Herstellerwechsel verlangt Kreativität vom Anwender

28.03.1986

Nicht immer verläuft ein System- und Herstellerwechsel in den DV-Abteilungen bundesdeutscher Unternehmen problemlos: Spezifische Anforderungen an die Systemsoftware und die Leistungsfähigkeit der neuen Systeme können dem Anwender eine ganze Menge eigener Kreativität abverlangen. Jedoch mit Hilfe eines "Anforderungskatalogs, der Punkte wie Kapazität, Leistung, Kosten und auch nicht quantifizierbare Merkmale beinhaltet", kann nach Ansicht von Erich Buckmüller, DV-Leiter bei den Bekleidungswerken Mustang in Künzelsau, eine klare Auswahl getroffen werden. Bei ihm erforderte aber

der zusätzliche Programmieraufwand die Zuhilfenahme von Spezialisten des neuen Herstellers. Diese Erfahrung hat auch Peter Lutze, DV-Leiter bei Landis & Gyr, gemacht: "Erst durch eine Neuinstallation hatten wir auch wieder die Performance, die wir uns vorgestellt hatten." Bei ihm gaben sowohl die zu langen Antwortzeiten bei der alten Anlage als auch der Kostenvergleich zu einer eventuellen Aufrüstung den Ausschlag zur Neuinstallation. Mit der Umstellung selbst gab sich Lutze in seinem Unternehmen zufrieden: Nach lediglich drei Stunden war durchweg alles gelaufen.

Peter Lutze

DV-Leiter, Landis & Gyr, Frankfurt

Vor rund drei Jahren standen wir vor dem Problem, eine IBM 4341 Modell 1 schnell aufrüsten zu müssen, und zwar deshalb, weil wir seinerzeit mit einer SAP-RM-Anwendungssoftware begannen. Wir hatten diese im April 1983 in die Produktion genommen und konnten damals den effektiven Leistungsbedarf dieser Software kaum einschätzen. Nach der Installation machte sich nämlich ein extremes Antwortzeitverhalten breit: Antwortzeiten von rund einer halben Minute waren da keine Seltenheit mehr.

Das Problem hierbei war auch, daß wir vorher nicht ausreichend untersuchen konnten, wie sich das Paket bei der Installation verhalten würde. Es hat uns also gewissermaßen "völlig hart getroffen". Wir mußten demnach sehr kurzfristig dieses 4341-System, das über 4 MB verfügte, aufbohren. Und genau an diesem Punkt ergaben sich - bedingt durch Lieferprobleme bei der IBM - Schwierigkeiten. Wir wollten auf das Modell 12 gehen, das aber so schnell nicht verfügbar war.

Da wir nun schon lange User von BASF-Equipment sind (wir benutzen seit einiger Zeit Platten und Bänder von diesem Anbieter), kam zwangsläufig dieser Hersteller auch erstmals ins Gespräch. Hinzu kam, daß innerhalb sehr kurzer Zeit geliefert werden konnte, und dies auch zu guten Konditionen. Der Entscheid zugunsten einer 7/65-Installation ist innerhalb von vier Wochen gefällt worden. Und in genau dieser Zeitspanne war die BASF auch in der Lage, die Hardware zu liefern und bei uns zu installieren.

Mit dieser Installation hatten wir dann auch wieder die Performance, die wir uns vorgestellt hatten - beziehungsweise jetzt eine Leistung zur Verfügung stehen, die noch etwas darüber hinausging. Es gab sowohl im technischen Service als auch in der Hardware generell bislang keinen Grund zur Klage bezüglich der BASF-Produkte. Dies war auch ein Kriterium, das für die Installation von BASF-Maschinen in unserem Hause sprach.

Der effektive Anstoß waren aber die sehr langen Antwortzeiten, die auf der IBM-Maschine spürbar waren. Zwar haben wir auch mit IBM-Beratern gesprochen, doch war unter dem Strich die komplette Neuinstallation eines anderen Systems auch von der Kostenseite her sinnvoller, verglichen mit einer eventuellen Aufrüstung der vorhandenen IBM-Anlage.

