Rechnerunterstütztes Konstruieren: Neues Handwerkszeug für Konstrukteure:

Heutige CAD-Systeme lassen Flexibilität noch vermissen

30.04.1982

KARLSRUHE - Die wachsende Bedeutung der grafischen Datenverarbeitung zeigt sich auch auf der diesjährigen Hannover-Messe. Kaum ein Rechneranbieter, der nicht in irgendeiner Form ein CAD-Paket im Messegepäck hat. Doch nicht alles ist CAD, was eine Grafik auf den Bildschirm zaubert. Was ein CAD-System leistet, was es leisten sollte, und was es leisten könnte, versucht der folgende sehr grundsätzliche Beitrag von Prof. Dr.-Ing. Hans Grabowski, Institut für Rechneranwendung im Maschinenbau an der Universität Karlsruhe, zu erhellen. Der Hochschullehrer befaßt sich auch mit der wirtschaftlichen Bedeutung und den zukünftigen Auswirkungen von CAD-Systemen.

Die Bedeutung des rechnerunterstützten Konstruierens ergibt sich aus einer Reihe von Kennzahlen:

- Die Durchlaufzeit von Konstruktionsaufträgen, die bis zu 30 Prozent der gesamten Auftragsdurchlaufzeit betragen kann.

- Die Kostenverantwortung des Konstrukteurs, der bis zu 75 Prozent der Herstellkosten durch die Wahl des physikalischen Arbeitsprinzips der Bauteilgestalt und des Werkstoffs festgelegt.

- Die Produktivität, die im Bereich der Fertigung zwischen 1900 und 1965 um zirka 1000 Prozent gestiegen ist, im Konstruktionsbereich dagegen nur um 20 Prozent.

Mit der Entwicklung leistungsfähiger CAD-Systeme steht der Konstruktionsbereich heute an einem Wendepunkt von der handwerklichen zur maschinellen Bearbeitung seiner Aufgaben. Die Produktivität läßt sich bei einzelnen Tätigkeiten und Faktoren zwischen zwei und dreißig steigern. Dementsprechend sind die Verbesserungen bei der Durchlaufzeit beziehungsweise der Entwicklungsdauer von Produkten. Der Konstrukteur gewinnt Zeit zur Optimierung seiner Lösungen. Erreicht wird dies durch die Ausstattung des Konstruktionsbüros mit neuen kapitalintensiven Arbeitsgeräten, die heute in der Größenordnung von Fertigungsmaschinen liegen.

Modellieren als neue Arbeitstechnik

Zur Entwicklung und Konstruktion technischer Lösungen werden im wesentlichen die in Bild 1 aufgeführten Arbeitsschritte ausgeführt. Hierbei ist es gleichgültig, ob es sich um eine Aufgabenstellung geringer oder hoher Komplexität zum Beispiel einer Gestaltungszone an einem Bauteil oder einer verfahrenstechnischen Anlage handelt. Ebenso gleichgültig ist es, ob die Aufgabenstellung in der Konzeptphase, Gestaltungs- oder Ausarbeitungsphase vorliegt. Es kommen dann allenfalls andere Verfahren der Berechnung oder Simulation zur Anwendung und die Darstellung der Lösung erfolgt in einer anderen Form zum Beispiel in symbolischen oder maßstäblich gegenständlichen Zeichnungen. Mit heutigen CAD-Systemen läßt sich die Lösungsbewertung durch die Anwendung von Berechnungs- und Simulationsmethoden zum Beispiel mit FEM-Programmsystemen und Simulationssprachen zufriedenstellend durchfuhren.

Bei der Darstellung von technischen Lösungen vollzieht sich vor allem in der Gestaltungs- und Ausarbeitungsphase gegenwärtig ein Wandel vom zweidimensionalen Zeichnen zum dreidimensionalen Modellieren mit völlig neuen Arbeitstechniken. Als Modellieren soll der Vorgang zur schrittweisen Entwicklung der technischen Lösung im dreidimensionalen Raum (3D-Raum) einschließlich der Prüfung auf Funktionsfähigkeit verstanden werden.

