Stühlerücken im Vorstand

Heyde räumt hausgemachte Probleme ein

02.03.2001
MÜNCHEN (CW) - Die in Bad Nauheim ansässige Heyde AG bleibt mit ihrem vorläufigem Ergebnis für das Geschäftsjahr 2000 weit hinter den eigenen Erwartungen zurück. Vor allem im Schlussquartal hatte es das Softwareunternehmen kalt erwischt.

Noch im Neunmonatsbericht vom November 2000 war Heyde von einem starken vierten Quartal ausgegangen und hielt an den eigenen, aber auch von Analysten getroffenen Prognosen für das gesamte Fiskaljahr fest. Statt des damals erwarteten Gewinn von 43 Millionen Mark bei einem Umsatz von rund 360 Millionen Mark weist die vorläufige Bilanz nun Einnahmen von 341 Millionen Mark (1999: 180 Millionen Mark) sowie ein Vorsteuerergebnis von lediglich drei Millionen Mark (23 Millionen Mark) aus.

Am Markt vorbeigeplantDer IT-Dienstleister, dessen Aktienkurs sich nach einem Jahreshoch von über 40 Euro mittlerweile bei gut drei Euro bewegt, machte eine Reihe von Gründen für diese Entwicklung aus, die Angaben zufolge nicht absehbar gewesen seien. Dabei handelt es sich aber nicht nur um die allgemein schwache Marktlage, sondern auch um hausgemachte Probleme. Wie das Unternehmen, das im vergangenen Jahr eine Reihe von Unternehmen akquiriert hatte, erst gegen Ende des Jahres feststellte, waren die verschiedenen Abteilungen sehr ungleichmäßig ausgelastet. Zwar hatte es in den einzelnen Gruppen ein funktionierendes Controlling gegeben, jedoch keine unternehmensübergreifende Finanzkontrolle. Zudem bezifferte Heyde allein den durch eine gescheiterte Produktentwicklung der britischen Tochter Tantus entstandenen Schaden auf acht Millionen Mark. Tantus hatte, so Heyde-Sprecher Udo Becker, mit der Entwicklung einer Börsensoftware "am Markt vorbeigeplant". Des Weiteren schlug ein Wechsel in der Rechnungslegung - die aufwandswirksame Bilanzierung von Mitarbeiteraktien - mit 6,6 Millionen Mark zu Buche.

Kunden agieren vorsichtigerLast, but not least sorgte jedoch auch die schlechte Entwicklung des vierten Quartals für böse Überraschungen. Obwohl zu Beginn des traditionell stärksten Jahresviertels eine Reihe von Absichterklärungen vorgelegen hätten, waren diese Verträge nicht zustande gekommen. Die Kunden seien wieder vorsichtiger, so Becker, Projekte würden längst nicht mehr so schnell entschieden wie noch einige Monate zuvor.

Erste Konsequenz aus den schlechten Zahlen ist der Rücktritt des Firmengründers und Vorstandsvorsitzenden Dieter Heyde. An seine Stelle tritt Dirk Wittenborg. Mit Klaus Mühleck (COO) und Joachim Miebach, verantwortlich für den Bereich Logistik-Consulting, verlassen zudem zwei weitere Vorstandsmitglieder das Führungsgremium. Nach Bekanntgabe der Ergebnisse hatte sich der neue Vorstand zu einer Krisensitzung zusammengefunden und einen Plan für die Weiterentwicklung der Geschäfte aufgestellt. Zunächst wurden die Prognosen für das laufende Jahr stark herabgesetzt.

Für 2001 rechnet Heyde nun sehr vorsichtig mit einem Umsatzplus von sechs Prozent auf 360 Millionen Mark sowie einen Gewinn von zehn Millionen Mark. Vor allem in der zweiten Jahreshälfte erwartet der neue Vorstand die Rückkehr zu einem "profitablen Wachstum". Außerdem wolle man sich in Zukunft mit seinem Service und Produktangebot konsequent auf klar definierte Märkte konzentrieren. Tradition sind die Supply-Chain- sowie Financial-Services. Neu hinzugekommen ist der Geschäftsbereich Telco und Media, in dem Heyde bisher Strategieberatung und Systemintegration angeboten hatte und nun auch an der Entwicklung eigener Softwareprodukte arbeitet.