit die Konkurrenzfähigkeit unerläßlich sind.

Die ARD-Sendeanstalt plant die R/3-Entwicklungsumgebung (R/3-EWU) als strategisches Entwicklungs-Tool in einer Client-Server-Architektur einzusetzen. Grundlage dieser Entscheidung ist die Neuausrichtung des zentralen und dezentralen Hard und Software-Einsatzes. Damit soll einerseits der anstehenden Realisierung von Informationsverarbeitungs-Projekten und andererseits den aktuellen Trends der Informationstechnologie entsprochen werden.

Unsere Ausgangssituation ist geprägt durch zwei DV-Welten: Zunächst haben wir zentrale Rechnersysteme (Siemens BS2000) installiert, die über ein sternförmiges Datennetz rund 1200 zeichenorientierte Datenendgeräte bedienen. Damit werden schwerpunktmäßig betriebswirtschaftliche Anwendungen (SAP-Systeme RF, RK, RKP, RA, RM, RP) sowie Dokumentations- und Redaktionssysteme genutzt. Daneben besteht eine dezentrale Rechnerwelt mit etwa 600 MS-DOS-PCs für die individuelle Datenverarbeitung. Hier laufen Textverarbeitungen, Tabellenkalkulation und andere Programme.

Im Rahmen verschiedener zu realisierender Projekte einschließlich der Umsetzung eines umfassenden Bürokommunikations-Konzepts muß die Versorgung von Arbeitsplätzen mit DV-Leistung unterschiedlicher Art gewährleistet werden. Herausragende Bedeutung hat dabei die Versorgung der Redaktions- und Produktionsbereiche, in denen mittelfristig etwa 1000 Arbeitsplätze eine DV-Unterstützung benötigen.

Zur Erledigung dieser Aufgaben ist die Erfüllung folgender Anforderungen durch die zentrale oder dezentrale Informationsverarbeitung zwingend erforderlich:

1. Unterschiedliche DV-Systeme sind am Arbeitsplatz zu integrieren. Je nach Aufgabenprofil müssen spezifische Anwendungen bereitgestellt werden, die parallel nutzbar sind, zwischen denen also je nach Bedarf per Mausklick hin- und hergeschaltet werden kann.

Als Beispiel möchte ich künftige Redaktionsarbeitsplätze nennen, bei denen Redakteure je nach Arbeitsplatzerfordernissen auf redaktionseigene Archive, Film-, Wort-, Musik- und Pressedatenbank, Sendepläne Agenturmeldungen, Textverarbeitung, Mailbox oder externe Dienste zugreifen. Produktionsmitarbeiter müssen im Bedarfsfall das Produktionsplanungs-und Dispositionssystem, die Vor-, Mit- und Nachkalkulation, Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Mailbox gleichzeitig nutzen können.

2. Alle beim WDR installierten beziehungsweise noch zu installierenden Systeme sind in Bedienung und Technik so aufeinander abzustimmen, daß der Anwender, egal in welchem Programm er sich befindet, mit einer einheitlich strukturierten und einfachen Benutzeroberfläche arbeiten kann. Der gegenwärtige systemimmanente Mangel an Oberflächenkomfort bei Dialoganwendungen auf dem Zentralrechner ist durch eine Annäherung an den Bedienungskomfort eines PCs zu beseitigen .

3. Die verschiedenen Informations- und Kommunikationssysteme müssen mit einem Bildschirmgerät am Arbeitsplatz betrieben werden können.

4. Die strenge Einhaltung von Datenschutzprinzipien und die Gewährleistung von Ausfallsicherheit ist bei zentralen und dezentralen Systemen unverzichtbar. Der bei der zentralen Datenverarbeitung bereits in Form von Berechtigungskonzepten und Datensicherungsmechanismen erreichte hohe Standard muß unter Integrationsgesichtspunkten bei den dezentralen Systemen konsequente Anwendung finden.

5. Die Integration installierter Systeme muß gewährleistet sein. Heute installierte Systeme müssen sich in die künftige Hardware- und Softwarelandschaft einbinden lassen.

6. Der Entwicklungs- und Betreuungsaufwand für dezentrale Systeme ist zu optimieren. Grund hierfür ist ein eklatantes Support-Problem bei den installierten und geplanten dezentralen Systemen. Künftig soll die zentrale Administration und Softwaredistribution für dezentrale Systeme möglich sein.

