Hoffnungen ersetzen Produkte IBM, Apple und Motorola blasen heisse Luft in die Power-PC-Halle

17.03.1995

HANNOVER (jm) - Es sollte eine Demonstration der Staerke werden - es geriet zur Entdeckung der Langeweile. Die Kooperationsgemeinschaft Apple, IBM und Motorola (AIM) wollte bei den CeBIT-Besuchern ihre Power-PC-Architektur als veritable Alternative zur Intel-Plattform praesentieren. Heraus kam ein Eingestaendnis, nichts Neues bieten und wesentliche Fragen nicht beantworten zu koennen.

Die AIM-Gruppe hatte in Anlehnung an den Power-PC-Pavillon der Herbst-Comdex in Las Vegas einen sogenannten Power-PC-Park in der Halle 14 eingerichtet. Hier sollten Partnerfirmen des Triumvirats Hard- und Softwareloesungen zeigen, die auf der RISC-Architektur der drei Unternehmen basieren.

Verwunderung kam schon beim ersten Blick in die etwas abgelegene Halle auf: Grosszuegig hatten die Messebauer mit kuenstlichem Gruen, Palmen und Wasserspielen versucht, Flaechen abzudecken. Trotzdem blieben in Hannover zwei Drittel der Halle 14 ungenutzt.

Auf ausgesprochen aufgeraeumt wirkenden Arealen boten meist kleine Firmen und Nischenanbieter Produkte fuer die Power-PC-Plattform an. Auffaellig: Praktisch keine der sogenannten Killerapplikationen laeuft bislang auf der RISC-Architektur. Auch bei der Hardware eher tote Hose: Lediglich die drei bereits bekannten Lizenznehmer von Apple - Pioneer, Radius Inc. und die Power Computing Corp. - stellten ihre Power-Macintosh-Clones aus.

Wichtiger war denn auch, was der Messebesucher auf der CeBIT von dem AIM-Dreigestirn nicht zu sehen und zu hoeren bekam: Weder hat es die IBM geschafft, OS/2 auf die Power-PC-Plattform zu portieren - eine Betaversion soll aber in Kuerze ausgeliefert werden -, noch konnte Big Blue mit auf der Power-PC-CPU basierenden PC-Systemen aufwarten.

Darueber hinaus macht kein einziger der arrivierten PC-Hersteller wie Compaq, Dell, Acer oder AST Anstalten, Systeme auf Basis der Power-PC-Plattform anzubieten.

Auf einer Pressekonferenz muehten sich drei hochkaraetige AIM- Vertreter, der Oeffentlichkeit das Hohelied von der rosigen Zukunft der Power-PC-Architektur zu singen. Allerdings verloren sie sich in sattsam Bekanntem ueber die Leistungsfaehigkeit heutiger und zukuenftiger Produkte. Dass Anwender vor allem an Applikationen interessiert sind und nicht an synthetischen Benchmark- Ergebnissen, schien weder Motorolas Europa-President James Norling noch den Senior Vice-President von Applesoft, David Nagel, oder Phil Hester, General Manager der Systems Technology and Architecture Division bei IBM, sonderlich anzufechten.

Apple-Mann Nagel verwies stolz auf eine Million verkaufter Power- Macintosh-Systeme - "damit stellen wir auf Anhieb die erfolgreichste RISC-Plattform". Er gestand allerdings nicht ein, dass es kaum namhafte Software-Entwickler gibt, die fuer seine Apple-Rechner mehr als nur Verpflichtungserklaerungen abgeben, derweil sie fuer Microsofts Betriebssystem-Plattformen Anwendungen schreiben.

Aufschlussreich war ferner, mit welcher Nonchalance sich die AIM- Gruppe der Erkenntnis zu versperren trachtet, dass mittlerweile rund 150 Millionen PCs weltweit im Einsatz sind, die mit Intel- Prozessoren und Microsoft-Betriebssystem-Software arbeiten, und dass deren Zahl zudem pro Jahr um rund 30 Millionen Stueck waechst. Die logische Frage, wie gegen eine fuer Independant Software Vendors (ISVs) wie Drittanbieter unterschiedlichster Komponenten gleichermassen attraktive Intel-Plattform anzugehen sei, beantworteten die drei AIM-Vertreter vorsichtshalber nicht. Auch liessen sie Interessierte im unklaren darueber, wann denn nun die Spezifikationen fuer eine einheitliche Power-PC-Referenz-Plattform (Prep) wasserdicht sind. Erst mit dieser Prep-Norm aber koennen Systemanbieter Rechner bauen, die - zumindest innerhalb der Power- PC-Welt - komplette Hard- und Softwarekompatibilitaet garantieren.