Koerzitiv-Kraft bestimmt Zahl der aufzeichnungsfähigen Richtungswechsel:

Hohe Kapazität erfordert dünne Schichten

17.01.1986

Besonders bei Mikrocomputern spielt die Floppy-Disk eine herausragende Rolle als Externspeicher. Der folgende Beitrag entstammt aus der auch für Endbenutzer in den Fachabteilungen geeigneten Broschüre "Disketten und Mikro-Informatik" des Herstellers Rhône-Poulenc. Neben der Wirkungsweise wird darin auch auf die Limitierungen und Empfindlichkeiten der Diskette eingegangen. Hier der Auszug:

Die numerische Magnetaufzeichnung setzt eine magnetisierbare Trägereinheit (Band, Platte etc.), eine Abspielvorrichtung (Antrieb) und einen magnetischen Schreib-Lese-Kopf voraus. Um den Vorgang zu verstehen, muß man untersuchen:

- die Magnetisierung, insbesondere den Mechanismus des Wechsels der Magnetfeldrichtung;

- die Codierung;

- die Decodierung und Gültigkeit der Informationen.

Ein magnetischer Datenträger besteht aus einer besonderen, sehr dünnen, magnetisierbaren Schicht von der Stärke einiger Mikron, die auf einen harten oder flexiblen Träger aufgebracht ist, der eine ausgezeichnete Maßhaltigkeit aufweist.

Die eigentliche Magnetschicht besteht nur zu 40 Prozent (Volumen) aus feinsten Magnetpartikeln, die von einem sehr widerstandsfähigen Bindemittel umschlossen sind. Diese magnetischen Pigmentteilchen ermöglichen die magnetische Codierung gespeicherter Informationen.

Ihre Abmessungen sind so gering, daß man sie nicht einmal unter dem optischen Mikroskop erkennt. Nur unter dem Elektronenmikroskop ist ihre feine Struktur sichtbar. Sie besteht aus Nadeln von rund 0,5 Mikrometer Länge und einer Stärke von nur 0,1 Mikrometer.

Das magnetische Pigment ist durch seine Fähigkeit gekennzeichnet, die Richtung seiner Magnetisierung unter dem Einfluß eines anliegenden Magnetfeldes zu wechseln; sobald das Magnetfeld nicht mehr darauf einwirkt, behält das Pigment die übernommene Feldrichtung bei und verleiht der Magnetschicht ihre "Speicher"-Eigenschaft.

Das Phänomen der Magnetisierung beruht auf vier Grundeigenschaften:

1. Bei der ersten Magnetisierung nimmt diese je nach dem darauf einwirkenden äußeren Magnetfeld zu (Kurve 1). Die Magnetisierung nimmt nicht weiter zu, sobald das "Schreibfeld" erreicht ist, das durch den Schreibspalt des Magnetkopfes abgegeben wird.

2. Nimmt das Feld ab, dann nimmt die Magnetisierung der Magnetschicht gemäß Kurve 2 ab, bleibt aber größer als die Magnetisierung der Strecke 1.

3. Hört die Einwirkung des Außenfeldes auf, dann behält die Magnetschicht eine Restmagnetisierung (oder Remanenz) bei (Punkt A) und "speichert" dadurch das Magnetfeld, das zuvor auf sie eingewirkt hat.

4. Nach Umkehrung des äußeren Magnetfeldes nimmt die Magnetisierung ab. Die Feldstärke, die angelegt werden muß, um die Magnetisierung ganz aufzuheben, nennt man Koerzitiv-Kraft (Punkt B).

Die Koerzitiv-Kraft ist ein wesentliches Merkmal der als Speichermedium verwendeten magnetischen Datenträger; das durch den magnetischen Schreibkopf gebildete Feld muß stets den Wert der Koerzitiv-Kraft überschreiten, damit eine Restmagnetisierung bleibt.

Die Magnetisierung einer Magnetschicht, die aufeinanderfolgenden entgegengesetzten Magnetfeldern unterliegt, verläuft nach dem Zyklus der "Hystereseschleife"; auf dieser erscheinen die vier vorstehenden beschriebenen Eigenschaften.

Die Speicherdichte der Informationen auf einem Magnetträger hängt von der Anzahl der Umkehrungen des Magnetfelds (Richtungswechsel des Magnetflusses ab), die "aufgezeichnet" werden können.

Je näher diese Richtungswechsel beieinanderliegen, um so mehr ist das durch die angrenzenden Richtungswechsel (beziehungsweise das "Entmagnetisierungsfeld") aufgebaute Magnetfeld bestrebt, die für das Ablesen notwendige Remanenz zu verringern. Die Faktoren, die die Anzahl der aufzeichnungsfähigen Richtungswechsel begrenzen, sind unmittelbar abhängig von der Koerzitiv-Kraft und der Stärke der Magnetschicht des Speichermediums.