Als Vorteile können genannt werden:

- Anwendung günstiger Gestaltungsgesetze,

- unmaßstäbliches Entwerfen mit anschließender exakter Dimensionierung,

- dreidimensionale Anordnungsstudien,

- Verbesserung der Kommunikation zwischen Mitarbeitern durch plastische Darstellungen,

- Reduzierung von Fehlern,

- automatische Zeichnungserstellung.

Um den dreidimensionalen Charakter von Gegenständen festzuhalten, bedient man sich perspektivischer Darstellungen, in der Technik insbesondere der isometrischen und dimetrischen Parallelperspektive. Exakte perspektivische Entwürfe werden wegen des großen Aufwandes nur in Ausnahmefällen angefertigt, obwohl sie zur eindeutigen und anschaulichen Darstellung am besten geeignet sind. Komplizierte Bauteile werden oft durch reale 3D-Modelle aus Ton, Holz oder Styropor angefertigt, um Form und Raumverteilung beurteilen zu können.

Daten zur Kollisionsprüfung

Die Entwicklung des rechnerunterstützten dreidimensionalen Modellierens nahm ihren Ausgangspunkt in der Erfassung komplizierter Flächen, die auf 4- und 5achsigen NC-Fräsmaschinen hergestellt werden müßten. Heute werden auch Bauteile mit einfachen Flächen dreidimensional erfaßt, da die geometrischen Daten nicht nur zur Zeichnungserstellung, sondern für die Lösung weiterer Aufgaben wie zum Beispiel Festigkeits- und Verformungsberechnungen, Kollisionsprüfung, Montierbarkeit, Arbeitsplanerstellung, NC-Programmierung und so weiter verwendet werden können.

Neben den aus dem 2D-Bereich bekannten Linienelementen kommen beim 3D-Modellieren vor allem Flächen zum Einsatz. Die einfachsten Flächen sind die Ebene, Zylinder-, Kugel- und Torusfläche. Daneben kommen Regel-, Dreh- und Funktionsflächen, sowie für ästhetisch geformte Bauteile Splineflächen (B-Spline, Coon'sche- und Bezier-Flächen) zur Anwendung. Die Bedeutung von Flächen bei der Modellierung resultiert aus der Tatsache, daß sie zur eindeutigen Bauteilbeschreibung ausreichen und beim schrittweisen Entwerfen besser eingesetzt werden können als Volumenelemente.

Auf der Grundlage von Flächen arbeitende anschauliche Modellierungsoperationen sind die Profilkörperverfahren (Bild 2). Durch Translation oder Rotation einer Fläche können Volumina erzeugt werden. Eine komplizierte Variante davon ist das Skelettlinienverfahren (Bild 3), bei dem eine Kontur entlang einer beliebigen räumlichen Kurve geführt werden kann und eine Oberfläche erzeugt.

Derart erzeugte Flächen- oder Volumenelemente können durch mengentheoretische Operatoren (Vereinigung, Durchschnitt, Differenz) zu noch komplexeren Objekten verknüpft werden. (Bild 4) zeigt die kontaktflächen- und durchdringungsartige Vereinigung von Volumina.

Elemente als Makros

Für häufig wiederkehrende Elemente muß die Möglichkeit bestehen, beliebige Benutzerelemente als Makros zu definieren (Bild 5). Makros werden aus Grundelementen zusammengesetzt und abhängig von der Branche festgelegt.

Für die Form- und Abmessungsvariationen müssen Modifizierungsoperatoren verfügbar sein (Bild 6). Der Leistungsfähigkeit des rechnerintern aufgebauten Modells bleibt es überlassen, Abmessungsvariationen an einem Bauteil an die benachbarten Bauteile weiterzugeben und die Durchführbarkeit zu überprüfen.

Die hier beschriebenen Verfahren setzen ein Denken im 3D-Raum voraus. Zur Beherrschung dieser Technik müssen mehrere projektive Ebenen, 3D-Arbeitskoordinatensysteme und beliebige Stützelemente zur Verfügung stehen. Heutige CAD-Systeme bieten derartige Methoden nur unvollkommen an. Es werden daher sogenannte 2D/3D-Rekonstruktionsalgorithmen entwickelt, die es ermöglichen, aus zwei oder drei Normalrissen die dreidimensionale Gestalt zu errechnen oder im Dialog zu bestimmen, die dann in einer perspektivischen Darstellung ausgegeben werden kann. Eine gewisse Bedeutung könnten diese Verfahren bei einer automatischen Eingabe vorhandener Zeichnungen in ein CAD-System erlangen. Gegenüber leistungsfähigen Modellierungsverfahren werden sie sich in der Zukunft jedoch kaum durchsetzen können, da deren Benutzerfreundlichkeit erheblich größer ist.

