IT in Transport und Verkehr/Optimierungen fuer spezifische Belange stehen noch aus

Heterogene Systemlandschaft mit Neuentwicklung verlassen

16.02.1996

Frueher war der Spediteur fuer das Versenden der Waren verantwortlich. Heute ist der Transport von einem Ort zum anderen nur noch ein Teilaspekt. So zaehlen zu den Dienstleistungen, die die in Viernheim ansaessige Log Sped Gesellschaft fuer Logistik und Spedition mbH heute anbietet, neben den klassischen Transporten und der Lagerbewirtschaftung auch spezielle Dienstleistungen wie ein "Fuenf-Sterne-Warenhotel", Mehrweglogistik und individuelle Systeme.

Das Bearbeiten der Informationsvielfalt von Log Sped war ohne DV schon lange nicht mehr moeglich. Es wuchs mit der Zeit eine heterogene DV-Landschaft. So wurden beispielsweise die Systeme NCR 9200 mit dem Betriebssystem ITX, IBM System/36 mit dem Betriebssystem SSP sowie diverse Personalcomputer eingesetzt.

Die Viernheimer erkannten, dass eine integrierte Datenverarbeitung auf Basis insbesondere einer relationalen Datenbank und offener Kommunikationsstandards notwendig wurde. Das Ziel sollte eine "glaeserne Spedition" sein. Das bedeutete, Transparenz in der gesamten Auftragsabwicklung fuer Mitarbeiter und Kunden zu schaffen. "Eine wirklich glaeserne Spedition bietet Qualitaetssicherung, Stabilisierung und Ausbau der Marktanteile, langfristige Kundenbindung, marktgerechte Preise und die Abdeckung aller Dienstleistungssequenzen durch Softwaremodule", erklaert Karl-Martin Pfenning, der Geschaeftsfuehrende Gesellschafter, die Unternehmensstrategie.

Pilotprojekt:Nach sieben Monaten im Testbetrieb

Mit den bestehenden Systemen waeren permanente Anpassungen und Erweiterungen erforderlich gewesen, um zunaechst einmal nur ihre Funktionsfaehigkeit aufrechtzuerhalten. Zusaetzlich waere ferner ein enormer Aufwand fuer die Integration der unterschiedlichen Systeme auf das Haus zugekommen.

Die Viernheimer zogen es vor, eine Loesung neu zu entwickeln, statt eine bestehende funktionsfaehige Software zu kaufen. "Denn wir wollten eine Loesung, die nicht nur heutige Anforderungen erfuellt, sondern uns auch Flexibilitaet fuer kuenftige Aufgaben bietet", betont DV-Leiter Hanspeter Beutl.

Ende 1992 entschied sich Log Sped fuer das Angebot der Siemens Nixdorf Informationssysteme AG. Kernstueck war eine von der hundertprozentigen SNI-Tochtergesellschaft Inforatio neuentwickelte Anwendungsloesung fuer die Speditions- und Logistikbranche, die bei Log Sped als Pilotprojekt realisiert werden sollte. "Fuer diese Loesung sprach, dass der Anbieter die Gesamtverantwortung fuer Hard- und Software uebernehmen wollte und europaweit ueber ein dichtes Kundendienstnetz verfuegte", so Beutl.

Ab Februar 1993 entstand in enger Zusammenarbeit das Programmpaket "Euro Mistral", und nach siebenmonatiger Entwicklungs- und Schulungsphase ging die Log-Sped-Niederlassung Viernheim in den Testbetrieb.

Bis Ende 1995 sind weitere 21 Niederlassungen, jeweils im Abstand von zwei Monaten, ausgeruestet worden. Heute werden insgesamt 17 SNI-Systeme RM400 und fuenf RM600, die unter Sinix laufen, sowie 425 Datensichtgeraete und rund 130 Drucker genutzt. Die Niederlassungen sind miteinander ueber ISDN-Waehlleitungen oder X.21-Standleitungen verbunden. Datenhaltung und -sicherung sind dezentral organisiert.

Neben den Niederlassungen besitzen Kunden und andere Spediteure online Zugang zur Zentrale in Viernheim. Die Log-Sped-Kunden Henkel KGaA, Rhein Chemie Rheinau, BSB Birkel Sonnen Bassermann GmbH, Vileda oder Aurora sind nur einige, die von dieser Moeglichkeit schon Gebrauch machen.

Als einen weiteren Nutzeneffekt nennt Beutl die Preisfindung: "Mit Hilfe dieser Loesung koennen wir nun individuell fuer jeden Kunden, fuer jeden einzelnen Auftrag und fuer jeden Zielort einen marktgerechten Preis ermitteln." Das laeuft ueber die Module "Kosten- und Rohertragsanalyse" sowie ein individuelles Tarifwerk, das die seit 1994 gueltige Preisfindung im Europaeischen Binnenmarkt beruecksichtigt.

