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Hochzeit im Data-Warehouse-Markt: Informix schluckt Ardent

02.12.1999
Sybase kauft Home Financial Network

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Datenbankhersteller Informix will die Ardent Software Inc. im Rahmen eines Aktientauschs für 880 Millionen Dollar übernehmen. Mit den Produkten des Data-Warehouse-Spezialisten plant Informix, zum Komplettanbieter für Business-Intelligence-Lösungen (BI) werden. Am selben Tag verkündete ein anderer Datenbank-Veteran, die Sybase Inc., den Online-Finanzdienstleister Home Financial Network (HFN) für 130 Millionen Dollar in Bargeld und Aktien zu erwerben. Die Internet-Company soll zusammen mit der Sybase-Einheit Financial Server Business in eine hundertprozentige Tochterfirma ausgelagert werden.

Informix und Ardent sind bereits über ein OEM-Abkommen (Original Equipment Manufacturer), in dessen Rahmen der Datenbankspezialist Produkte von Ardent anbot, miteinander verbandelt. Mit der Akquisition des Herstellers setzt Informix seine Strategie fort, eine vollständige Produktpalette im Markt für Business-Intelligence durch Eigenentwicklungen und Zukäufe aufzubauen. Im Dezember 1998 hatte Informix bereits Red Brick Systems erworben, einen Hersteller von Low-end-Lösungen im Bereich Data-Warehousing. Ardent ergänzt das Produktportfolio um Tools, mit denen sich Informationen aus Data-Warehouses extrahieren, aufbereiten und weiterverwenden lassen. Das für Informix interessanteste Werkzeug dürfte "Datastage" sein, ein Programm für die Extraktion und Transformation, das dem DB-Anbieter bislang fehlte. Ardent, das 1997 durch die Fusion von Vmark Software und Unidata entstand, verfügt zudem über Werkzeuge für die Verwaltung relationaler Datenbanken ("Unidata" und "Universe") sowie durch die Übernahme von O2 Technology SA auch über Tools für objektorientierte Datenbanken ("O2").

Informix-Chef Jean-Yves Dexmier kommentierte die Akquisition mit den Worten, sein Unternehmen wolle ein Komplett-Shop für BI-Lösungen werden. Geplant sei auch, die Entwicklung der neuen Ardent-Tools für unstrukturierte Daten wie Textdokumente oder E-Mails zu beschleunigen. Mit diesen Programmen könnten Anwender Daten im XML-Format (Extensible Markup Language) aus sämtlichen Datenquellen, die über das Internet zugänglich sind, aufspüren und extrahieren. Zusammen mit dem Produkt Datastage sind laut Dexmier damit alle Daten im Web für den Benutzer zugänglich.

Datastage werde künftig jedoch weiterhin separat verkauft, so daß Kunden dieses Tool auch mit Produkten einsetzen könnten, die nicht von Informix stammen. Dexmier gab ferner bekannt, in Kürze ein neues Web-basiertes Analysewerkzeug names "I-Decide" auf den Markt zu bringen.

Die Mehrheit der Analysten bewerten die Übernahme von Ardent trotz zu erwartender Integrationsprobleme auf der Produktseite als positiv. Damit sei Informix in der Lage, vom traditionellen Datenbank-Geschäft, in dem Schwergewichte wie Microsoft, Oracle und IBM davongeeilt sind, auf andere Bereiche auszuweichen. Möglicherweise werde sich Informix nun von den mageren letzten Jahren erholen. Der Hersteller hatte 1997 Ungenauigkeiten in seiner Buchhaltung bekanntgegeben, wodurch seine Aktie von 35 Dollar auf vier Dollar abgerutscht war. Der Skandal zwang das Unternehmen, seine Geschäftsergebnisse von 1995 bis 1997 neu auszuweisen. Die Folge waren eine Auswechslung des Top-Managements und zahlreiche Aktionärsklagen, die schließlich gegen Entschädigungszahlungen von 142 Millionen Dollar beigelegt wurden. Seit 1998 schreibt das Unternehmen wieder schwarze Zahlen.

Sybase schluckt Home Financial Network

Wie Informix wandelt auch Sybase, ebenfalls ein ehemaliges Schwergewicht im Datenbankmarkt, auf neuen Pfaden. Mit dem Kauf von HFN für 130 Millionen Dollar will die Company zum Anbieter strategischer Software und Services für die Finanzdienstleistungsbranche werden. Zu diesem Zweck soll der Sybase-Bereich Financial Server ausgegliedert und mit HFN in einer Tochterfirma zusammengelegt werden. Die neue Company, die noch unbenannt ist, soll Technologien, Produkte und Services für das Online-Geschäft von Finanzdienstleistern wie Banken, Brokern und Versicherungen zur Verfügung stellen. Sybase wird 25 Millionen Dollar an Startkapital einbringen. Die Führungsebene soll sich aus Mitarbeitern von HFN und Sybase zusammensetzen.