Vorteilhaft für die grafische Darstellung ist, daß beliebige Ansichten und Schnitte automatisch erzeugt werden können und anschauliche Perspektiven, auf die beim manuellen Zeichnen aus Gründen des Aufwands verzichtet wird, jetzt leicht erstellbar sind (Bild 7). Neben den üblichen Darstellungen sind erzeugnisgetreue Grau- und Farbdarstellung und stereoskopische Darstellung möglich.

Aus den bisherigen Ausführungen wird erkennbar, daß der Konstruktionsprozeß in der Zukunft sich mehr an der Gestaltung real sichtbarer Objekte und deren "Echzeitverhalten unter Betriebsbedingungen" zum Beispiel Bewegungsvorgänge, Verformungs- und Schwingungsvorgänge und so weiter orientieren wird, als an der Erstellung von Zeichnungen.

Heute in CAD-Systemen verwendete Modelle enthalten nur einen Teil der Informationen realer Werkstücke oder daraus zusammengesetzter Produkte. In welchem Umfang die geometrischen Eigenschaften modelliert werden hängt vom Anwendungsfall des CAD-Systems ab. Die Realisierung leistungsfähiger, dialogorientierte Modellierungsverfahren bestimmt entscheidend das rechnerintern aufgebaute Modell. In der Literatur sind mehrere Modellierungsverfahren bekannt. Die heute am meisten verwendeten topologischen Modelle lassen sich in die in Bild 12 dargestellten Arten einteilen.

Kantenmodelle erfassen nur die Sichtkanten eines Werkstücks in einer Bildebene oder im Raum. 2D-Flächenmodelle fassen eine Kantenmenge zu einer Berandung zusammen. Flächenbereiche können sich gegenseitig überdecken. 3D-Flächenmodelle beschreiben nur bestimmte Werkstückflächen, oder daß eine Verschneidung der Flächen und eine Bestimmung der Materialseite möglich ist. Volumenmodelle erfassen die gesamte Werkstückoberfläche und geben mindestens die übrigen Raumpunkte als innerhalb oder außerhalb des Werkstücks an. Körpermodelle erlauben darüber hinaus eine Modellierung von Materialeigenschaften zum Beispiel Dichte- oder Härteverteilung, Kristallstruktur und so weiter.

Die Modelle werden mit den in Abschnitt zwei aufgeführten Elementen (Objekten, Operanden) und Operationen aufgebaut. Für eine interaktive, flexible Modellierung muß das Modell eine Reihe von Teilmodellen enthalten (Bild 8). Diese Teilmodelle sind keine eigenständigen Modelle, sondern bilden in ihrer Gesamtheit das Werkstückmodell. Kern des Werkstückmodells ist das Geometriemodell. Es enthält bei einem Volumenmodell die vollständige Geometrie der Objektoberfläche. Das Benutzermodell umfaßt die Historie der Objektbeschreibung, das heißt alle für den Entwurf eines Bauteils benutzten Elemente beliebiger Komplexität, die im Geometriemodell unter Umständen nicht mehr erscheinen, da sie in Flächen aufgelöst wurden. Darstellungs- und Bemaßungsmodell sind die am Bildschirm sichtbaren grafischen Darstellungen des Werkstücks. Die durch die Pfeile gekennzeichneten logischen Beziehungen zwischen den Teilmodellen erlauben eine schnelle, flexible, interaktive Entwicklung und Änderung von Bauteilen und Baugruppen. So kann ein Maß eines Bauteils nicht nur durch die Verschiebung einer Fläche im Geometriemodell geändert werden, sondern die Verschiebung der Fläche auch durch eine Änderung der Maßzahl in einer Ansicht des Bauteils erreicht werden. Eine beim manuellen Ändern von Zeichnungen bekannte Arbeitstechnik.

Die meisten heute verfügbaren CAD-Systeme lassen eine derartige Flexibilität vermissen. Die Entwicklung weist jedoch in diese Richtung.

