Web

Hintergrund: Handys aus deutschen Landen

02.01.2007

In den besten Zeiten kam Siemens auf einen Weltmarktanteil von knapp zehn Prozent, zuletzt war es deutlich weniger. Profitabel ließ sich das Geschäft so nicht betreiben. Siemens entschloss sich zum Verkauf und gab die Sparte mit 3.000 Mitarbeitern in Deutschland im Herbst 2005 an den BenQ-Konzern ab. Als Mitgift erhielten die Taiwanesen noch einen dreistelligen Millionenbetrag. Dennoch drehte BenQ nach nur einem Jahr seiner deutschen Tochter BenQ Mobile Ende September 2006 den Geldhahn zu. Nach dem Insolvenzantrag wagte kein Investor, das Unternehmen zu übernehmen. Daher wurde am Neujahrstag das Insolvenzverfahren offiziell eröffnet.

Die Entwicklung der Handyhersteller ist nach Einschätzung von Experten durchaus symptomatisch für die Probleme deutscher Unternehmen in der Konsumelektronik. Zwar sind die inländischen Hersteller bei der Entwicklung oft mit vorne dabei, und die Geräte sind meist grundsolide, wenn sie auf den Markt kommen. So schwärmen viele Nutzer noch heute von der Zuverlässigkeit älterer Siemens-Modelle wie dem S3 oder dem S6. Zudem war zum Beispiel Bosch bei der Entwicklung von so genannten Triband-Modellen vorne mit dabei, die auch in den USA genutzt werden können. Doch viele internationale Wettbewerber bringen neue Entwicklungen mit viel Marketingaufwand deutlich schneller in die Geschäfte und haben oft das attraktivere Design.

So ging es denn auch bei Siemens bergab: Neue Trends wie Foto- und Klapphandys wurden verschlafen, auch im wichtigen Zukunftsmarkt China reagierte Siemens nach eigener Einschätzung nur schlecht auf die Bedürfnisse der Kunden. Daher hofften auch viele Mitarbeiter beim Verkauf an BenQ, dass der neue asiatische Eigentümer künftig schneller auf Marktveränderungen reagieren würde. Doch die negative Entwicklung setzte sich nahtlos fort. Auch unter der Marke BenQ/Siemens kamen viele Handys zu spät auf den Markt. Vor dem Insolvenzantrag lag der weltweite Marktanteil noch bei etwa drei Prozent.

Mit der Insolvenz erlitt die Ex-Siemens-Sparte nun dasselbe Schicksal wie der Handyhersteller Hagenuk. Die ehemalige Preussag-Tochter mit Sitz in Kiel, die das erste deutsche Schnurlostelefon entwickelt hatte, war Mitte der neunziger Jahre Pleite gegangen. Bosch zog sich im Jahr 2000 etwas eleganter aus dem Markt zurück: Die Handyentwicklung wurde an Siemens verkauft, die Handyproduktion im dänischen Pandrup wurde an den Auftragsfertiger Flextronics abgegeben. Auch der BenQ-Mobile-Insolvenzverwalter Martin Prager sah zuletzt höchstens noch eine Chance, als Auftragsbauer für andere Hersteller bestehen zu können. Einen eigenständigen deutschen Handykonzern dürfte es so schnell nicht mehr geben. (dpa/ajf)