Weiterhin müssen Entwicklungswerkzeuge der vierten Generation bereitgestellt werden, mit denen - analog zur System -entwicklung auf zentralen Systemen - auch verstärkt dezentrale Anwendungen zur Verfügung stehen. Die Entwicklungs- Tools sind zu verschlanken und zu vereinheitlichen. Darüber hinaus müssen Qualitätssicherung und Revisionssicherheit gewährleistet sein.

Aus den genannten Anforderungen wird deutlich, daß ein Nebeneinander von zentralen

und dezentralen Systemen an einem Arbeitsplatz, wie es bisher beim WDR bestand, nicht weiter beibehalten werden kann. Zur Bewältigung der anstehenden Aufgaben der Informationsverarbeitung muß eine konsequente Integration erfolgen.

Notwendig ist ein Gesamtkonzept, das eine beliebige Verteilung von Anwendungen im Rahmen einer Client-Server-Architektur einschließt. Dabei soll sowohl der Nutzen intelligenter Arbeitsplatzsysteme als auch der einer zentralen Datenhaltung beibehalten werden. Wir wollen DV-gestützte Arbeitsplätze, bei denen Funktionen der Fachanwendung und der Bürokommunikation je nach Bedarf von zentralen oder dezentralen Systemen erfüllt werden.

Die moderne Informationstechnologie bietet Lösungsmöglichkeiten mit unterschiedlichsten Ausprägungen der Hard-und Softwarekonfiguration an. Wichtige Merkmale sind die Client-Server-Architektur, genormte grafische Benutzeroberflächen, leistungsfähige Hardware, Software und Datennetze.

Beim WDR wurden alle relevanten Systemalternativen untersucht und bewertet. Ergebnis waren folgende grundsätzliche Empfehlungen:

- konsequente Umsetzung eines Client-Server-Konzepts mit eindeutigem Schwenk bei dezentralen Systemen zum Unix-Betriebssystem,

--- Verwendung multifunktionaler Endgeräte,

- Nutzung der R/3-Entwicklungsumgebung für die Erstellung dezentraler Anwendungssysteme.

Downsizing mit Unix ist langfristig geplant

Die Festlegung auf Siemens (BS2000) bei den zentralen Systemen hat weiterhin Gültigkeit. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es funktional und wirtschaftlich keine sinnvolle Alternative, da hohe Investitionen getätigt wurden, das spezielle Know-how der Mitarbeiter darauf abgestellt ist und die realisierten DV- Anwendungen problemlos ablaufen.

Langfristig ist eine Änderung dieser Strategie und die Entscheidung für eine Downsizing-Strategie mit Unix als offenes Betriebssystem anzustreben. Im Client-Server -Verbund des WDR dienen die Zentralrechner insbesondere zur zentralen Massendaten-Haltung und als Datensicherungs- und Back-up Geräte. Darüber hinaus werden so die Dialogsysteme bereitgehalten, die vorläufig nicht nach dem Client-Server-Prinzip arbeiten.

Neben den eingeführten SAP-Standardmodulen wird die R/2-Entwicklungsumgebung (Abap/ 4, Screen-Painter, Data- Dictionary) verstärkt zur Systementwicklung genutzt. Dort, wo es notwendig ist, werden wir für R/2-Anwendungen die CUA-Oberfläche via SAP-Workstation-Konzept zur Verfügung stellen .

DB-System von Oracle für dezentrale Landschaft

Bei den dezentralen Systemen ist der flächendeckende Einsatz von Servern mit dem Betriebssystem Unix vorgesehen. Die Rechner sollen als Datenbank-, Applikations- und Präsentations-Server fungieren. Als Datenbanksystem verwenden wir Oracle. Mit diesem Schritt in eine offene Systemwelt steht dem WDR dann ein portables und standardisiertes Betriebssystem mit internationalen Normierungsbestrebungen und der Fähigkeit zum Multitasking-und Multiuser-Betrieb zur Verfügung. Ein wichtiger Aspekt ist auch die zeitliche Unabhängigkeit vom Host. So läßt sich quasi eine 24-Stunden-Verfügbarkeit für die Redaktions- und Produktionsbereiche realisieren.

Weil die einzusetzenden Systementwicklungs-Tools vereinheitlicht und 4GL-Tools auch für dezentrale Systeme eingesetzt werden sollen, liegt die Nutzung der R/3-Entwicklungsumgebung nahe. Durch eine einheitliche Entwicklungsplattform für zentrale und dezentrale Systeme ist der optimale Einsatz von knappen Systementwicklungs-Ressourcen möglich. Das vorhandene Entwickler-Know-how in der R/2-Welt ist ein Standbein in der Systementwicklung des WDR.