Aufbau von CAD-Systemen

Die Konfiguration eines CAD-Systems wird durch die Anforderungen des Anwenders bestimmt. Den generellen Aufbau von CAD-Systemen zeigt Bild 9.

Bei den Rechnern ist heute ein deutlicher Trend zu 32-Bitwort-Prozessoren zu erkennen. Großrechner werden nur für rechnerintensive Programme (FEM, Simulationen) eingesetzt. In einigen Fällen werden Funktionscomputer mit mehreren Prozessoren entwickelt.

In der Zukunft ist hier eine weitere Entwicklung in dem Maße zu erwarten, in dem Modellierungsalgorithmen optimiert werden und als nicht weiterentwicklungsfähig angesehen werden.

Die derzeit noch dominierenden Vektorbildschirmgeräte werden zunehmend durch Farbraster-Sichtgeräte abgelöst. Raster-Sichtgeräte erzeugen kontrastreichere Bilder und ermöglichen ein selektives Arbeiten (nicht ständig neuer Bildaufbau). Farbige Darstellungen führen zu mehr Transparenz und einer dadurch stark reduzierten Fehlerhäufigkeit der technischen Lösung.

Auch Spracheingabe

Die verhältnismäßig kleine Arbeitsfläche der Sichtgeräte kann nur durch zwei gleichzeitig angewendete Geräte in einem Arbeitsplatz oder die Ausgabe von maßstäblichen Zwischenausgaben mittels schnell arbeitender elektrostatischer Zeichenmaschinen behelfsmäßig umgangen werden. Großformatige Sichtgeräte sind durch die Anwendung des Prinzips der LED-Anzeige zu erwarten. Durch eine gute Gestaltung von Eingabehilfsmitteln, zum Beispiel der Menütabletts und einem geführten Dialog, läßt sich die Bedienfreundlichkeit eines CAD-Arbeitsplatzes erheblich verbessern (Bilde 10).

In der Zukunft ist außer der Eingabe über Eingabegeräte auch mit einer Spracheingabe zu rechnen.

Zeichenmaschinen dienen zur Ausgabe herkömmlicher Fertigungsunterlagen. Sie sind nach unterschiedlichen physikalischen Prinzipien aufgebaut zum Beispiel elektromechanisch arbeitende Stift-Zeichenmaschinen, elektrostatisch arbeitende Printer-Plotter und elektronisch-photooptisch arbeitende Mikrofilm- oder Photoplotter. Aufgrund ihrer großen Arbeitsgeschwindigkeit und des Betriebs ohne Operateur werden in der Praxis zunehmend elektrostatische Zeichenmaschinen eingesetzt. Damit erzeugte Zeichnungen entsprechen den Zeichnungsnormen und sind mikroverfilmbar.

Digitalsiergeräte dienen zur Eingabe vorhandener Zeichnungen in den Rechner. Sie werden vorwiegend für die Eingabe symbolischer Darstellungen verwendet, da maßstäbliche Zeichnungen nicht ohne weiteres abgetastet werden können. Die wesentlichen Informationen liegen nämlich sowohl in der analogen grafischen Darstellung als auch in den Maßzahlen.

Nicht wirtschaftlich einsetzbar

Der Programmier- und Organisationsarbeitsplatz dient zur Anpassung eines CAD-Systems an die Belange eines bestimmten Anwendungsbereichs zum Beispiel zur Programmierung von Makros. Grundsätzlich können diese Arbeiten auch am Bildschirmarbeitsplatz ausgeführt werden, der Programmierarbeitsplatz ist jedoch preiswerter.

An 16- beziehungsweise 32-Bitwort-Prozessoren lassen sich vier beziehungsweise acht Bildschirmarbeitsplätze je nach Anwendersoftware anschließen, an Großrechner bis zu 40 Bildschirmarbeitsplätze. Mehrere CAD-Systeme lassen sich untereinander oder mit einem kommerziellen Großrechner zu Rechnernetzen schalten.

