Die T-Systems International GmbH startet

Hochzeit im Zeichen der Konvergenz

09.03.2001
MÜNCHEN (jha) - Zwei Schlagworte kennzeichnen die Absichten des im Februar gestarteten Dienstleistungsarms der Deutschen Telekom AG. Unter dem Stichwort Integration bastelt T-Systems derzeit an der Zusammenführung der Serviceaktivitäten der Telekom und des Debis Systemhauses. Gemeinsam wollen sie Leistungen unter dem Motto Konvergenz verkaufen.

Ob zusammengefunden hat, was zusammengehört, wird sich im Lauf dieses Jahres zeigen. Denn so lange noch wird T-Systems, seit Anfang Februar offiziell am Start, noch vornehmlich mit sich selbst, also mit der Integration der aus dem Telekom- und dem Debis-Konzern zusammengeführten IT-Beratungseinheiten, beschäftigt sein. Eine Herkulesaufgabe, denn allein die Zahl der Mitarbeiter ist stattlich. T-Systems wird insgesamt 37000 Mitarbeiter beschäftigen. 17000 davon bringt das Debis Systemhaus ein, das zwar voll in T-Systems integriert werden soll, an dem der Daimler-Chrysler-Konzern über eine Tochter-Gesellschaft jedoch noch eine Minderheitsbeteiligung von 49,9 Prozent hält. De facto werden aber künftig die wesentlichen Entscheidungen im Rheinland und nicht im Schwabenland gefällt.

Branchenexperte steht in der Verantwortung

Das schlägt sich auch in der Organisationsmatrix (siehe Grafik "Das Geschäftsmodell von T-Systems") nieder, die zunächst einmal wenig überraschend das Branchen-Know-how (Business-Lines) und das IT-Expertenwissen (Service-Lines) wiederspiegelt. Ans Eingemachte soll es bei der Definition dieser Konstellation gegangen sein, als die Frage der Verantwortung für Kundenprojekte anstand. Ergebnis ist, dass die Projektverantwortung - wie von der Telekom gewünscht - bei den Business-Lines liegt. Sie leiten die Vorhaben und ziehen aus den einzelnen Service-Lines einen entsprechenden Expertenstamm (im T-System-Jargon "Selling-Team" genannt) zusammen.

Das zentrale Verkaufsargument der Vertriebsmitarbeiter aus den Business-Lines ist nach Vorstellung des Managements die Konvergenz von IT- und TK-Lösungen. "Tatsächlich hat T-Systems hier ein Alleinstellungsmerkmal, wenn auch beispielsweise IBM Global Services eine enge Kooperation mit AT&T unterhält", meint Christophe Chalons, Geschäftsführer der deutschen Niederlassung des IT-Beratungshauses Pierre Audoin Conseil (PAC) in München. Mit dem Begriff Konvergenz verknüpft T-Systems das Ziel, dem Kunden über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg Dienstleistungen für E-BusinessLösungen, also elektronische Marktplätze, Portale, Application-Service-Providing, sowie Supply-Chain-Management (SCM) und Customer-Relationship-Management (CRM), anzubieten.

Fraglich bleibt, ob dieses Argument dazu geeignet ist, beim Kunden Türen zu öffnen. "Es ist richtig, dass die Verschmelzung von IT- und TK-Verfahren zunehmend nachgefragt wird", meint Peter Dück, Vice President bei Gartner Research, München, "allerdings gibt es derzeit keinen einheitlichen Markt dafür. Die Nachfrage entsteht aus den Projekten bei Kunden." Mit anderen Worten: Konvergenz als solches lässt sich als Produkt nicht verkaufen. Statt dessen sind die T-Systems-Vertriebsbeauftragten gefordert, bei aktuellen Kundenprojekten auszuloten, ob sich nicht neben IT-Leistungen auch Dienste der Bonner Muttergesellschaft an den Mann bringen lassen.

Die Rolle der Service-Lines

Dieses Ziel vor Augen, hat sich die Führungscrew auf eine bunte Mischung aus einstigen Telekom- und Daimler-Mitarbeitern in sämtlichen neu geformten Geschäftsbereichen der Service- und Business-Line geeinigt. In der Einheit Consulting (siehe Grafik oben) finden sich die Berater von Diebold, den Debis IT Security Services und von Detecon wieder. In den Bereich Systems Integration fließen die Projektkompetenzen des Debis Systemhauses und der T-Nova zusammen. Gemeinsam entwickeln sie individuelle Softwarelösungen und übernehmen die Systemintegration in der Kunden-IT.