Die dabei erreichte Softwarequalität gilt auch als Maßstab für die Entwicklung dezentraler Systeme. Sicherzustellen ist die Transparenz und Ordnungsmäßigkeit des Systementwicklungs-Prozesses durch geeignete Transport-, Korrektur- und Dokumentationsverfahren für Anwendungssysteme im Client-Server-Verbund.

Voraussetzung für eine R/3 Entscheidung war nicht zuletzt die ergonomische Ausrichtung der Benutzeroberfläche. Sie ist für die multifunktionalen Arbeitsplätze des WDR wesentlich, insbesondere wegen der hohen Anzahl nicht professioneller Anwender in den Redaktions und Produktionsbereichen. Positiv ins Gewicht fiel auch, daß sich auf einfache Weise grafische Features wie interaktive Grafik (Gantt-Diagramme, Hierarchie-Grafik) einbinden lassen.

Weitere Vorteile: Ein identisches Look and Feel für alle Anwendungen an multifunktionalen Arbeitsplätzen reduziert den Schulungsaufwand. Ferner werden sich Bürokommunikations-Funktionen wie das angekündigte SAP Office in die SAP-Welt integrieren lassen.

Wir planen, künftig je nach Anwendungsschwerpunkten X-Terminals, Workstations oder PCs einzusetzen. Vorhandene nicht intelligente Endgeräte werden, wenn notwendig, im Rahmen von Redesign- und Neuentwicklungsprojekten Zug um Zug abgelöst.

Um die kommunikationsmäßige Integration von Zentralrechnern, Unix-Servern und Arbeitsplatzsystemen mit grafischen Benutzeroberflächen und den damit verbundenen Datendurchsatz zu ermöglichen, ist eine grundlegend andere Datennetz-Konzeption als die gegenwärtige nötig. Die derzeit verfügbaren Leitungsgeschwindigkeiten reichen nicht aus. Deshalb konzipieren wir entsprechend den Anforderungen einer Client-Server-Architektur unsere Datennetze neu.

Dies bedeutet im Front-end-Bereich, also auf der Arbeitsplatzebene, die Einrichtung von LANs auf der Basis von Ethernet und TCP/IP. Diese LANs lassen sich im Back-end-Bereich über ein Hochgeschwindigkeitsnetz unter Nutzung von FDDI koppeln.

Kommen wir nun zu unseren Erfahrungen bei der Entwicklung eines Dialogsystems zur Planung, Disposition und Verwaltung von Produktionskapazitäten mit R/3. Die sukzessive Einführung des Client-Server-Konzepts einschließlich der Prüfung der R/3-EWU begann bei uns mit einem Pilotprojekt. Durch die Inbetriebnahme des neuen Funkhauses in Düsseldorf entstand ein großer Bedarf an DV-Unterstützung, nicht zuletzt im Produktionsprozeß, wo die knappen Ressourcen nur computergestützt zu planen sind.

Im Mittelpunkt steht dabei der Einsatz von Personal wie Kameraleuten und Tontechnikern beziehungsweise von Maschinen (Studios, Ü-Wagen, Kameras, MAZ-Maschinen etc.). Beide Bereiche werden häufig in strukturierten Einheiten, den Teams für die elektronische Berichterstattung (EB-Teams), zusammengefaßt. Dienstpläne, Maschinenausfälle und zeitliche Kollisionen sind zu berücksichtigen.

Klassisches PPS ist nicht anwendbar

Die Suche nach einem Standardprodukt blieb erfolglos, da es sich bei der Produktion von Rundfunksendungen um eine extreme Form der Einzelfertigung handelt und die zumeist mehrstufigen Planungskonzepte des klassischen PPS nicht anwendbar sind. Die Planungstiefe stellt ein besonderes Problem dar, denn der Herstellungsprozeß muß den Beteiligten genügend Raum für eigene Kreativität lassen .Vor allem aber stellt die Aktualität des Produkts hohe Anforderungen an die Flexibilität eines entsprechenden Planungs- und Dispositionsinstruments.

Die Benutzeroberfläche hat stark grafisch ausgelegt zu sein - bis hin zu interaktiven Planungsvorgängen mit Hilfe von Balkenplänen (Gantt-Diagrammen) und Hierarchiegrafik. Das Projekt "Grafisch Orientierte Dispositionsverarbeitung" (Godiva) ist deshalb eine ideale Gelegenheit, erste Erfahrungen mit R/3 zu sammeln. Deshalb wurde mit der SAP Mitte 1991 der Pilotierungsstatus zur Nutzung der R/3-EWU vereinbart.

