Hessen erlebt Desaster mit neuer Schulsoftware von CSC

14.09.2007
Das Kultusministerium hat eine für 20 Millionen Euro entwickelte Verwaltungssoftware an den Schulen installieren lassen, die nicht funktioniert.

Bereits seit dem vergangenen Schuljahr versuchen rund 2000 hessische Schule mit der neuen Schulverwaltungssoftware LUSD (Lehrer- und Schülerdatenbank) zu arbeiten. Bis heute ist sie jedoch unbrauchbar. Entwickelt wurde die Schulsoftware von CSC. Start der Konzeption und der Entwicklung war der 1. Juni 2006. Mit der Implementierung in den Schulen hatte CSC im Oktober 2006 begonnen.

Leidtragende der fehlerhaften Lösung sind vor allem die Sekretariate. Bislang erreichten mehr als 300 Beschwerden das Kultusministerium. "So viel Kaffee, wie man während der unendlichen Wartezeiten bei der LUSD-Bearbeitung trinken kann, verträgt kein Mensch", heißt es beispielsweise in einer der Protest-Mails, von denen einige auch bei der Landtagsfaktion der Grünen eingingen. Die Schulsekretärinnen monieren, dass "die neue LUSD den Schulen unausgereift aufgezwungen" worden sei. "Heute muss man sich erst anmelden, braucht ewige Zeit und viele Klicks, um das Gewünschte zu bekommen. Mein Gott, in dieser Zeit ist man zehn Mal zum Aktenschrank gelaufen und hat sich die entsprechende gute alte Schülerakte oder den nötigen Ordner herausgezogen!", schimpfte eine Anwenderin.

Die Grünen haben eine Stellungnahme vom Kultusministerium eingefordert. "Mit der unausgegorenen neuen Verwaltungssoftware hat Kultusministerin Karin Wolff die Arbeit an unseren Schulen weitgehend lahm gelegt", kritisierte der bildungspolitische Sprecher der Grünen, Mathias Wagner, in Wiesbaden gegenüber dem Hessischen Rundfunk. Die SPD-Fraktion ereiferte sich vor allem über die verfrühte Einführung der Software: "Für uns ist es völlig unverständlich, wie eine solcher Super-GAU passieren kann. 2.000 Schulen mit über 800.000 Schülerinnen und Schülern eignen sich nicht für Experimente", empörte sich die schulpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Heike Habermann.

Das Ministerium räumte Fehler ein. "Wir verstehen den Unmut der Schulen, auch wir hatten andere Erwartungen an das bestellte Produkt", sagte Ministeriumssprecherin Tatjana Schruttke. Jedoch könne ein System für mehr als 50.000 Lehrkräfte und 800.000 Schüler nicht ohne erhebliche Kraftanstrengung in die Praxis übertragen werden. Erst Mitte 2008 rechnet nun sie mit einem fehlerfreien Betrieb. In einem Schreiben an alle hessischen Schulen haben die Staatssekretäre Joachim Jacobi (Kultusministerium/CDU) und Harald Lemke (Finanzministerium/ parteilos) die grundlegende Überarbeitung des Systems angekündigt. "Das von der Entwicklerfirma CSC gelieferte System entspricht leider noch nicht dem, was Sie und wir an Funktionalität und Performance erwarten dürfen", heißt es darin.

Für die Landtagsfraktion der Grünen ist die Millionen-Investition in die nicht funktionierende Software eine gigantische Verschwendung von Steuergeld. Mit 20 Millionen Euro hätten 400 Lehrerinnen und Lehrer ein Jahr beschäftigt werden können, rechnet Wagner vor. Das Vertrösten der Schulen auf 2008 sei eine Unverschämtheit. "Die völlig genervten und überarbeiteten LUSD-Anwenderinnen und -Anwender brauchen jetzt eine Lösung und nicht erst in einem Jahr." Den Versuch, die Verantwortung für die Probleme allein auf die in Hessen ansässige Entwicklungsfirma CSC schieben zu wollen, bezeichnete Wagner als "schäbig". (jha)

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