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Heftige Kritik an der Uni-Ausbildung von IT-Profis

27.09.2007
"An der Praxis vorbei" – so lautet das harsche Urteil von Alexander Zinn, Geschäftsführer der T & A Systeme in Hattingen. In einer Pressemitteilung macht sich der Unternehmer Luft: Die "tatsächlichen Herausforderungen im Berufsalltag" könnten Universitäts- und Fachhochschulabsolventen nicht bewältigen.

"Wir haben in Deutschland das Problem, dass die Ausbildung an Universitäten und Fachhochschulen viel zu theoretisch ist und an den tatsächlichen Herausforderungen im Berufsalltag vorbeigeht", mahnt Zinn, dessen Unternehmen sich mit Netzwerk-Management und Prozess-Integration befasst. "Im Rahmen unserer Bewerbungsverfahren stellen wir den Kandidaten in Fachtests technische Fragen, die einen starken Bezug zu realen Projekten haben. Die Durchfallquote liegt bei 80 Prozent", bilanziert der T & A-Chef. Dies erkläre auch, warum im Zusammenhang mit komplexen IT-Projekten immer wieder von Problemen und Verzögerungen zu hören ist - "oft reicht einfach das theoretische Wissen nicht aus", meint Zinn.

Der Unternehmer appelliert an die Hochschulen, IT-Kräfte praxisorientiert auszubilden. Es gehe nicht an, dass jemand mit einer vollständigen beruflichen Qualifikation bei seinem Arbeitgeber "quasi wieder bei Null anfängt und dieser viel Zeit und Geld aufwenden muss, um den neuen Mitarbeiter fit für den beruflichen Alltag zu machen." Geradezu "sträflich vernachlässigt" werde neben der fachlichen Qualifikation auch die "soziale beziehungsweise kommunikative Kompetenz", ohne die man im Berufsalltag nicht bestehen könne. In der Praxis sei der reine Techniker mittlerweile nicht mehr gefragt: "Kunden verlangen Spezialisten, die auch intermediär arbeiten und sich rasch in die Unternehmensabläufe und -strukturen hineindenken können", so Zinn. Daran hapere es häufig, weil die IT immer noch isoliert betrachtet werde und nicht als integrativer Bestandteil sämtlicher betrieblicher Prozesse.

Ohne Praxisorientierung und soziale Kompetenz – Alexander Zinn geht mit dem Informatiknachwuchs hart ins Gericht.
Ohne Praxisorientierung und soziale Kompetenz – Alexander Zinn geht mit dem Informatiknachwuchs hart ins Gericht.
Foto: T&A Systeme GmbH

Die Kandidaten selbst fordert Zinn dazu auf, sich früher Gedanken darüber zu machen, welche Position sie im späteren Berufsleben bekleiden wollen und wie dieses Ziel am besten zu erreichen ist. "Viele Schulabgänger haben heute nur eine nebulöse Vorstellung von dem, was sie einmal beruflich machen wollen. Deshalb studieren sie nicht mit vollem Einsatz, wechseln das Fachgebiet oder brechen ganz ab." Um sich in komplexen Netzwerk-Infrastrukturen bewegen zu können, müssten die Mitarbeiter aber mit vollem Herzen dabei sein und die Bereitschaft haben, "nachts aufzustehen, um ein Problem zu lösen."

Der T&A-Chef kritisiert die angebliche Tendenz, dass IT-Absolventen unmittelbar nach dem Abschluss eine Position bei einem großen und bekannten Unternehmen anstreben. "Ausschlaggebend mögen hierfür ein gestiegenes Sicherheitsbedürfnis und die Aussicht auf ein höheres Gehalt sein", mutmaßt Zinn. Der Unternehmer, der offenbar nicht die richtigen Leute findet, versucht diese Argumente zu entkräften: "Gerade ein mittelständischer Unternehmer legt sehr viel Wert auf Sicherheit, da er bei einem Scheitern des Unternehmens selbst die Konsequenzen tragen muss. Und das Gehalt hängt von der Anzahl und Zufriedenheit der Kunden ab - das ist bei den Großen nicht anders als bei den Kleinen." (hv)