Kolumne

Herkules: Was lange währt, wird endlich schlecht

16.01.2007

Zumindest der Vertrag ist jetzt - nach acht Jahren - unterschrieben. Erledigt ist damit aber noch nichts, kein Uralt-PC ausgetauscht und keine Software erneuert. Dass allein die genaue Ausschreibung, das Finden der Konsortialpartner und die Gestaltung des Vertrages acht Jahre gedauert haben, spricht nicht gerade für Herkules (siehe Seite 5).

Zu allem Überfluss ist trotz der langen Verhandlungen und der 17 000 Vertragsseiten nicht klar abgegrenzt, was mit Herkules erledigt werden soll und was mit dem parallel laufenden und inzwischen ebenfalls um drei Jahre verspäteten SAP-Projekt, dass die SAP direkt betreut. Auch Herkules hat SAP-Bestandteile. Ebenfalls einigen Schweiß beim Ausmisten des Augiasstalles Bundeswehr-IT dürfte die Abstimmung der Konsortialpartner IBM und der SBS-Nachfolgerin Siemens IT Solutions and Services (SIS) kosten. So zeichnet IBM für Erneuerung und Betrieb der Rechenzentren, SIS für die dezentralen Systeme verantwortlich. IBM schafft Kommunikationsprogramme und Web-Anwendungen, SIS ist für das Daten-Management zuständig. Da scheint erhöhter Abstimmungsbedarf programmiert. Wie schwierig es werden kann, wenn sich zwei Partner ständig gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben, haben wir beim Maut-Debakel erlebt. Damals brauchte es einen Ausnahme-Manager vom Format des verstorbenen T-Systems-Chef Konrad Reiss, um das ständige Streiten zwischen Telekom und Daimler Chrysler zu beenden. Erschwerend kommt bei Herkules hinzu, dass SIS und IBM schon von der Konstruktion des Deals her unterschiedliche Interessen verfolgen. SIS ist neben dem Bund Hauptanteilseigner an der Betreibergesellschaft BWI, IBM besitzt nur 0,5 Prozent der Anteile, ist also hauptsächlich Lieferant. Ebenfalls projektbelastend kann sich die aus Bundeswehr, IBM und SIS zusammengewürfelte Belegschaft der BWI auswirken. So hat Klaus Hahnenfeld, der als CIO die Interessen der Bundeswehr in der Geschäftsführung der BWI vertritt, die eigentliche Herkules-Aufgabe zu erledigen.

Letztes, aber keineswegs kleinstes Hindernis stellt die inzwischen völlig unübliche lange Vertragslaufzeit dar. Zehn Jahre!

Alles zusammengenommen stehen die Aussichten für Herkules schlecht. Widerstreitende Interessen, unklarer Projektzuschnitt und die drohende Einmischung der Politik lassen einen Erfolg eher unrealistisch erscheinen.

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