Der große Run auf 256-KBit-Memoryspeicher hält weiter an:

Hohe Chip-Nachfrage kommt Siemens zugute

23.09.1988

MÜNCHEN (vwd) - Die Siemens AG, Berlin/München, will ihre Chip-Produktion in den bestehenden Anlagen 1989 deutlich steigern. An neue Fertigungslinien für die Herstellung von Speicherchips ist derzeit trotz der herrschenden Chip-Knappheit jedoch nicht gedacht.

Nach vorsichtigen Schätzungen fehlen momentan mindestens 10 bis 15 Prozent der benötigten Halbleiter. Dies erklärte Otto Hanner, zuständig für den Siemens-Vertrieb von Speicherchips. Dennoch werde man nicht den Koreanern nacheifern, die Milliarden in die Massenproduktion für den internationalen Bedarf investieren.

1989 wird Siemens bei den dominierenden Speicherchips einen Marktanteil in Europa von über 25 Prozent erreichen. Bislang lag er noch unter 20 Prozent. In Villach und Regensburg werden zur Zeit mit Hochdruck 256-Kilobit- und 1-Megabit-Chips gefertigt. Hanner: "Nur diese beiden Bausteine bilden den Markt für Speicherchips." Während die 256-KBit-Produktion 1989 auf 35 Millionen Stück ausgeweitet und damit nahezu verdoppelt werden soll, ist für den 1-Megabit im Kalenderjahr eine Steigerung auf 25 Millionen Stück geplant, mehr als das Dreifache der Anfang 1988 angelaufenen Massenfertigung.

"Der meistverkaufte Speicherchip wird 1989 wieder der 256-Kilobit-Chip sein, obwohl diese Speichergeneration ihren Höhepunkt bereits überschritten hat", erklärte Hanner. 700 Millionen Stück dürften nach den Vorhersagen weltweit abgesetzt werden, gegenüber 900 Millionen Stück in diesem Jahr. Auf Europa entfallen davon rund 15 Prozent. Die neue Speichergeneration mit der vierfachen Leistung des 256-KBit, der 1-Megabit-Chip, wird voraussichtlich bereits ein Marktvolumen von rund 500 (1988: 190) Millionen Stück erreichen, wobei Europa 80 Millionen bis 90 Millionen aufnehmen dürfte. Damit käme Siemens auf einen Marktanteil in Westeuropa von 25 bis 30 Prozent.

"Jeden Tag erhalte ich Anrufe mit der Anfrage, ob Siemens kurzfristig Chips liefern könne. Fünf Millionen Stück und mehr werden verlangt", berichtete Hanner. Aber das Unternehmen verkaufe nicht auf Spotbasis, sondern habe Vertragskunden, mit denen über einen längeren Zeitraum abgeschlossen werde. Wie aus der Branche zu hören sei, hielten es einzelne japanische Hersteller da anders. Es solle vorgekommen sein, daß schon einmal Fertigungsprobleme vorgeschoben würden, um die hohen Preise am Spotmarkt auszunutzen. Für den 256-KBit-Chip, der Anfang 1987 noch um die vier Mark kostete, müssen Siemens-Kunden zwischen zehn und 18 Mark kalkulieren. Am Spotmarkt werden derzeit bereits 20 Mark erreicht.

Der Preis für den 1-Megabit schwankt laut Hanner um 50 Mark, am Spotmarkt soll es auch schon zu Abschlüssen bis 40 Dollar gekommen sein. Hanner: "Chips bleiben teuer."