Die Umstellung selbst verlief erstaunlicherweise ohne jegliche Probleme: Die Maschine ist an diesem Tage heruntergefahren worden, und es dauerte rund drei Stunden, bis die neue Anlage installiert war. Anschließend wurde unser Betriebssystem OS geladen und daraufhin ein Test gefahren, der erfolgreich lief. Den Wechsel haben wir ganz allein bewerkstelligt, ohne irgendeine Beraterhilfe von außen. Unsere Selbständigkeit kommt uns sicherlich dabei zugute.

Zu einem späteren Zeitpunkt haben wir dann nochmals eine Änderung vorgenommen, und zwar auf der Softwareseite. Bei dieser Umstellung von OS auf MVS hatten wir jedoch auch von seiten der BASF eine umfangreiche Unterstützung erfahren. Diese Umstellung des Betriebssystems von OS auf MVS hatten wir allerdings erst 1984 in die Wege geleitet, weil dies zum Zeitpunkt der Hardware-Neuinstallation sicherlich zuviel Aufwand verursacht hätte.

Bei MVS kam - im Gegensatz zur Hardware-Änderung - verständlicherweise eine gewisse Mehrbelastung hinzu. Durch einen Engpaß bei der Systemprogrammierung waren wir auf die Mithilfe von BASF-Mitarbeitern angewiesen. Dabei konnten wir jedoch wiederum einen geringen Arbeitsaufwand hinsichtlich der Umstellung von OS auf MVS verzeichnen. Eine Kapazitätsüberlastung generell war aber keineswegs zu verspüren.

Erich Buckmüller

Leiter DV/Organisation, Mustang Bekleidungswerke, Künzelsau

Durch den "Jeansboom" Ende der 70er Jahre und die Aufwärtsentwicklung unserer Bekleidungswerke mußten wir unser 1975 installiertes Sperry-System 90/30 kontinuierlich ausbauen. Schon bald kam ein zweiter Rechner dazu. 1983 war es schließlich soweit: Die Leistungs- und Kapazitätsgrenze war erreicht. Hinzu kam, daß das bei uns eingesetzte DB-System auf den Nachfolgesystemen nicht mehr verfügbar war. Wir standen also vor der Tatsache, neue Hardware und neue Software zu installieren. Da auch unsere Anwendung funktionell aus den Nähten platzte, war der Zeitpunkt günstig, etwas Neues auf die Beine zu stellen. Wir erstellten einen Anforderungskatalog, der Punkte wie Kapazität, Leistung, Kosten, aber auch nicht quantifizierbare Merkmale enthielt. Aus einem selbst entwickelten Bewertungsverfahren kristallisierte sich unter zehn namhaften Anbietern Tandem als der Sieger heraus. Die von uns geforderten und sehr hoch bewerteten Eigenschaften waren:

- unbegrenzte Ausbaufähigkeit von Kapazität und Leistung,

- eine klare Betriebssystem- und Systemsoftwarestrategie mit modernen und komfortablen Komponenten sowie eine - hohe Verfügbarkeit und Ausfallsicherheit.

Zusammen mit dem neuen Partner wurde mit der Umstellungsplanung begonnen. Von vorneherein war klar, daß wir externe Programmunterstützung brauchen wurden, da die Mietbindung an Sperry im März 1985 endete. Die Hauptpunkte im Zeitplan waren: Schulung (5 Mann), Datenbankdesign, Installation der Entwicklungsrechner, Endausbau, Abbau der alten Systeme, Kauf und Installation von L/G- und Fibu-Standardsoftware sowie Neuprogrammierung beziehungsweise Programmübernahme.

Nach einer kurzen Schulungszeit (vier Wochen) und ersten Programmierversuchen sahen wir schon bald die Notwendigkeit, neue Programmierrichtlinien festzulegen, da Tandems Requester/Server-Prinzip nicht zum bisherigen Programmierstil paßte.

Der größte Teil der Anwendung wurde auf Basis der relationsorientierten Tandem-Datenbank unter Einbezug eines Data-Dictionary neu designt und entwickelt. Batch-Programme neueren Datums auf Isam-Basis konnten problemlos übernommen werden. Bei Dialog-Programmen war eine Neu-Programmierung nötig.

Infolge des Zeitdrucks konnte die Programmvorgabe und -abnahme nicht gründlich bewerkstelligt werden; es schlichen sich deshalb einige Fehler ein. Auch mußte für die externe Programmierunterstützung mehr Zeit aufgewendet werden, da die Problematik unseres Hauses nicht bekannt war.

