Honeywell-Großrechner in Parallelaktion weltweit vorgestellt:

HB-Jumbo stößt in IBM 308X-Bereich vor

22.10.1982

KÖLN (hh) - Als "Top-of-the-Iine"-Modell hat die Honeywell-Gruppe jetzt den Großrechner DPS 88 (Codename: Orion) weltweit angekündigt, der zunächst In einer Uniprozessor- und in einer Doppelprozessor-Version angeboten wird. Das Monosystem DPS 88/81 liege mit einer Leistung von sieben Mips im Bereich oberhalb der IBM 3083 B. Mit einer Instruktionsrate von 14 Mips bewege sich der Dual-Prozessor 88/82 im Leistungsspektrum der 3081 K. Das aktuelle Jumbo-Annoucement gilt nach Angaben der Honeywell Bull AG in Köln auch für Deutschland; erste Auslieferungen sollen im vierten Quartal 1983 erfolgen.

Das mit allen Hardwareoptionen knapp vier Tonnen schwere Mono-Prozessor-System DPS 88/81 besitzt eine Hauptspeicherkapazität von 16 bis 64 Megabyte. Mit dem vorgesehenen Ein-/Ausgabeprozessor lassen sich bis zu zwei Kanalanschlußeinheiten verbinden. Sie unterstützen 62 bis 126 logische Kanäle und 10 bis 40 physische. Die Transferleistung des I/O-Prozessors wird mit 48 Megabyte je Sekunde angegeben.

Im Vergleich zum System DPS 8/70 weist diese Rechnerkonfiguration eine drei- bis vierfache Leistung auf.

Der Jumbo kann mit Magnetplatten- und Magnetbandprozessoren zur Laufwerksteuerung bestückt werden, die die virtuelle Speicherkapazität des Rechners nach Honeywell-Berechnungen auf höchstens acht Billionen Bytes bringen.

Die Dual-Prozessor-Version DPS 88/82 speichert bis zu 128 Megabyte im Main Memory. Die maximal anschließbaren zwei I/O-Prozessoren verdoppeln die Transferrate auf 96 MB pro Sekunde. Vier mögliche Kanalanschlußeinheiten sorgen für bis zu 252 Kanalanschlüsse (Slots) und 10 bis 80 physische Kanäle.

Von der Architektur her ist der neue Großrechner DSA-kompatibel (DSA: Distributed Systems Architecture). Damit ist der Zugang sowohl zu "kleineren" Honeywell-Systemen (DPS 8) als auch zu den Front-End-Netzwerkprozessoren des Unternehmens gegeben. Eine volle Kompatibilität zur DPS 7 bestehe nicht.

Der Anwender könne durch ein Field-upgrade vom Monoprozessor-System 88/81 auf das Dualsystem 88/82 umsteigen, erläutern die HB-Verantwortlichen. Zur Leistungsabgrenzung erklärt Carl Hast, Leiter des Produktmarketings für Groß-und Größtsysteme in Köln, daß die 88/82 "in ihren Merkmalen" an die IBM 3081 K heranreiche (siehe Tabelle).

Die externe Architektur des Jumbos sei analog der DPS 8 gestaltet, so daß eine Hochrüstung auf vier Prozessoren realisierbar sei. Diese Ausführung sei zwar von dem Unternehmen nicht explizit angekündigt, jedoch würde man mit einem solchen Schritt in Leistungsbereiche der IBM 3084 vorstoßen.

Die Beschränkung auf 128 MB Hauptspeicher und zwei Prozessoren werde momentan noch von den 64-Bit-Chips vorgegeben. Chip-Design, Entwicklung, -Fertigung und -Produktionsverfahren stammten ausschließlich aus Honeywell- und Honeywell-Bull-Laboratorien, erläutert Hast.

Beide DPS 88er-Versionen sind nach dem "Micropack"-Verfahren gefertigt. Hierbei lassen sich nach Aussage des Produktmanagers zwischen 60 und 110 Chips auf ein mehrschichtiges Substrat packen.

Gekühlt werde der Prozessor mit destilliertem Wasser. Die aufgenommene Wärme kann an den RZ-Wasserkreislauf oder mit entsprechenden Zusatzgeräten über Wärmetauscher an die Luft abgegeben werden.

Zur Frage der Kompatibilität erklärt Hast, daß der Rechner eine "Multidecor-Maschine" sei, die es durch einen sogenannten "Hyperswitch" erlaube, auf verschiedene Betriebssysteme umzuschalten. Angekündigt sei derzeit das Betriebssystem GCOS 8 für den Jumbo - das gesamte Online-Test- und Diagnostiksystem funktioniere aber wie ein eigenständiges Betriebssystem. Daß das "Über"-Betriebssystem Multics, eine Art Honeywell-VM, später auf das neue Flaggschiff übernommen werde, mochte Hast weder bestätigen noch dementieren.

Eine Übernahme fremder Betriebssysteme sei zwar grundsätzlich möglich, räumt der Kölner ein, aber in absehbarer Zeit nicht geplant.

Über den Kaufpreis der DPS 88 konnten bis Redaktionsschluß noch keine definitiven Angaben gemacht werden, was Hast bedauert. Er gehe jedoch davon aus, daß man mit Größenordnungen zwischen fünf Millionen Mark für eine Grundkonfiguration der DPS 88/81 und 15 Millionen Mark für die DPS 88/82 in einer hohen Ausbaustufe rechnen müsse.