Kolumne

"Hilflose Politiker"

04.04.1997

Weltweit suchen Politiker nach Wegen, um den Mißbrauch des Internet für kriminelle Zwecke zu verhindern. Die Beschlagnahmung des gesamten IT-Equipments eines Internet-Service-Providers (ISPs) in Österreich gibt einmal mehr Zeugnis von der Hilflosigkeit, mit der die Gesetzeshüter dabei agieren.

Am meisten versprechen sich die Kriminalbeamten und Geheimdienstler vom Verbot oder der Regulierung sämtlicher Kryptografiesysteme. Nichts soll verborgen bleiben im Netz der Netze; fast hat man den Eindruck, als sei dies die letzte Bastion, die von den Sicherheitsbehörden noch nicht genommen wurde. Gelten Brief- und Fernmeldegeheimnis etwa nicht mehr?

Wer Kryptografie nicht ganz verbieten will, fordert meist eine behördliche Zulassung der verwendeten Schlüssel oder verlangt deren Hinterlegung bei staatlichen Instanzen. In anderen Entwürfen sollen Kryptoanbieter dazu verpflichtet werden, Schlüssel bei Bedarf wiederherzustellen. Man darf gespannt sein, welche Bank und welches Kaufhaus seine WWW-Geschäfte mit Kryptosystemen absichern wird, für die Schlüssel an "sicherer Stelle" hinterlegt wurden.

Jeder, der sich mit der Sache intensiver beschäftigt hat, weiß, daß es nicht gelingen kann, den Data-Highway zu einer Sackgasse für Kriminelle umzubauen. Wer auf Sündenpfaden wandeln will, nutzt unbekannte Schlüssel, versteckt Botschaften in Bild-, Text- und Soundfiles (Steganografie) und wiegt sich dabei in Sicherheit, denn die Chance, im weltweiten Netz ertappt zu werden, ist äußerst gering.

Kryptoregulierung muß vor diesem Hintergrund als kontraproduktives Politspektakel erscheinen. Sie geht nämlich nicht nur auf Kosten derer, die im In- und Ausland Verschlüsselungssoftware verkaufen wollen. Auch wer das Internet als Vertriebskanal nutzen und Electronic Commerce Realität werden lassen möchte, muß seinen Kunden die Sicherheit aller Transaktionen garantieren können.

Kryptografie-Software made in Germany hat einen guten Namen: Jahrelang profitierte die Branche von den strengen Exportbeschränkungen in den Vereinigten Staaten. Nur weil die Politiker Jahre verstreichen lassen, ehe sie dann mangels Alternative doch eine liberale Lösung wählen, sollte niemand vor der Nutzung dieser Produkte zurückschrekken. Das Electronic-Commerce-Geschäft ist zu wichtig, um es auf die lange Bank zu schieben.