Den generellen Aufbau der Software eines CAD-Systems zeigt Bild 11. Neben einer für den Konstrukteur erforderlichen Dialogsprache ist eine für einen Anwendungsprogrammierer bestimmte Programmiersprache für neue produktorientierte Anwendersoftware (parametrisierbare und nicht parametrisierte Makros) erforderlich. Dies müssen nicht zwei verschiedene Sprachen sein, sondern im Idealfall eine einzige. Für heutige CAD-Systeme ist die POL 1 von großer Bedeutung, da sie ohne eine gewisse Anpassung an das Aufgabenspektrum der Firma nicht wirtschaftlich einsetzbar sind. Zukünftig ist zu erwarten, daß für unterschiedliche Branchen CAD-Systeme mit umfangreicher produktorientierter Anwendersoftware geliefert werden.

Datenbankorientierte CAD-Systeme ermöglichen den Entwurf beliebiger externer Schemata (Modelle). Hierfür existieren sogenannte Datenmanipulationssprachen (DML) als Schnittstellen des Datenbanksystems. Wie am Beispiel eines in Bild 12 dargestellten Finite-Element-Netzes gezeigt wird, das allgemein als Rechenmodell eines technischen Objektes aufgefaßt werden kann, lassen sich durch Wandlungsprogramme aus dem internen Werkstückmodell beliebige externe Modelle (externe Schemaausprägungen) ableiten.

Sie bilden die Grundlage für die Integration beliebiger Methodenprogramme in ein CAD-System. Auf diese Art und Weise lassen sich Programmbibliotheken zu Methodenbanken ausbauen, die vom Benutzer über ein Informationssystem ausgewählt werden können. Jedes Methodenbankprogramm kann dann über das externe Schema mit dem Werkstückmodell kommunizieren.

Heute bereits durchgeführte Integrationen umfassen

- die automatisch erstellte Stückliste,

- die Generierung von FEM-Netzstrukturen

- die Koppelung von Berechnungs- und Simulationsprogrammen,

- die Programmierung von NC-Maschinen.

In der Zukunft ist eine Integration der Arbeitsplanerstellung, der Programmierung von Robotern und Meßmaschinen zu erwarten. Die rechnerinternen Modelldarstellungen werden die zentrale Bedeutung der integrierten Informationsverarbeitung einnehmen. Auf dieser Basis ist zu erwarten, daß CAD-Systeme zu "Prüfständen" von nur in Form von Daten existierenden Lösungen werden und eine vollständige Simulation aller Fertigungs-, Transport-, Montage- und Lagervorgänge möglich wird.

Die Einführung von CAD-Systemen wird aus einer Reihe unterschiedlicher Gründe, je nach Branche eines Unternehmens, vorangetrieben:

- Zur Verkürzung der Entwicklungszeiten neuer Produkte in Unternehmen der Konsumgüterindustrie;

- Zur Reduzierung der Kosten und der Lieferfristen in Unternehmen mit auftragsbezogener Fertigung;

- Zur Zukunftssicherung des Unternehmens durch Anwendung der neuesten Technologien in allen Unternehmensbereichen.

Im allgemeinen wird in allen Fällen der Nachweis der Wirtschaftlichkeit eines CAD-Systems verlangt. Die Anschaffung eines CAD-Systems bedeutet eine Investition in der Größenordnung von

200 000 bis 1 000 000 Mark und mehr, je nach dem, ob lediglich ein Softwarepaket oder Hard- und Softwarepaket gekauft beziehungsweise gemietet werden soll. Zur Beisteuerung von Investitionsentscheidungen bietet die Betriebswirtschaftslehre sogenannte eindimensionale und mehrdimensionale Modelle an.

Bei den eindimensionalen Modellen werden die Investitionsalternativen in bezug auf ein Zielkriterium i. a. Kosten, Gewinn, Rentabilität, Amortisation betrachtet, während bei den mehrdimensionalen Modellen mehrere Zielkriterien gemeinsam zum Beispiel in einer Nutzwertanalyse berücksichtigt werden.

Es zeigt sich, daß für viele Anwendungen CAD-Systeme gegenüber den konventionellen Konstruktionsmethoden wirtschaftliche Vorteile bieten. Infolge der Beschleunigung von Arbeitsvorgängen zum Beispiel der Zeichnungserstellung, der Simulation von Abläufen und so weiter und Faktoren bis zu 30 ergeben sich trotz der hohen Arbeitsplatzkosten von 50 bis 150 Mark pro Stunde (abhängig von der Anzahl der Bildschirmgeräte je Rechner) durchschnittliche Verzinsungswerte des eingesetzten Kapitals bis zu 90 Prozent und Amortisationsdauern von weniger als zwei Jahren. Der wirtschaftliche Erfolg liegt hierbei ausschließlich in einer gründlichen Einsatzvorbereitung des CAD-Systems, das heißt Anpassung der käuflichen Software an die Belange des Unternehmens und vorbereitende Schulung der Mitarbeiter.