Da die Grundfunktionalität des Systems schon vor der Freigabe der R/3-EWU, nämlich am 1. Dezember 1991, produktiv werden mußte, entschied man sich für eine zweigleisige Vorgehensweise. Einerseits bauten wir im Rahmen der R/3-Pilotierung einen Prototypen unter Einbeziehung der neuen Benutzeroberfläche und der grafischen Elemente, um damit Anwender und Entscheidungsträger von der Konzeption des Systems zu überzeugen. Andererseits wurde - ohne grafische Elemente - ein Godiva-Kernsystem in R/2 Technologie entwickelt, das auf dem Siemens-Mainframe via Datex-P-Verbindung in Düsseldorf eingesetzt wurde. Um den Umstieg in die R/3-Welt vorzubereiten, haben wir gleichzeitig die systemtechnischen Voraussetzungen für ein lokales System auf Unix-Basis in Form von Netzen, Servern etc. geschaffen.

Nach Abschluß der Entwicklungsarbeiten und der Übernahme des Datenbestandes aus der R/2-Welt konnte das R/3-System planmäßig am 13. Juli 1992 ans Netz gehen. Durch die Verlagerung auf die lokale Rechnerkapazität ist nun auch die Verfügbarkeit rund um die Uhr gewährleistet, worauf der WDR insbesondere für die aktuellen Bereiche in Düsseldorf angewiesen ist.

Berücksichtigt man die Tatsache, daß es sich bei der R/3-EWU um ein völlig neues Produkt handelt, dann verliefen alle Phasen der Systementwicklung erstaunlich störungsfrei. Aufgrund der schwierigen Schulungssituation fand der Know-how-Transfer in der frühen Projektphase in Gestalt von Testwochen bei den SAP-Entwicklern statt. Diese Mitarbeiter wurden dem WDR auch tageweise zur Verfügung gestellt. Da wir interne Entwicklungsbriefe erhielten, war die fehlende Dokumentation zu verschmerzen. Allgemein erwies sich das R/2-Know-how als großer Vorteil. Die zusätzlichen R/3-Kenntnisse ließen sich schnell erwerben.

Mehr Aufwand ist jetzt für die Betreuung der Basissysteme wie Unix, Datenbank, Netze etc. erforderlich. Durch den Schwenk in die Client-Server-Architektur ist die Systemtechnik der dezentralen DV-Welt des WDR komplexer geworden. Hier wurden organisatorische und personelle Anpassungen notwendig. Die Mitarbeiter müssen durch ausgiebige -Schulungen auf die neue Technologie vorbereitet werden.

Mehraufwand, aber höherer Komfort

Das gesamte Handling der R/3-EWU wurde von den WDR-Entwicklern wegen des höheren Komforts (Dialog mit Push-buttons, kaskadierende Menüs, Window-Technik, Maus etc.) als positiv, wenn auch gewöhnungsbedürftig gewertet. Das Arbeiten mit verschiedenen Fenstern und den verfügbaren Programmier- und Debugging-Möglichkeiten hat den Entwicklungsprozeß beschleunigt.

Dem entgegen steht ein konzeptioneller Mehraufwand bei der Nutzung des Data-Dictionary, bedingt durch die relationale Strukturierung und die Einführung des Datenelements als zusätzliche Definitionsebene. Dafür wird der Objektorientierung voll Rechnung getragen und eine vollständige Konsistenz der Objektbeziehungen gewährleistet. Die Vorteile des relationalen Datenbanksystems werden unter anderem durch die Nutzung anderer logischer Sichten (Views) deutlich sowie durch die selbständige Verwaltung von Sekundärindices und die ohne Zusatzaufwand möglichen Änderungen der Datenbankstruktur.

Der Screen-Painter ähnelt in seiner Funktionalität in etwa dem R/2-Tool. Bei dem verfügbaren CUA-Painter handelt es sich um eine interessante Konzeption, wenn uns auch das Handling als verbesserungsbedürftig erscheint. Der höhere Anwenderkomfort durch die CUA-Oberfläche bedingt mehr Entwicklungsaufwand wie die konzeptionelle Strukturierung der Menüleisten etc.

Abap/4 entspricht der R/2-Ausführung

Abap/4 entspricht mit seinen Sprachelementen weitgehend der R/2-Release-5.0-Syntax. Wesentlich ist für uns die einfach zu nutzende Einbindung der Grafikkomponenten in Form von Funktionsbausteinen. Sie entsprechen allerdings in der derzeitigen Ausbaustufe noch nicht vollständig unseren Anforderungen.

