GEI Systemtechnik schließt Vernetzungsprojekt ab:

Heterogene Rechnerkulturen via LAN verknüpft

08.05.1987

Die Zahl der DV-Anwender, die mehr als ein Rechnersystem betreiben, wächst ständig. Damit entsteht jedoch sehr bald die Notwendigkeit, diese heterogenen Rechnerkulturen in irgendeiner Form zu verbinden. Im folgenden Bericht skizzieren Rudolf J. Resch und Peter Schmich* von der GEI, Systemtechnik in Ottobrunn anhand eines soeben abgeschlossenen Vernetzungsprojektes im eigenen Hause, wie "Profis", nämlich System- und Softwarehäuser, diese Aufgabenstellung bewältigen.

Auf seiten der EDV-Anwender sind Erfahrungen mit derartigen Projekten kaum verfügbar; andererseits ist eine tatsächliche Standardisierung der hierfür notwendigen Kommunikationstechnologien noch nicht erfolgt, so daß Vorhaben dieser Art natürlich eine Rolle grundlegender Fragen aufwerfen:

- Welche Hardware-Ressourcen sollen an das geplante Netz angeschlossen werden?

- Welche Aufgabenstellungen sind tatsächlich zu erfüllen (Dateitransfer, Kommunikation zwischen Anwenderprogrammen etc.)?

- Welche Unternehmensbereiche sollen Zugang zu diesem Netz haben?

- Welche Netzwerk-Konzepte und Technologien existieren?

- Welche Dienste sind innerhalb der jeweiligen Netzwerkumgebungen verfügbar?

Diese und weitere Fragen stellen sich viele Rechenzentren und Rechnerbetreiber, um die stark zunehmende Anzahl dezentraler Systeme sowohl im technisch-wissenschaftlichen als auch im kommerziellen Bereich in ein technisch und wirtschaftlich sinnvolles Konzept einzubinden.

In unserem Fall wurde folgendes Anforderungsprofil an das zu installierende Local Area Network (LAN) zusammengestellt:

* Vernetzung aller bei der GEI Systemtechnik vorhandenen Rechnersysteme mit unterschiedlichen Betriebssystemen

Celerity (Unix),

DEC-VAX (VMS),

Perkin-Elmer (OS/32),

Symbolics,

Apollo-Workstation,

Terminal-Server,

XT- beziehungsweise AT-kompatible Systeme;

* freier Zugang aller Terminal-Arbeitsplätze zu allen verfügbaren Computersystemen, um eine erheblich höhere Flexibilität im Rahmen kundenspezifischer Auftragsentwicklungen zu erreichen;

* bessere Demonstrations- und Beratungsmöglichkeiten beim Vertrieb des für CAD- und CAE-Aufgaben prädestinierten Hochleistungsrechners Celerity im Hinblick auf die Integration in heterogene Rechnerumgebungen.

Ausgehend von dem genannten Anforderungsprofil wurde folgendes Vorgehen für die Auswahl eines geeigneten Netzkonzeptes festgelegt:

- Bildung eines Teams, das sowohl für die Auswahl und Analyse der in Frage kommenden LAN-Technologien verantwortlich zeichnete wie auch für die spätere Installation.

- Kritische Untersuchung aller verfügbaren Netzwerk-Konzepte im Hinblick auf Zuverlässigkeit, Performance, Handling der sogenannten Arpa-Dienste und der Programmierschnittstellen aus der Sicht des täglichen Anwenders etc.

- Durchführen einer Probe-Installation zur Verifizierung der vorgenannten Kriterien, insbesondere, um das Verhalten des ausgewählten LANs bei unterschiedlicher Belastung analysieren und vermessen zu können.

- Definition und Installation eines betriebsweiten Netzes, das den aufgeführten Beurteilungskriterien standhält, jedoch auch einen weichen Übergang, das heißt unter

Beibehaltung der Netzhardware, zu den ISO-Diensten der Zukunft ermöglicht.

