Neue Form des User-Support kann sich nur mühsam behaupten:

Help Desk wird als Stielkind behandelt

18.09.1987

NEWBURY (CW) - Die DV-Szene ist um ein Schlagwort reicher: "Help Desk" heißt die neue Form der Benutzerunterstützung, die im englischsprachigen Raum kreiert wurde und jetzt auch auf dem europäischen Kontinent Freunde finden soll. In seiner Studie "The Help Desk in Practice" hat das britische Marktforschungsinstitut Xephon, Newbury/Berkshire, die bisherigen Erfahrungen der Anwender mit diesem Konzept analysiert.

Die Help Desk fungiert als zentrale Anlaufstelle für die Benutzer, wenn Probleme mit der unternehmenseigenen DV auftreten. Für den Anwenderbetrieb, so das Ergebnis der Untersuchung, bringt diese Lösung einen doppelten Nutzen: Zum einen finden User, die sich nicht mehr zu helfen wissen, bei der Servicestelle einen kompetenten Ansprechpartner; dieser ist nicht nur versiert im Umgang mit Benutzern, sondern kann sich auch Zeit dafür nehmen, ihren Problemen nachzugehen. Zum anderen können sich die DV-Mitarbeiter, die nicht der Help Desk angehören, ungestört ihrer üblichen Arbeit widmen und folglich wesentlich mehr Produktivität entfalten.

Diesem Idealfall steht nach Ermittlung der Xephon-Analysten allerdings eine weitaus weniger attraktive Realität gegenüber: In vielen Unternehmen sehen sich die DV-Profis aus dem Bereich User-Support mit Gleichgültigkeit oder gar Skepsis konfrontiert. Um die Funktionsfähigkeit der Help Desk zu gewährleisten, müßte jedoch logischerweise ein enger Kontakt mit den Benutzern gegeben sein.

Auch ist bei 70 Prozent der von Xephon befragten Anwenderbetriebe (insgesamt 81) die zentrale Servicestelle nur zeitweise besetzt, und die Mitarbeiter müssen noch weitere DV-Aufgaben übernehmen. Mehr als 40 Prozent der Unternehmen, so verdeutlicht die Studie, schulen ihr Help-Desk-Team nicht für sein neues Tätigkeitsfeld. Und weniger als zehn Prozent der Arbeitsgruppen verfügen über ein separates Büro. Last but not least fehlen oft geeignete SW-Tools, die die Fehlerdiagnose im Hardware-, Netzwerk- und Anwendungssoftware-Bereich wirkungsvoll unterstützen. All diese Faktoren tragen nach den Ermittlungen von Xephon dazu bei, daß die neue Form des User-Support ihr eigentliches Potential nur schwer entfalten kann.

Hinzu kommt, daß die Kosten für eine solche Serviceorganisation relativ hoch sind; viele Unternehmen können sich deshalb nicht entschließen, die Help Desk auch unter finanziellen Aspekten toll zu unterstützen. Eine mangelhafte Budgetplanung setzt diesem halbherzigen Commitment dann meist noch die Spitze auf: Mehr als 90 Prozent der befragten Anwenderbetriebe hatten es unterlassen, die voraussichtlichen Aufwendungen für die Help Desk schon vorab zu kalkulieren.