Die tatkräftige Unterstützung seitens Tandem beschränkte sich auf Datenbankdesign, Systemgenerierung und Lösung aller Probleme rund um Hardware und Systemsoftware. Nach der termingerechten Übernahme aller Anwendungen konnten wir uns von der problemlosen Ausbaufähigkeit der Tandem-Systeme überzeugen. Der Speicherausbau war allerdings zu klein dimensioniert; wir hatten längere Antwortzeiten als zuvor.

Eine solche Umstellung belastet natürlich nicht nur die DV, die zwei Systeme betreuen muß, sondern auch die Fachabteilungen durch sich überlappenden Parallelbetrieb (laufende Saison mit Sperry, neue Saison mit Tandem). Trotzdem hielten sich die Überstunden in Grenzen, nur bei meiner Person - als zentrale Stelle - sammelten sich etwa 500 Überstunden in eineinhalb Jahren an. An Urlaub war nicht zu denken.

Resümee: Die Umstellung auf ein neues System wirkte selbstmotivierend. Jeder war mit Eifer bei der Sache, die neuen Möglichkeiten und Funktionen zu erlernen und einzusetzen. Der Anwendungsstau konnte teilweise mit der Neuprogrammierung abgebaut werden. Heute können wir sagen: Das System läuft rund, die Zufriedenheit ist wesentlich höher, und unser Ziel - eine beinahe hundertprozentige Verfügbarkeit für die Fachabteilung und damit einen hohen Service für unsere Kunden - wurde erreicht.

Detlef Tiedt

DV-Leiter, Masa Dekor GmbH, Dreieich

Der Einstieg in die Datenverarbeitung vollzog sich bei uns 1977 durch den Einsatz einer Nixdorf-8820-Magnetkontenmaschine. In erster Linie sollten damit Finanzbuchhaltung, später Lohn und Fakturierung sowie Statistik abgewickelt werden. Schon bald war es nötig - wegen des umfangreichen Handlings - eine Floppystation anzuschließen. Im Hinblick auf die weitere Entwicklung des Betriebes und die bei der 8820 begrenzte Einsatzfähigkeit für weitere Bereiche entschlossen wir uns 1980, ein größeres System anzuschaffen.

Beim gleichen Hersteller bot sich dann eine Maschine aus der 8870-Reihe an; diese konnte jedoch nach Vorführungen bei Anwendern nicht überzeugen: In einem DV-Raum hing ein durch Plattencrash zerstörter Schreib-/Lesekopf sowie die dazugehörige Platte an der Wand. Aus diesem Grunde wandten wir uns an die IBM, die uns die /34 anbot. Besuche bei Anwendern - teilweise auch ohne Vertriebsbevollmächtigte - vermittelten durchweg positive Einstellungen zu diesem System. Bei der Auswahl der entsprechenden Hardware mußten wir weiter berücksichtigen, daß außer für Buchhaltung sowie Lohn und Gehalt keine branchenspezifische Standardsoftware existierte. Eine Anpassung beziehungsweise Modifizierung vorhandener Standardprogramme an unsere Bedürfnisse wurde zudem als zu kostenintensiv und einengend verworfen.

Letztlich fiel die Entscheidung dann doch zugunsten der IBM /34, weil uns von diesem Anbieter ein Softwarehaus empfohlen werden konnte, das in der Lage war, unserem DV-Konzept entsprechend die nötigen Programme zu erstellen. Da diese Unternehmensberatung das von uns ausgewählte Buchhaltungspaket ("Ulmer Modell") sehr gut kannte, war die Umstellung zwar zeitintensiv, konnte aber in enger Zusammenarbeit mit der Fachabteilung relativ reibungslos abgewickelt werden.

Die Einführung des Paketes Lohn und Gehalt erfolgte mit der Unterstützung durch den Hardware-Anbieter, durch unser Beratungsunternehmen mittels Kursen der IBM und der Einarbeitung durch unsere DV-Abteilung.

Wie bei der Einführung dieser Standard-Software stellte sich später allgemein das Problem der Benutzerakzeptanz. Da die Programme für die restliche Organisation in enger Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen entwickelt wurden, konnte dieses Problem relativ leicht durch intensive Unterstützung unseres Softwarehauses beziehungsweise der DV-Abteilung überwunden werden.