Die zur Aufzeichnung hoher Informationsdichten verwendeten Werkstoffe müssen auch eine hohe Koerzitiv-Kraft aufweisen: beispielsweise 600 Oersted (Oe) statt der für die üblichen Dichten ausreichenden 300 Oe. Beim herkömmlichen Magneteisenoxyd kann durch seine Anreicherung mit Kobaltatomen dieser Wert von 300 Oe auf über 600 Oe angehoben werden. Diese hohe Dichte er fordert leistungsfähigere Magnet köpfe (schmalerer Schreibspalt) mit höheren Schreibstromwerten, da die Koerzitiv-Feldstärke der Schicht höher ist.

Schließlich kann die jeweilige Aufzeichnungsdichte nur dadurch erhöht werden, daß die Stärke der Magnetschicht verringert wird, um die entmagnetisierende Feldstärke abzuschwächen; eine herkömmliche Diskette wird auf beiden Seiten mit einer Schicht von etwa 2,5 Mikrometer versehen; diese Stärke wird auf 1,5, manchmal auf 1 Mikrometer reduziert, wenn die Platte eine besonders hohe Aufzeichungsdichte erreichen soll.

Die Benutzungsmerkmale unterscheiden sich je nach Art des Datenträgers erheblich. Die Merkmale für Disketten und Magnetplatten (Winchester) finden sich zum Vergleich in der Tabelle.

Die Eigenschaften magnetischer Schichten ermöglichen das Aufzeichnen aufeinanderfolgender Richtungswechsel der Magnetfelder. Bei der Wiedergabe lösen diese Aufzeichnungen Impulse aus, die das System als Informationen interpretiert.

Die Höchstkapazität eines Magnetspeichers hängt von der Anzahl der Richtungswechsel ab, die aufgezeichnet werden können, und von der mehr oder weniger großen Leistungsfähigkeit des Codierverfahrens.

Es sind drei Haupt-Codierverfahren bekannt: die FM-Codierung (Frequenzmodulation), auch als Doppelfrequenz bezeichnet; die MFM-Codierung (modifizierte Frequenzmodulation), die M2FM-Codierung.

Die FM-Codierung braucht die größte Anzahl von Impulsen: Jedes Bit eines Impulses (eine 0 oder eine 1 ) verbindet sie mit einem Synchronisierbit. Dies ergibt eine einfache und wirksame Codierung, bei der jeder Zeitmeßimpuls eine Aufzeichnungszelle begrenzt. Dieses Verfahren ist zwar sicher, verschwendet jedoch die Hälfte der Plattenkapazität, da von zwei Impulsen (oder Richtungswechseln) jeweils einer als Zeitmeßimpuls benutzt wird.

Die für die doppelte Dichte dienende Codierung (MFM und M2FM) verändert jeden Impuls in ein Datenbit: Sie verdoppelt also die Nutzkapazität der Magnetplatten.

Bei Disketten muß das einwandfreie Abspielen des Datenträgers gewährleistet sein, die Magnetschicht unverletzt bleiben, der enge Kontakt zwischen Magnetkopf und Datenträger aufrechterhalten bleiben.

Die Magnetschicht ist äußerst dünn und kann leicht beschädigt werden. Schon die Berührung mit einem Fingernagel oder das Beschreiben der Schutzhülle mit einem Kugelschreiber genügt, sie zu verkratzen. Jedes Verbiegen, jede Lagerung unter Druck kann sie verformen, jede Staubablagerung sie verunreinigen.

Vor Staub wird die Diskette durch die Schutzeinlage geschützt. Sie befindet sich im Inneren der Schutzhülle und soll die Verunreinigung entfernen, die sich auf dem Datenträger ablagern können. Die Möglichkeit eines Betriebsausfalls durch Staub ist zwar nie auszuschließen, doch verfügt das Kontrollgerät für diesen Fall über einen Pufferspeicher, um die Aufnahme oder Wiedergabe bis zur vollständigen Behebung des "vorübergehenden Ausfalls" zu wiederholen.

Die Diskette ist ein flexibles Medium, dessen Maßhaltigkeit äußerst wichtig ist. Daher muß besonders darauf geachtet werden, daß die für ihre Bedeutung vorgesehenen Temperatur- und Feuchtigkeitsbedingungen eingehalten werden.

Wird dieser Bereich nicht beachtet oder treten plötzliche Veränderungen der Bedingungen auf, dann kann vorübergehend eine übermäßige Abweichung der Stellung zwischen Magnetkopf und Datenträger auftreten. Dieser Fall kann kritisch werden wenn der Datenträger eine starke Ausgangsmodulation aufweist.

Insbesondere ein außenliegendes Magnetfeld (Dauermagnet) kann den Datenträger beeinflussen und bereits aufgezeichnete Informationen zerstören.