BHW rüstet 1500 Außendienstler mit Beratungskoffer aus

"Herr Kaiser" berät seine Kunden zu Hause mit DV-Unterstützung

10.09.1999
Finanzdienstleister wie Banken und Versicherungen haben bei IT-Anwendungen im Vertrieb gleich mehrere Hürden zu überwinden. Eckhard Rahlenbeck* zeigt am Beispiel der BHW-Gruppe aus Hameln, wie IT die Mitarbeiter im Außendienst unterstützen kann.

"Wir wollen stark sein auf dem Sofa des Kunden", pointiert Rolf Berkefeld, bei der BHW Abteilungsleiter für Verkaufsprozesse, die Bedeutung der Außendienstmitarbeiter. 70 Prozent aller Beratungsgespräche führen die BHW-Außendienstler in vertraulicher Atmosphäre: in den vier Wänden ihrer Kunden. Dabei tritt die BHW, einer der führenden Baufinanzierer, mittlerweile als Mehrfinanzdienstleister auf. Sie ist der Rolle der klassischen Bausparkasse entwachsen und bietet jetzt auch Bankleistungen, Versicherungen und Immobiliengeschäfte an.

Entsprechend vielfältig sind die Themen der Beratungsgespräche:

Dazu gehört etwa in der Bausparberatung die Berechnung der Spar- und Tilgungsphasen unter Berücksichtigung verschiedener Zahlungsströme. Einbezogen werden unter anderem der Zuteilungszeitpunkt, die Sparrate, Sonderzahlungen, Tilgungsraten, steuerliche Vergünstigungen und staatliche Hilfen wie Wohnungsbauprämien und Arbeitnehmersparzulagen. Bei der konkreten Baufinanzierung fließen auch die gesetzlichen Einkommensgrenzen und die Angebote zu Darlehenszuschüssen einzelner Bundesländer ein. Lebensversicherungen inklusive Unfall- und Berufsunfähigkeitsversicherungen müssen ebenfalls detailliert beim Kunden vor Ort berechnet werden.

Aufgaben, die der Außendienstler heute nicht mehr ohne DV-Unterstützung erfüllen kann. Deshalb entschloß sich die BHW-Gruppe, unter Berkefelds Leitung das "BHW Agentursystem" (Ba- sys) einzuführen. Basys ist in die Geschäftsprozesse eingebunden und mit dem Datenbanksystem der Gruppe vernetzt. Als Basis für das System nutzt die BHW "Finas", eine Plattform für Customer-Relationship-Management (CRM), von der Münchner NSE Software AG. Sie produziert CRM-Lösungen bereits seit 20 Jahren. Finas hat mit über 100 000 Installationen bei mehr als 100 deutschen und zentraleuropäischen Banken, Sparkassen, Versicherungen und Bausparkassen den Rang eines Quasi-Standards für CRM am Point-of-Sale der Finanzwirtschaft erlangt.

Basys läuft mittlerweile auf über 1500 Laptops des Außendienstes, der das System als willkommenes Organisationsmittel angenommen hat. Das geht auf eine behutsame Einführungsphase mit Einbindung der Betroffenen zurück. Allerdings ist der Prozeß nicht abgeschlossen. Einmalige Schulungen der Vertriebsmitarbeiter, betont Berkefeld, reichen nicht aus, sondern es muß ein umfassendes Beratungskonzept greifen, das in diesem Jahr noch intensiviert wird.

Entsprechend geschult, erhalten die Verkaufsberater gegen eine monatliche Nutzungsgebühr ein mobiles PC-System, den sogenannten Beratungskoffer, zur Verfügung gestellt. Dieser sieht von außen wie ein gewöhnlicher Aktenkoffer aus, in seinem Inneren sind jedoch der Laptop "Scenic Mobile 510/700" von Siemens und ein Tintenstrahldrucker ("Canon BJ 30") montiert. Zudem beinhaltet er die Möglichkeit zum Anschluß an das ISDN-Netz, um Daten mit der Zentrale auszutauschen. Basys unterstützt die Kundenbeziehungen auf allen Ebenen, von den Pre-Sales- bis zu den Post-Sales-Prozessen.

Softwaremodule für die Vertriebsarbeit liefert die CRM-Finanzsoftware der NSE AG. Unter der Rubrik "Meine Kunden" findet der Vertriebsmitarbeiter seine Kundendaten. Dort kann er sie auch pflegen und neue Informationen erfassen. Vorgänge und Aktivitäten aus der Kundenbeziehung werden dokumentiert. Sie ergeben eine Kontakthistorie, die auch einem Kollegen schnell das Wissen über ihm bisher unbekannte Klienten vermittelt. Gerade Mehrfinanzdienstleister wie die BHW Gruppe sind darauf angewiesen, ihre Kunden und Interessenten möglichst genau zu kennen. So bietet Basys neben den Vertragsinformationen auch Auskunftsfelder über die sogenann- ten weichen Faktoren. Eine To-do-Liste hilft bei der täglichen Arbeitsorganisation, führt den Terminkalender und erinnert durch Wiedervorlagen. Nach Standardkriterien oder nach frei wählbaren Merkmalen können Kunden mit ihren Daten ausgewählt werden. Im Basys-Laptop der BHW sind Schnittstellen zur Textverarbeitung (Ausdruck von Einzel-, Serienbriefen, Etiketten) und zur Tabellenbearbeitung (Excel) integriert. Eine Telefonauskunft und Routenplanung runden den Funktionsumfang des Koffers ab.

Zugriffe auch auf zentrale Daten

Seinen Vorteil spielt Basys vor allem im Verbund mit den anderen IT-Systemen aus. "Der Außendienst will schließlich nicht nur wissen, was er in der Vergangenheit mit dem Kunden gemacht hat, sondern auch, welche Aktivitäten von unserer Hauptverwaltung ausgingen", erklärt Abteilungsleiter Berkefeld. Der Gesamtbestand der Daten liegt auf einem zentralen Unix-Rechner, den die BHW-Vertreter von ihrem Laptop oder ihrem Desktop im Niederlassungsbüro via ISDN-Verbindung erreichen. Sie können online genauso mit dem operativen System kommunizieren wie die Sachbearbeiter in der BHW-Zentrale. In diesem Jahr wird noch eine Marketing-Datenbank als Data-Warehouse speziell für Vertriebsanwendungen dem Bestandsrechner vorgeschaltet. Ihr fließen die vertriebsrelevanten aktuellen Daten aus allen Geschäftsteilen (Bank, Bausparkas- se, Versicherung, Immobiliengeschäft) zu. Sie soll auch mit dem Call-Center der BHW verbunden werden.

*Eckhard Rahlenbeck ist freier Journalist in Neckartenzlingen.

Abb.1: Koffersystem für den mobilen Aussendienst

Die Außendienstler des BHW können dem Kunden dank Koffersystem eine breite Servicepalette bieten. Quelle: BHW

Abb.2: DV-STruktur der BHW-Gruppe

Die Marketing-Datenbank ist eine der zentralen Ressourcen im BHW-Netz, auf die Vertriebsstellen wie mobile Außendienstler zugreifen müssen. Quelle: BHW