Bei den Desktop Services finden sich etwa die Hälfte der einstigen Mitarbeiter von der DeteCSM sowie die auf die Konzeption, den Betrieb und die Implementierung von Desktop- und Client-Server-Lösungen sowie das PC-Outsourcing spezialisierten Debis-Experten wieder. Aus der Debis-Gesellschaft Telecommunication Services und den Vernetzungsexperten der Deutschen Telekom formten die T-Systems-Manager den Geschäftsbereich Network Services, der sich um lokale und Weitverkehrsnetze, aber auch um die mobile Datenkommunikation kümmern soll. Schließlich gibt es mit den Computing Services eine Einheit, die das bislang bei beiden Partnern starke Outsourcing-Geschäft verantwortet. Geleitet wird dieser Zweig vom ehemaligen DeteCSM-Chef Alexander Röder, der etwa die Hälfte seiner Telekom-Mannschaft mit in die Computing Services übernommen hat. Hinzu kommen die Outsourcing-Aktivitäten des Debis Systemhauses. Röder ist Chef von rund 10000 Mitarbeiter. Sie sollen im laufenden Jahr einen Umsatz von rund drei Milliarden Euro erwirtschaften.

Integration hat Kraft gekostet

Die Organisation steht also, nun geht es für den neuen IT-Service-Konzern am deutschen Markt darum, die Synergieeffekte zu beweisen. Die Ausgangsbasis war zumindest vor dem Zusammenschluss noch günstig, denn laut Einschätzung der PAC-Analysten lagen bislang sowohl das Debis Systemhaus als auch die Dienstleister der Deutschen Telekom in fast allen Branchen gut im Rennen. Doch "die Integration hat Kraft gekostet", meint Chalons.

So lässt sich die Stärke von T-Systems nicht allein aus den kombinierten Marktanteilen der Partner errechnen, denn die bisherigen Reibungsverluste dürften sich auch auf die Geschäfte ausgewirkt haben. "Wir haben noch keine Hinweise aus dem Markt heraus vernommen, wie die Geschäfte von T-Systems verlaufen", formuliert es Dück vorsichtig. Mit Skepsis wird er die Entwicklung verfolgen, denn "Telecom-Provider haben in der Regel ein sehr schlechtes Verständnis für den Servicemarkt."

An IT-Diensten sind schon viele gescheitert

Am IT-Dienstleistungsgeschäft sind schon einige Carrier gescheitert. "France Télécom, British Telecom, AT&T und MCI haben sich alle im IT-Geschäft wenig erfolgreich versucht", beobachtet PAC-Experte Chalons. Anders als die Telekom haben sie jedoch nicht die Integration von IT- und TK-Leistungen angestrebt, so dass die Erfahrungswerte dieser Player nicht unbedingt auf das T-Systems-Modell übertragbar sind. "Langfristig", meint Chalons, "sollte sich der Konvergenzansatz als richtige Wahl erweisen." Voraussetzung ist, dass die Integration gelingt und sich Synergieeffekte ergeben. Ob den T-Systems-Managern dieses Vorhaben gelingt, wird sich aber frühestens im Lauf dieses Jahres zeigen.

Schwere Geburt

Viel Zeit ließ sich das Bundeskartellamt mit der Genehmigung des Joint Venture von Daimler und der Telekom. Im März 2000 bekundete die Telekom Interesse an 50,1 Prozent der Anteile des Debis Systemhauses und erklärte sich bereit, dafür gut elf Milliarden Mark zahlen. 49,9 Prozent verbleiben bei der Daimler-Chrysler Services (debis) AG. Erst im Oktober 2000 erteilten die Wettbewerbshüter dem Zusammenschluss grünes Licht.

Gleich im Anschluss formte die Deutsche Telekom die Dienstleistungstochter T-System International GmbH. Dort bündelte der Carrier nun seine eigenen Dienstleistungsaktivitäten mit denen des Debis Systemhauses. Seit Februar 2001 ist das Unternehmen offiziell am Start, das neben T-Mobil (Mobilfunk), T-Online (Internet) und T-Com (Festnetzaktivitäten) eine der vier Säulen des Konzerns bilden soll. Die wesentlichen Einheiten, die in T-System aufgehen, sind das Debis Systemhaus und Diebold (beide entstammen dem Daimler-Chrysler-Konzern) sowie von der Telekom-Seite die Detesystem, die DeteCSM, T-Nova und Detecon.

Abb.1: Die deutsche Rangliste

Auf dem zweiten Platz sehen die Marktbeobachter von PAC T-Systems im deutschen IT-Dienstleistungsmarkt, wenn man ausschließlich nicht-kaptive (also außerhalb des Konzerns erwirtschaftete) Umsätze berücksichtigt. Die kräftige Differenz zu den Umsatzangaben des Herstellers selbst (10,1 Milliarden Euro) ergeben sich möglicherweise daraus, dass PAC die mit dem Daimler-Chrysler- und dem Telekom-Konzern erwirtschafteten Einnahmen in dieser Aufstellung nicht berücksichtigt. Zudem betrachtet PAC nur die reinen IT-Services, während T-Systems seinen Umsatz nicht nach IT- und TK-Leistungen aufschlüsselt. (Quelle: PAC)

Abb.2: Das Geschäftsmodell von T-Systems

Quelle: Compass Benchmark