Neben den wirtschaftlichen Vorteilen müssen jedoch auch eine Reihe nicht quantifizierbarer Faktoren berücksichtigt werden, wie zum Beispiel:

- die Möglichkeit der schnellen Entwicklung alternativer Lösungen,

- Anwendung von Normen ohne Kontrolle,

- geringe Fehlerquote in den Zeichnungen,

- erhöhte Lieferbereitschaft und schnelle Reaktion auf Kundenwünsche.

Zukünftige Auswirkungen

Die Einführung von CAD-Systemen hat für die davon betroffenen Mitarbeiter, heute im wesentlichen Zeichner und Konstrukteure, zunächst eine Umstellung ihrer Arbeitstechnik zur Folge. Statt wie bisher mit einfachen Werkzeugen müssen sie mit neuen, ihren nicht vertrauten Geräten, deren Funktionsweise sie in den meisten Fällen nicht kennen, umzugehen lernen. Dies führt häufig zu Akzeptanzproblemen, die sich jedoch durch gute Schulungsprogramme vermeiden lassen. Wesentlich schwerwiegender ist jedoch eine Verschiebung der Arbeitsinhalte von häufig manuellen schematischen Tätigkeiten des Zeichnens, Suchens nach Informationen, Berechnungsaufgabenlösens und so weiter hin zu mehr kreativen Tätigkeiten des Festlegens einer Vorgehensstrategie bei der Lösungsentwicklung und der Beurteilung der Ergebnisse. Die Arbeit der Darstellung einer Lösung, der Durchführung der Berechnung, des Suchens einer Information leistet das CAD-System in kürzester Zeit. Konstruieren mit CAD-Systemen ist zukünftig zum größten Teil kreative Tätigkeit. Zeichnungen werden in dem Maße überflüssig, indem eine Integration der Unternehmensbereiche über rechnerintern weitergegebene Lösungsmodelle (Werkstückmodelle, Baugruppenmodelle und so weiter) erfolgt. Langfristig wird sich damit auch eine Veränderung der Mitarbeiterstruktur ergeben.

Daneben ist auch eine Veränderung der Ablauf- und Aufbauorganisation der Unternehmen zu erwarten. Bereits heute lassen sich Werkstückmodelle auf dem Bildschirm der CNC-Steuerung einer Werkzeugmaschine darstellen. Rohmaterial, Spannmittel und Werkzeuge lassen sich ebenfalls auf dem Bildschirm darstellen und der Arbeitsablauf in Echtzeit simulieren. Die Programmierung der Werkzeugmaschinen wird durch eine grafische Simulation von Arbeitsabläufen ersetzt. Die so erzeugten Steuerdaten sind automatisch auf Richtigkeit geprüft.

Auf analoge Art und Weise lassen sich Maßmaschinen und Montagemaschinen auf der Basis rechnerinterner Modelle "programmieren". Schließlich kann der gesamte Produktionsablauf auf Bildschirmen vorab simuliert und beeinflußt werden. Daraus ergeben sich in allen Bereichen der Auftragsabwicklung Anstöße zur neuen Strukturierung des Unternehmens.

Das hier grob skizzierte Bild integrierter CAD/CAM-Anwendungen wird in den Unternehmen nicht kurzfristig wirksam. Dies liegt an den hohen Investitionskosten und dem Umstellungsaufwand auf die neuen Technologien, die zunächst nur die Einführung einzelner Inseln zulassen, die jedoch zukünftig aufeinander zuwachsen müssen. Dies bedeutet aber, daß die Einführung von CAD/CAM-Systemen nach einem generellen Konzept erfolgen muß.

Der ungekürzte Beitrag erschien in den Mark III Nachrichten, Heft 1/82. Nachdruck mit freundlicher Genehmigung der General Electric Informations-Service GmbH, 5030 Hürth-Efferen.