Bei Preisverhandlungen nicht in die Karten schauen lassen

Hohe Kosten trotz niedriger Preise

21.06.2002
ORLANDO (IDG) - Mit günstigen Angeboten versuchen viele Softwarehersteller, ihre Produkte an den Mann zu bringen. Doch die Folgekosten der Lizenzverträge sind in den vergangenen Jahren gestiegen. Auf der Asset-Management-Konferenz der Gartner Group im amerikanischen Orlando wurden nun Sparpotenziale ausgelotet.

Der IT-Handel steht unter Druck und versucht häufig, auch noch den letzten Cent aus den Kunden herauszuquetschen. Wenig transparente Preismodelle und Individualvereinbarungen machen es den IT-Verantwortlichen nicht einfach, bei Hardwarebeschaffung und Softwarelizenzen ein gutes Angebot auszuhandeln. Die rund 700 Teilnehmer der Asset-Management-Konferenz der Gartner Group in Orlando interessierten sich vor allem dafür, wie man bessere Preise herausschlagen kann.

Das Kernproblem ist für Gartner-Analystin Jane Disbrow, dass die Softwarehersteller im rauhen wirtschaftlichen Klima aggressiv an Unternehmen herantreten und versuchen, komplette Softwaresuiten zu Discount-Preisen zu verkaufen. Die Anwender greifen zu, obwohl die Systeme häufig im Keller der IT-Abteilungen ungenutzt einstauben, während die Verbindlichkeiten aus den Lizenzverträgen trotzdem fällig werden.

Disbrow, deren Schwerpunkt ERP (Enterprise-Resource-Planning-)Systeme sind, sieht die Gesamtkosten für Software steigen: "Vor ein paar Jahren lag der durchschnittliche Anteil für den Unterhalt noch bei 17 Prozent der Beschaffungskosten, jetzt sind es 20." Die Hersteller bringen neue, ausgefeilte Lizenzmodelle auf Basis der Geschäftsdaten ins Spiel, zum Beispiel am Gewinn des Kunden angelehnte Preise. Zu beobachten seien auch Preiskonzepte unter Bezug auf den rollenbasierenden Softwaregebrauch, wobei die Verträge oft eine klare Definition vermissen ließen, was darunter zu verstehen ist. Gartner-Analysten raten den Anwendern, sich bei den Lizenzverhandlungen nicht in die Karten schauen zu lassen und so wenig wie möglich über ihr IT-Budget zu verraten.

Um unnötige Lizenzkosten zu vermeiden, bietet sich Asset-Management an. Die Schwierigkeit ist, die gesamte Hard- und Software eines Unternehmens erst einmal aufzuspüren. Dass sich die Mühe lohnt, zeigt das Beispiel Motorola. Toby Redshaw, Vice President for IT-Strategy and Architecture des Unternehmens, ist gerade dabei, die unzähligen IT-Investitionen in den Griff zu bekommen, die in den Boom-Zeiten der 90er Jahre getätigt wurden. "Wir haben einen Geschäftsbereich, in dem uns 25000 Appliaktionen bekannt sind. Die Finanzabteilung ist da-rüber natürlich ziemlich aufgeregt." Nach Redshaws Schätzung hat das Unternehmen zwischen 10000 und 20000 Server und 173 Data-Center. Mit Hilfe der Finanzabteilung, die für den IT-Strategen unverzichtbar ist, sollen die Kosten bei Motorola in den nächsten fünf Jahren um 20 bis 30 Prozent gesenkt werden.

Tools durchforsten die IT

Am Markt wird eine Vielzahl von Tools zum automatischen Aufspüren längst vergessener PCs und Server angeboten. In der Asset-Management-Disziplin "Software", wo sich mindestens ein Dutzend Hersteller mit komplexen Repositories tummeln, empfiehlt Gartner allerdings keines der vorhandenen Produkte. "Wir raten, eine eigene Lösung zu entwickeln, sofern die finanziellen und personellen Resourcen vorhanden sind", erläuterte Gartner-Analystin Patricia Adams. Ihr Hauptargument: Die wirtschaftliche Situation vieler Asset-Management-Hersteller in diesem Segment sei ziemlich unsicher. (js)