IFA

HDTV - Hürdenlauf um Verschlüsselung

26.08.2009
Viele Jahre Entwicklungszeit hat es gekostet, nun sind die ersten Probeläufe für das Fernsehen in hoher Auflösung am Start.
ARD und ZDF berichteten von der Leichtathletik-WM in Berlin in HD.
ARD und ZDF berichteten von der Leichtathletik-WM in Berlin in HD.
Foto: AP

Die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten strahlten bereits zur Leichtathletik-WM in Berlin erste Sendungen mit gestochen scharfen Bildern in HD aus. Und die IFA in Berlin wird mit dem Satellitenbetreiber Astra einen Demo-Kanal über die Highlights der Messe in HD senden. Doch vor die schöne neue Fernsehwelt werden für den Verbraucher derzeit erst einmal Mauern aufgezogen. Die geplante Verschlüsselung von Programm-Angeboten und neue technische Standards könnten die Fernsehzuschauer schnell auf einen Hürdenlauf schicken.

Das Kürzel HDTV (High Definition Television) steht auf der IFA in Berlin für eine der großen Publikumsattraktionen und die Hoffnung der Industrie. Mit Hilfe neuer technischer Standards wollen aber zumindest die privaten Sender ihre HD-Programme nur verschlüsselt ausstrahlen. Die Sendeanstalten werden künftig darüber entscheiden, unter welchen Bedingungen der Zuschauer einen Film ansehen sowie in welcher Qualität und ob er sie aufnehmen darf.

Voraussetzung für den Empfang der Programme in hoher Auflösung soll eine Settop-Box mit sogenannter CI-Plus-Schnittstelle sein. Über den dort integrierten Schutzmechanismus lässt sich die Kopier-Fähigkeit sogar einzelner Filme bestimmen. Und die Sender werden vermutlich auch alles dafür tun, dass sich ihre Werbung nicht mehr überspringen lässt, sagt Helmut Stein von der Deutschen TV-Plattform.

Der "vermeintliche Verbraucherschreck CI Plus" (Zitat Deutsche TV-Plattform) könnte damit vielen Besitzern moderner HD-Aufzeichnungsgeräte wie Blu-ray-Rekorder einen Strich durch die Rechnung machen. Es stelle sich tatsächlich die Frage, ob Festplattenrekorder auf lange Sicht damit überflüssig werden könnten, sagt Martin Beckmann von Sharp.

Der Kopierschutz sei allerdings die Grundvoraussetzung für die Sender gewesen, ihre Inhalte überhaupt in der hohen Qualität auszustrahlen, sagt Silke Goedereis von der Astra-Tochter HD+ GmbH. Wann und ob überhaupt ein Kopierschutz zum Einsatz komme, sei aber noch längst nicht geklärt. Volker Blume von Philips erwartet, dass über CI Plus auch das für das zeitversetzte Fernsehen genutzte "time shift" vermutlich auf 90 Minuten zeitlich limitiert werden dürfte. "Vor allem die großen Hollywoodstudios sind mit ihren Lizenzvereinbarungen sehr restriktiv", sagt Blume.

Unter den Privaten werden als erste RTL und Vox ab November ihre Programme zunächst über das Satelliten-Netz von Astra hochauflösend ausstrahlen, später wollen ProSieben, Sat.1 und Kabel Eins folgen. Mit dem neuen Fernsehen in schärferer Bildauflösung kommen für die Zuschauer aller Voraussicht nach aber auch zusätzliche Kosten ins Haus.

Speziell für die neuen HD-Kanäle hat Astra die Vertriebsplattform HD+ entwickelt, über die künftig auch Gebühren erhoben werden können. Über einen Kartenslot an der den Standard HD+ unterstützenden Settop-Box soll man die Kanäle freischalten können. Dem Zuschauer stehe aber schließlich frei, in welcher Qualität er künftig fernsehen wolle, sagt Stein. "Er muss ja nicht im Sternerestaurant essen, er kann ja auch zu McDonald's gehen."

Viele Fernseher sind längst hochauflösend - allein, es fehlen die passenden Sendungen.
Viele Fernseher sind längst hochauflösend - allein, es fehlen die passenden Sendungen.
Foto: IFA

Die Fernsehsender koste der Umstieg auf das neue HD-Fernsehen und die neuen Produktionstechniken enorme Investitionen. Allein die öffentlich-rechtlichen Sender dürften bis 2012 mit Mehrkosten in Höhe von rund 250 Millionen Euro rechnen. "Die Privaten müssen diese Kosten auch wieder hereinbekommen." Nach aktuellem Stand planen die Sender allerdings, die Programme zunächst für ein Jahr kostenlos auszustrahlen. Was später an monatlichen Paket-Preisen anfallen könnte, ist noch längst nicht geklärt. Das "Handelsblatt" hatte zuletzt von 4,50 Euro berichtet, die im Monat für den Empfang des Programmpakets fällig werden dürften.

Letztlich könne eine kostenpflichtige Ausstrahlung für die Privatsender allerdings problematisch werden, schätzt Blume. Nach einer Umfrage seien zum Beispiel 80 Prozent der Kabel-Kunden zufrieden mit dem analogen Sendesignal. Für ein kostenpflichtiges Angebot müssten die Zuschauer von einem entsprechenden Mehrwert erst einmal überzeugt werden. Auch frühere Ambitionen des Satelliten-Betreibers Astra, über die Plattform Entavio TV-Programme zu verschlüsseln und den Empfang kostenpflichtig zu machen, seien schon gescheitert.

Für die neuen HD-Inhalte müssen die Verbraucher ohnehin erst ihre Receiver für CI Plus und HD+ tauglich machen oder eine neue Settop-Box kaufen. Erste entsprechende Geräte werden aller Voraussicht nach frühestens im Oktober verfügbar sein. (dpa/tc)