Herkules soll Bundeswehr-IT ausmisten

07.02.2002
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) – Die „zivile“ Informations- verarbeitung der Bundeswehr schiebt einen Investitionsstau vor sich her, der hohe Wartungskosten verursacht. Um ihn abzubauen, wollen die Streitkräfte große Teile der IT-Aufgaben einem Joint Venture anvertrauen, an dem der Staat nur zu 49 Prozent beteiligt ist.

Was sich die Bundeswehr für die kommenden Jahre vorgenommen hat, rechtfertigt den Namen des Vorhabens. In der Industrie als „XXL“ bekannt, läuft es intern unter der Bezeichnung „Herkules“. Der namensgebende Halbgott zeichnete sich in der griechischen Mythologie unter anderem dadurch aus, dass er den Stall des Königs Augias ordentlich ausmistete.

Übertragen auf die Bundeswehr bedeutet das beispielsweise, etwa 250 kaufmännisch-administrative Einzelapplikationen an 700 in- und ausländischen Standorten durch einheitliche SAP-Software abzulösen – „damit wir nicht in ein paar Jahren nur noch mit der Pflege der Altanwendungen befasst sind“, wie Klaus Hahnenfeld erläutert. Der Ministerialdirigent im Bundesverteidigungsministerium fungiert seit Mitte 2000 als IT-Direktor der Bundeswehr und ist mit einem Stab von 52 Mitarbeitern ausgestattet.

Den Gedanken, die betriebswirtschaftliche Standardsoftware für 45000 Anwender in Eigenregie zu implementieren, verwarf der IT-Stab rasch als zu riskant. Darüber hinaus wollen die IT-Anwender im Tarnanzug beispielsweise die Vielzahl von unterschiedlich gestalteten Liegenschaftnetzen (die private „letzte Meile“ bis zur Steckdose am Arbeitsplatz) einheitlich oder zumindest übersichtlich verdrahten lassen.

Initialzündung für Herkules war der im Dezember 1999 geschlossene Rahmenvertrag zwischen dem Verteidigungsminister und zahlreichen deutschen Wirtschaftsunternehmen, der unter der Überschrift „Innovation, Investition und Wirtschaftlichkeit in der Bundeswehr“ bekannt wurde. Er zielt unter anderem auf die Zusammenarbeit von öffentlichen und privaten Organisationen ab. Das Schlagwort dafür heißt Konzentration auf die Kernfähigkeiten.

Scharpings Vorgaben will Hahnenfeld auch auf der IT-Seite umsetzen: Selbstverständlich gibt es IT-Bereiche, die zur Kernkompetenz der Bundeswehr zählen und nach wie vor in Eigenregie erledigt werden müssen. Doch beim Betrieb des operativen Rechenzentrums und der zivilen Kommunikationsnetze sowie bei der Einführung von SAP R/3 sieht der IT-Stab keine Hindernisse für eine Verlagerung der Verantwortung an die Industrie. Ebenso wenig beim Support der 140000 Desktops einschließlich der Helpdesk-Aufgaben sowie beim Betrieb des E-Mail-Verkehrs.