Heiße Messeluft

16.10.1987

Messe-Marketing ist Glückssache. Nun könnte es einem neutralen Beobachter, der die Interessen der Anwender vertritt, ja schnurzpiepegal sein, welcher deutsche Messe-Manager die besten Beziehungen zu Frau Fortuna besitzt. Doch so einfach sollte man es sich nicht machen. Es stimmt zwar, daß sich ein Teil der Computerindustrie vom Messe-Gigantismus distanziert. Größenwahn, die Eitelkeit der Aussteller-Schickeria, ist aber nur ein Aspekt. Viele haben erkannt, daß sie im Messegeschäft ohne Konzepte nicht mehr vorankommen.

Nur sieht die Realität heute immer noch anders aus. Trotz Messe-Inflation und zum Teil ruinösem Wettbewerb haben die Veranstalter der Münchner Systems - was die Ausstellerseite betrifft - ihr Haus voll bekommen. So darf man vorerst behaupten, daß vernünftige Ansätze zu einer neuen Messe-Strategie nicht auszumachen sind.

Was soll man beispielsweise davon halten, daß die Münchener Messegesellschaft die Systems von DV-Exponaten für die Fertigung freihalten will, um ihr jüngstes Kind, die Systec, hochzupäppeln? Die Begründung klingt alles andere als überzeugend: Es gäbe nun mal die Trennung von Fabrik und Büro. Diese Behauptung, die das Teilungskonzept stützen soll, wird indes durch die Anwender-Realität widerlegt: Büro ist Betrieb - und umgekehrt - , überall dort, wo Entscheidungen fallen. So ist die künstliche Trennung von Büro und Produktion im DV-Alltag längst überwunden worden.

Dann sollte die Messegesellschaft aus der Systems-Positionierung aber auch keine Staatsaktion machen. Die Systems konnte nicht mehr weiterwachsen - also wurde die Systec als Überlaufbecken geschaffen. Die großen Aussteller, die das CAD/CAM-Ausgrenzungsgebot ohnehin mißachten, ziehen mit - ein Machtkampf, sonst gar nichts, über die Köpfe der Anwender und der kleinen Ausstellerfirmen hinweg. Man komme uns nicht mit Messe-Wahrheiten.