Unter den lokalen Netzen für die System-System-Kommunikation sind Koaxialkabel und Lichtleiternetze auf der Grundlage von Ethernet und ISO 8802/2, 8802/3 mit Abstand am weitesten verbreitet.

Die Zuverlässigkeit dieser auch Basisband-Netze genannten Übertragungsmedien ist einerseits durch die rein digitale Übertragung mit bis zu 10 MBit pro Sekunde, andererseits durch das Fehlen jeglicher zentraler Netzkomponenten sehr hoch. Basisband-Netze zeichnen sich durch hohe Flexibilität aus, da sie bei Verwendung von Kabeln gemäß Ethernet/IEEE 802.3 Type 10 Base 5 das Anschließen oder Abtrennen von Stationen am laufenden Netz erlauben sowie durch Segmentierung mit der Betriebsgröße wachsen können.

Darüber hinaus sind für diese LANs standardisierte - das heißt von den eingebundenen Rechnersystemen unabhängige - Netzwerkdienste verfügbar. Die größte Implementierungsbreite besitzen hier die MIL-Standards IP (Internet-Protokoll), TCP (Transmission-Control-Protokoll) und die sogenannten Arpa-Dienste FTP (File-Transfer-Protokoll = Dateiübertragung) und Telnet (Virtuelles Terminal). Sie entsprechen zusammen den Schichten 3 bis 7 des ISO/OSI-Referenzmodells.

Bedingt durch die eben genannten Faktoren lag es nahe, sich für eine Probe-Installation auf Basis von Ethernet-TCP/IP zu entscheiden.

Während dieses rund drei Monate dauernden Probebetriebes konnten eine Reihe weiterer sehr interessanter Erfahrungen gesammelt und technische Angaben verifiziert werden. Alle eingangs erwähnten Rechnersysteme konnten verhältnismäßig problemlos in die Netzwerkumgebung eingebunden werden.

Die hohe Konsistenz bei der Nutzung der Arpa-Dienste "Telnet" und "FTP", die trotz unterschiedlicher Betriebssystemumgebungen immer in für den Benutzer nahezu gleicher Form zur Verfügung stehen, trug zur positiven Beurteilung dieses LAN-Konzeptes bei.

Die effektiven Geschwindigkeiten, die während dieses Testbetriebes beim Dateitransfer zwischen den einzelnen Rechnersystemen erzielt werden konnten, lagen bei 40 bis 60 KByte pro Sekunde, wobei die Begrenzung nach oben durch die jeweilige CPU-Leistung bedingt war. Eine Überlastung des Netzes konnte praktisch nicht erreicht werden.

Zusätzlich zu den theoretischen Netzwerk-Kenntnissen konnte seit Einführung dieses LANs bei der GEI Systemtechnik die praktische Seite um wertvolle Kenntnisse ergänzt werden (zum Beispiel Aussagen bezüglich der Zuverlässigkeit von Netzwerken, Beurteilung der Performance, Handling der Arpa-Dienste). Die gewonnenen Erfahrungen mit Ethernet-TCP/IP waren sehr positiv, so daß inzwischen alle eingangs erwähnten Systeme eingebunden werden konnten.

In diesem Rechnerverbund funktioniert die Übertragung von Dateien zwischen zwei beliebigen Rechnern ebenso einwandfrei wie die Remote-Login-Funktion mittels Terminalemulation. Darüber hinaus werden derzeit für kundenspezifische Projekte verteilte Anwendungen realisiert. Diese basieren auf der Interprozeß-Kommunikation zwischen Anwendertasks auf verschiedenen Rechnern und unter verschiedenen Betriebssystemen. Hier bieten die für den Anwender zugänglichen Programmierschnittstellen der TCP/IP-Software ein relativ großes Maß an funktionaler Einheitlichkeit.

*Rudolf J. Resch ist Vertriebsleiter für den Supermini-Bereich, Peter Schmich ist verantwortlich für Projektabwicklungen und Inhouse-Systeme bei der GEI Systemtechnik in Ottobrunn bei München.