Microsoft gibt seine neue Betriebssystem-Version frei

Hilft Windows XP dem PC-Markt aus der Flaute?

02.11.2001
MÜNCHEN (hi) - Microsoft und die PC-Hersteller feiern Windows XP bereits als Retter aus der Krise im PC-Markt. Die XP-Launch-Partys am 25.Oktober, dem offiziellen Verkaufsstart von Windows XP, ließen aber die überbordende Stimmung vergangener Windows-Einführungen vermissen.

Wer einen über die Bühne rockenden Microsoft-CEO Steve Ballmer erwartete wie beim Launch von Windows 95, sah sich bei der Windows-XP-Präsentation in München enttäuscht. Auch wenn Ballmer den 25. Oktober als "den größten Tag" in der Firmengeschichte von Microsoft bezeichnete, da "Windows XP das wichtigste neue Release nach Windows 3.0" sei, war die Stimmung auf der Veranstaltung eher verhalten.

Von den weltpolitischen Rahmenbedingungen einmal abgesehen, könnte ein Grund für den Verzicht auf spektakuläre Marketing-Maßnahmen auch darin liegen, dass sich die Company nach 20 Jahren von einem Produkt verabschiedet, mit dem sie groß wurde. "MS-DOS ist tot, seit es Windows XP gibt", brachte Kurt Sibold, Vorsitzender der Geschäftsführung von Microsoft Deutschland, die Zäsur in der Firmengeschichte auf den Punkt. Doch der Aufbruch in eine neue Ära erfolgt zu einer ungünstigen Zeit. Selbst Beteuerungen von Sibold wie "der PC ist nicht in einer Midlife-Crisis, sondern hat als 20-Jähriger eine hervorragende Zukunft vor sich", konnten nicht über die Lage der Industrie hinwegtäuschen. So bezweifeln Analysten, ob Windows XP wirklich die von Ballmer propagierte "Innovation für den PC-Markt" darstellt und einen Nachfrageschub auslöst.

Ungeachtet der kritischen Stimmen erwartet das Microsoft-Management, dass Windows XP der Branche neue Impulse gibt und im Jahr 2001 doch noch 140 Millionen PCs verkauft werden. Zudem sieht die Company angesichts einer weltweit installierten Basis von rund 350 Millionen Windows-9x-PCs ein enormes Upgrade-Potenzial. Als Motivationsfaktor für eine Migration zu Windows XP hat Ballmer vor allem zwei Gründe ausgemacht: "Mit Windows XP wird alles leichter, und nach dem Jahrzehnt der Digitalisierung öffnen wir nun die Tür zur Dekade der Integration und verbinden etwa Handys mit Notebooks." Entsprechend breiten Raum nehmen bei dem Betriebssystem auch Features wie digitale Bildbearbeitung, Musik, Video oder Vernetzung ein.

Als migrationswillige Kunden hat Microsoft vorerst vor allem die Privatanwender im Auge, denn für sie biete XP den Vorteil, so stabil wie NT und dennoch mit fast aller Software kompatibel zu sein. "Als ich Windows 2000 zu Hause installierte, musste ich es nach einem Tag wieder löschen, weil meine Kinder nicht Quake 2 spielen konnten", schilderte Ballmer die Probleme der Vergangenheit. Skeptischer ist der CEO bezüglich der Upgrade-Freudigkeit von Unternehmenskunden. Hier rechnet er erst in ein bis eineinhalb Jahren mit einem großen Verkauf, da XP den professionellen Benutzern von Windows 2000 nicht so viele Neuerungen biete wie den Heimanwendern. XP-Innovationen sieht Ballmer im Business-Bereich vor allem auf den Gebieten Kommunikation, Mobilität und Support. So wartet das Betriebssystem hier mit neuen Features für IP-Telefonie, Application Sharing sowie Möglichkeiten der Rechner-Fernwartung und -Fernsteuerung auf.

Migration bleibt einteures VergnügenOb die Anwender wirklich so schnell wie von Microsoft erhofft auf Windows XP migrieren, scheint jedoch fraglich. Beim Hardware-Kompatibilitätstest an einem Windows-98-Arbeitsplatz monierte das System etwa fehlende Treiber für Scanner, ISDN-Karte und Laserdrucker. Sollten hier die Hardwarehersteller in den kommenden Wochen nicht mit neuen Treibern nachbessern, stellt sich für viele User die Frage, ob sie sich neben den Upgrade-Kosten für Windows XP auch noch neue Peripheriegeräte leisten können. Eine Neulizenz der einfachen Windows XP Home Edition schlägt nämlich mit stolzen 489 Mark zu Buche. In den Genuss des günstigeren Updates für 254 Mark kommen nur Besitzer von Windows 98 und höher. Diese Versionen setzt auch das 489 Mark teure Update auf Windows XP Professional voraus. Microsoft preist die Variante als ein Superset der Home Edition an, das über Mehrprozessor-Support und umfangreichere Netzwerk-Features verfüge.