Da Log Sped als Systemanbieter die logistischen Dienstleistungen in den Gesamtablauf integrieren musste, waren erhebliche funktionale Erweiterungen zwingend notwendig. Deshalb wuchs der Software-Umfang in weit hoeherem Masse als urspruenglich angenommen. "SNI hatte die Gesamtproblematik am Anfang unterschaetzt.

Im Projektverlauf haben jedoch alle Beteiligten Erfahrungen gesammelt und sich den neuen Anforderungen gestellt", berichtet Beutl.

Bei dem Dienstleister arbeiten rund tausend Mitarbeiter mit der neuen Loesung. Geschult wurden sie vor Ort durch ein Einfuehrungsteam.

"Viele waren zunaechst skeptisch, weil sie den Vergleich zu den vorherigen Systemen zogen", so Beutl. Aber die neue Loesung wurde nach erstem zoegerlichem Verhalten dann doch gut angenommen.

Optische Archivierung und Ortungssystem im Visier

Fuer die Mitarbeiter hat sich die Perspektive veraendert: "Die wichtigste Neuerung besteht darin, dass jetzt alle Niederlassungen in die Lage versetzt werden, die gesamte Speditionsabwicklung in vollem Umfang eigenstaendig und eigenverantwortlich durchzufuehren. Dies gilt neben der reinen Auftragsabwicklung auch fuer die gesamte Stammdatenpflege, die Auftragsbewertung und das Statistikwesen", erlaeutert Beutl.

Die Mistral-Loesung ist trotz des Ziels der Weitervermarktung keine Loesung von der Stange geworden, denn Optimierungen fuer spezifische Unternehmensbelange stehen noch aus. Ausserdem werden einige Spezialprogramme, beispielsweise fuer das Strekken- und Flottenmanagement, nach wie vor genutzt. Aber auch diese laufen auf den Unix-Systemen und sind in das Gesamtsystem integriert worden.

Seit dem Projektstart vor zwei Jahren investierte Log Sped rund 12,2 Millionen Mark in die neue Infrastruktur. Auch fuer 1996 hat man sich viel vorgenommen. So wollen die Viernheimer Barcode, eine optische Archivierung von Belegen sowie ein Ortungssystem fuer Transportbehaelter, Wechselbruecken und Lkw-Auflieger einfuehren. Das bedeutet nochmals ein Investitionsvolumen von rund 6,5 Millionen Mark.

*Christian Liebert ist feier Fachautor in Aumuehle bei Hamburg.

Kurz & buendig

"Neuentwicklung" hiess die Systementscheidung, die ab 1992 dazu fuehrte, dass die Log Sped GmbH zusammen mit der SNI-Tochter Inforatio die Pilotinstallation des Programmsystems "Euro Mistral" realisieren konnte. Nach sieben Entwicklungsmonaten wurden die Altsysteme,

-eine NCR 9200 unter dem Betriebssystem ITX,

-eine IBM/36 unter dem Betriebssystem SSP sowie

-diverse PCs und Workstations, ausrangiert.

Mistral laeuft heute in 21 Niederlassungen der Spedition auf insgesamt 17 RM400- und fuenf RM600-Systemen unter Sinix. Neben diesen Niederlassungen sind Kunden und weitere Spediteure online mit der Zentrale verbunden, so zum Beispiel

-die Henkel KGaA, die Rhein Chemie Rheinau, die Birkel Sonnen Bassermann GmbH, Vileda oder Aurora.

Ein weiterer Nutzen: Preise lassen sich individuell fuer jeden Kunden, Auftrag und Zielort ermitteln.

Das Unternehmen

Log Sped entstand 1981 als Kooperation und befindet sich heute zu 80 Prozent im Eigentum der Frankfurter AGIV Aktiengesellschaft fuer Industrie und Verkehrswesen; 20 Prozent haelt Karl-Martin Pfenning. 1995 realisierte das Unternehmen ueber 500 Millionen Mark Umsatz mit rund 3100 Beschaeftigten. Neben der Zentrale in Viernheim ist Log Sped an insgesamt 52 Standorten in Deutschland, OEsterreich, in der Schweiz und in Spanien vertreten. Insgesamt 590 Lkws sowie zusaetzlich zirka 1200 Fahrzeuge von Subunternehmern sind fuer den Anbieter unterwegs. Ausserdem unterhaelt das Unternehmen 350 000 qm gedeckte Lagerflaeche.