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Herkules nimmt letzte Hürde

13.12.2006
Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat das Herkules-Vorhaben trotz aller Kritik gebilligt. Damit gibt das Parlament den Weg für das rund 7,3 Milliarden teure IT-Projekt der Bundeswehr frei.

Das Herkules-Projekt hat heute in seinem zweiten Anlauf den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags passiert. Ende November hatten die Parlamentarier überraschend ihre Entscheidung über das gigantische Outsourcing-Vorhaben vertagt. In dem rund 18 000 Seiten umfassende Vertragswerk gebe es noch Schwächen, hatte es damals geheißen. Kritisiert wurde in erster Linie, dass der Bund mit nur drei Sitzen im 21-köpfigen Aufsichtsrat der geplanten IT-Gesellschaft "BWI Informationstechnik GmbH" vertreten sein soll. Ferner müssten an dem Milliarden-Vorhaben auch mittelständische Unternehmen stärker beteiligt werden. Dies werde in dem Vertragswerk von Seiten der beteiligten Dienstleistungsunternehmen IBM und Siemens Business Services (SBS) nicht garantiert, monierten die Politiker.

Mit dem Projekt Herkules will das Bundesverteidigungsministerium Kommunikations- und IT-Ausstattung der Bundeswehr auf den neuesten Stand bringen. Dazu soll eigens die BWI gegründet werden, an der der Bund 49,9 Prozent halten wird. Die restlichen Anteile gehen zu 50,05 Prozent an SBS und zu 0,05 Prozent an IBM. Rund 7,3 Milliarden Euro soll Herkules über eine Laufzeit von zehn Jahren kosten.

Allerdings bekam das Vorhaben in den vergangenen Jahren zunehmend Schlagseite. Bereits seit 1999 diskutieren Politik und IT-Wirtschaft über Herkules. Bis 2004 favorisierten die Verantwortlichen im Verteidigungsministerium ein Konsortium aus CSC, Mobilcom und EADS. Nachdem dieses Isic-21-Konsortium schon den Zuschlag erhalten hatte und zunächst ein Vertragsvolumen von 6,5 Milliarden Euro ausgehandelt worden war, versuchten die Industrieunternehmen, weiter zu schachern und einen höheren Preis herauszuschlagen. Daraufhin stellten die Politiker die Verhandlungen ein und das konkurrierende Konsortium aus IBM und Siemens kam zum Zug (siehe auch: Bundeswehrprojekt Herkules mit Isic-21-Konsortium gescheitert). Im Sommer dieses Jahres hieß es, der Herkules-Vertrag sei unterschriftsreif (siehe auch: Bundeswehrprojekt Herkules ist nach knapp sieben Jahren unterschriftsreif).

Um mit Herkules nicht vollends zum Gespött der deutschen IT-Szene zu werden, wollen die Verantwortlichen im Verteidigungsministerium das Projekt nun im Eilverfahren durchdrücken. Nachdem der Verteidigungsausschuss bereits sein Plazet gegeben hatte, stimmte nun auch der Haushaltsausschuss dem milliardenschweren Vorhaben zu.

Kritik schien dabei allerdings unerwünscht. Gesine Lötzsch, stellvertretende Vorsitzende und haushaltspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke, kritisierte, dass es das Verteidigungsministerium schriftlich abgelehnt habe, in der entscheidenden Sitzung Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei öffentlich-privaten Partnerschaften zu diskutieren. Dabei gibt es erhebliche Bedenken in dieser Hinsicht. So hatte erst im vergangenen November der Bundesrechnungshof einen Sonderbericht vorgelegt, wonach bis zu einer Milliarde Euro gespart werden könnte, wenn das IT-Projekt in Eigenregie gestemmt würde. Angeblich kommen auch die Buchhalter des Ministeriums zu dem Ergebnis, dass die Gesellschafterlösung 359 Millionen Euro teurer kommt, als eine rein staatliche Lösung, heißt es.

Darüber hinaus könnte die Bundeswehr die Modernisierung ihrer IT noch teurer kommen als die bislang anvisierten 7,3 Milliarden Euro. Im Ausnahmefall sei in den Verträgen vorgesehen, die Vergütung anzupassen, hieß es im Sommer dieses Jahres. Damit sind weitere Kostensteigerungen nicht ausgeschlossen (siehe auch: Bundeswehrprojekt Herkules wird teurer).

"Das Verteidigungsministerium begibt sich in eine überteuerte Abhängigkeit", lautet das Fazit der Bundestagsabgeordneten Lötzsch. Herkules werde weit über das Jahr 2015 hinaus für Siemens und IBM eine sichere Bank sein. "Es ist skandalös, dass das Verteidigungsministerium versucht, das Gespräch über die grundsätzliche Kritik des Bundesrechnungshofes an Herkules abzuwürgen."

Nachdem Herkules den Haushaltsausschuss erfolgreich passiert hat, steht einer Vertragsunterzeichnung von politischer Seite nichts mehr im Wege. Theoretisch könnte der Deal jedoch noch platzen. Dann nämlich, wenn das vor zwei Jahren ausgeschiedene Konsortium Isic 21 Widerspruch einlegt. Dieser müsste untersucht und verhandelt werden. Sollte dem Einspruch stattgegeben werden, müsste das Vorhaben neu ausgeschrieben werden. Damit dürfte Herkules zumindest in der bislang geplanten Form endgültig die Kraft ausgehen. Bislang deutet allerdings nichts darauf hin, dass die ehemaligen Bieter das Projekt kurz vor der Vertragsunterzeichnung torpedieren. (ba)