Ernüchterung nach dem Marketing-Hype

Hohe Chippreise verhindern Durchbruch von Bluetooth

07.04.2000
FRAMINGHAM (IDG) - Bestseller oder Flop? Die Kette an widersprüchlichen Meldungen zur Zukunft des drahtlosen Übertragungsstandards Bluetooth reißt nicht ab. Jüngste Hiobsbotschaft in Sachen Bluetooth ist eine Meldung, dass die Chips für diese Technologie in nächster Zeit mit rund 100 Dollar noch extrem teuer bleiben.

Die Zukunft von Bluetooth, einem Standard zur drahtlosen Vernetzung von Endgeräten wie Handys, Digitalkameras und Ähnlichem, bleibt weiter ungewiß. Nachdem erst kürzlich IBM auf ungeklärte Standardfragen und eine mögliche Störung durch andere Geräte, die auf der gleichen Frequenz funken, aufmerksam machte, warnen jetzt andere Stimmen vor hohen Chipkosten. Glaubt man Richard Duffy, Analyst bei der englischen ARC Group, so dürften die für Bluetooth benötigten Chips in nächster Zeit noch über 100 Dollar kosten. Damit sich Bluetooth aber im Massenmarkt, wie von den Herstellern propagiert, durchsetzt, sind laut Duffy lediglich Mehrkosten von rund fünf Dollar pro Gerät tragbar.

Angesichts der hohen Chippreise geht Duffy davon aus, dass sich Bluetooth-fähige Endgeräte nicht vor 2003 durchsetzen. Noch pessimistischer schätzt das amerikanische Marktforschungsinstitut Cahners die Situation ein. Dort rechnet man nicht vor 2005 mit einem Durchbruch im Massenmarkt. Diese Analysen stehen im Widerspruch zu zahlreichen Äußerungen von Herstellern, die auf der diesjährigen CeBIT bis zur Jahreswende die ersten Endgeräte versprochen hatten. Allerdings waren die Produzenten auf der Messe noch davon ausgegangen, dass die Bluetooth-Chips im nächsten Jahr nur zehn Dollar kosten würden. Schließlich priesen die Bluetooth-Gründer Ericsson, IBM, Nokia, Intel sowie Toshiba den Standard immer als kostengünstige Lösung an.

Duffys These von den zu hohen Chipkosten bestätigt unter anderem IBM-Manager Ronald Sperano. Er geht davon aus, dass die Bluetooth-Module, die TDK für IBM produziert, heuer noch zwischen 100 und 200 Dollar kosten. "Und selbst im nächsten Jahr", räumt Sperano ein, "düften die Kosten kaum so weit sinken, dass sich Bluetooth auf breiter Front durchsetzt."

Spöttisch veranlagte Zeitgenossen nennen Bluetooth bereits in einem Atemzug mit WAP. Beim Wireless Application Protocol hatte die Industrie ebenfalls großspurig die Verfügbarkeit von Endgeräten wie Handys auf breiter Front angekündigt und war dann nicht in der Lage, dieses Versprechen zu erfüllen. Eine Verzögerung, die WAP den vielsagenden Spitznamen "Where Are Phones" einbrachte.

Erste Anwender haben angesichts der ungewissen Bluetooth-Zukunft bereits Konsequenzen gezogen. Die englische Supermarktkette Safeway Plc., die ihre Märkte mit Bluetooth-Check-out-Scannern ausstatten wollte, setzt nun auf den Standard IEEE 802.11 - eine Spezifikation, die eigentlich Geräte für den Aufbau von Wireless LANs definiert.