Durch Funktionen wie die Einordnung relevanter Objekte in Entwicklungsklassen oder das Vorhalten von Versionen steht ein Entwicklungs- und Korrektursystem zur Verfügung, das die Systementwicklungs-Aktivitäten dokumentiert und einen sauberen Transport von einer Test- in die Produktivumgebung gewährleistet. Die dezentralen Systeme sind damit revisionssicher.

Die R/3-EWU lief in der Pilotphase von Anfang an stabil, wobei sich die Fehlerhäufigkeit in den jeweiligen Auslieferungsständen in Grenzen hielt. Dagegen verursachte der zunehmende Ressourcenverbrauch der Entwicklungsstände einige Besorgnis, nicht zuletzt dadurch, daß SAP bisher R/3 grundsätzlich nur komplett ausliefert.

Das Restart-Verfahren wird im Gegensatz zu der beim WDR installierten R/2-Umgebung nicht mehr mit SAP-Mitteln ermöglicht, sondern den Datenbankverfahren überlassen. Die Systementwickler beurteilen das Fehlen einer vollständigen Protokolldatenbank negativ, weil zum Beispiel einfache Auswertungen nur mit Zusatzaufwand möglich sind.

Schwer vorherzusagen war für uns das Performance-Verhalten des Systems im Produktivbetrieb, da keinerlei Erfahrungswerte vorlagen. Bei der Systementwicklung selbst, die auf einer Hewlett-Packard

Workstation mit vier angeschlossenen Arbeitsplätzen durchgeführt wurde, traten keine Performance-Engpässe auf.

Das R/3-Basissystem enthält eine Vielzahl leistungsfähiger Utilities zur Vermessung und Diagnose des Laufzeitverhaltens der Client-Server-Umgebung. Der Einsatz dieser Werkzeuge bei den Lasttests im Produktivbetrieb gab wesentliche Hinweise für direkte Tuning-Maßnahmen und zur performanteren Anwendungsentwicklung (Art der Datenbankzugriffe, interne Tabellenverarbeitung etc.). Als Ergebnis dieser Operationen läuft der Produktivbetrieb derzeit in der gewählten Systemumgebung sehr gut.

In der Einführungsphase des R/3-Systems waren diverse Portierungen notwendig. Bei der R/2-R/3-Portierung konnte der WDR die teilweise Kompatibilität der beiden SAP-Welten nutzen. Von den Teilen des in der R/2-Welt entwickelten Systems ließen sich die Dynpros sowie das - Abap/4-Coding maschinell migrieren. Ergänzungen waren hinsichtlich der CUA-Oberfläche und des strukturell bedingten Neuaufbaus des Data-Dictionary notwendig. Eine R/2-R/3-Portierung wurde kurzfristig durchgeführt, um den Produktivbetrieb mit dem aktuellen Release-Stand zu beginnen.

Wir haben uns mit der Entscheidung für die Einführung einer Client-Server-Architektur gleichzeitig für eine neue DV-Umgebung entschieden und dabei frühzeitig mit der R/3-EWU als strategischem Systementwicklungs-Tool geplant. Die bisherigen Erfahrungen mit R/3 in der Pilotphase haben diese Entscheidung bestätigt. Abgesehen von den üblichen Pilotierungsproblemen verspricht das System, den gesteckten Zielen gerecht zu werden, auch wenn es noch funktionelle Unzulänglichkeiten gibt. Die Client-Server-Architektur in Verbindung mit der R/3-EWU erfüllt die Anforderungen der Informationsverarbeitung des WDR.

Das System hat mittlerweile eine hohe Akzeptanz bei Systementwicklern und Anwendern gefunden. Nach der erfolgreichen Einführung der Software im Funkhaus Düsseldorf wird der WDR seine weiteren dezentralen DV-Projekte mit der R/3-Entwicklungsumgebung realisieren. Bestehende Anwendungen auf anderen Entwicklungsplattformen sollen nach Möglichkeit mittelfristig migrieren.

Überall dort, wo mehrere Standorte mit DV-Leistung zu versorgen beziehungsweise dezentrale Systeme zu entwickeln sind, wird R/3 zum Einsatz kommen. Im Falle des WDR sind dies neben der Zentrale in Köln und dem Funkhaus in Düsseldorf auch die großen Studios in Dortmund, Münster, Bielefeld und Bonn. Für alle diese Bereiche wird derzeit die Einführung von Godiva vorbereitet.

Innovationen des R/3-Systems sollen darüber hinaus in der Bürokommunikation und im multimedialen Bereich genutzt werden, wo die Bildverarbeitung eine wichtige Rolle spielt.