Roland Krieg x Fraport Top-Ten x IT-Executive des Jahres

Hattrick mit Hektik

03.11.2005
Zum dritten Mal zählt Roland Krieg von Fraport zu den besten zehn CIOs des Jahres. 2005 weist er als besonderen Erfolg ein Outsourcing-Projekt vor.

Roland Krieg kommt gerade von einem Vortrag beim internationalen Mangement-Treffen der Gedas AG. Seit 100 Tagen läuft das Gemeinschaftsunternehmen mit dem Gedas-Systemhaus von VW. Dessen Bereich Operational Services hat sich auf zehn Jahre mit den Betreibern der Fraport-IT verheiratet. Gedas OS heißt das neue, je hälftig finanzierte Joint Venture, in das ab dem 1. Januar 2006 auch die Gedas-Mitarbeiter offiziell integriert werden. Noch könnte Krieg wieder aussteigen. Seine gute Laune verrät jedoch, dass er die vertragliche Notbremse nicht ziehen wird. "Die Partnerschaft funktioniert", meint der Senior Vice President Information and Telecommunication nach kurzem Überlegen: "Die Transitionsphase ist überwunden."

Zur Person

• seit 1997 CIO der Fraport AG;

• 1995 bis 1997 Prokurist und Betriebsstättenleiter der IBO, einer IBM-Tochter im Outsourcing-Bereich;

• 1985 bis 1995 Mitarbeiter, später IT-Leiter des Maschinenbauers Lurgi AG;

• 1980 bis 1985 wissenschaftlicher Mitarbeiter der GSI in Darmstadt;

• Studium der experimentellen Kernphysik.

Krieg redet die Dinge nicht schön. Natürlich hat das Auslagern des IT-Betriebs bei Fraport zunächst für Unmut gesorgt. Längst nicht alle 120 betroffenen Mitarbeiter sind das neue Vertragsverhältnis eingegangen. 30 von ihnen haben gegen den Übergang gestimmt. "Die werden dem Joint Venture jetzt beigestellt", erklärt Krieg. Einige gingen bald in Ruhestand. "Und einige sind natürlich auch grundsätzlich dagegen." Deswegen wird Krieg seine Strategie jedoch nicht ändern. Um die Einsparziele im laufenden Betrieb zu erfüllen, bleiben ihm nur radikale Maßnahmen wie das Auslagern. Um zehn Prozent hat er die spezifischen Kosten für Rechenzentrum, Netzwerkbetrieb und Service Desk seit 2003 bereits gesenkt. Angestrebt sind jedoch mehr als 25 Prozent. "Das ist herausfordernd, aber in der Partnerschaft mit Gedas können wir das."

CIO des Jahres wird man jedoch nicht für erfolgreiches Sparen. Krieg hat es bei aller Kosteneffizienz immer noch geschafft, die absolute Summe für innovative Investitionen konstant zu halten. Prozentual wird sie zwar schrumpfen, aber das liegt an den Plänen, die Fraport insgesamt hegt. Krieg schreitet an den Lageplan des Flughafens und lässt den Zeigefinger über die Karte wandern: "Hier reißen wir gerade alte Hallen ab, um die vorhandenen Terminals zu erweitern. Da läuft der Bauantrag für die neue Landebahn, die etwa bis 2009 fertig sein soll. Dort wird schon für die neue A380-Werft gerodet, und hier soll ab 2009 das ganz neue Terminal entstehen. Nicht zuletzt baut Gedas OS seit dieser Woche da unser neues RZ."

Ein CIO als Banker Dabei muss sich der IT-Verantwortliche auf Europas demnächst größter Baustelle zunächst mit ganz profanen Dingen beschäftigen: "Wir werden für 70 Millionen Euro Kupfer, Glasfaser, Funk, Verteilerschränke und Informationsmonitore einbauen - alles nicht allzu ungewöhnlich, aber komplex in der Planung", meint Krieg. WLAN, digitaler Bündelfunk und RFID-gestütztes Facility-Management zählen bei den Ausbauplänen noch zu den technologisch interessanteren Projekten. Selbst beim Telefon wird sich Krieg voraussichtlich für eine "knochentrocken seriöse Lösung" entscheiden. VoIP kommt nicht wirklich in Frage. "Wir wollen eine re- dundante Technologie. Sicherheit hat Vorrang", sagt der CIO. "Für einen Hightech-Freak ist das alles eher dröge."

Doch Krieg kann selbst Themen wie der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure etwas abgewinnen. Er ist nicht der Visionär, der auf der dritten Metaebene über Zukunftstechnik spricht, während draußen das Kofferband klemmt. Seine Projekte sind innovativ und am Business ausgerichtet. Drei davon hat er in seiner Bewerbung zum CIO des Jahres vorgestellt.

Die drei größten Projekte

- Mit einem auf SAS entwickelten Business-Intelligence-Architecture-Framework, das auch das SAP BW integriert, stellt er seinen internen Kunden ein Data Warehouse bereit, mit dem diese alle Informationen rund um die Flugbewegungen analysieren können. Das ist neu. So neu, dass Krieg ausnahmsweise um Benutzer im Haus erst werben musste. Er ist jedoch überzeugt, dass die Airport-Manager einen realen Vorteil aus dem Datenmaterial generieren können.

- Passagiere auf Basis von digitalisierten Videobildern zu zählen wäre eine absolute Innovation im Terminal-Management gewesen. Krieg ist stolz darauf, das Projekt angeschoben zu haben. Und er bekennt sich dazu, dass es wieder eingestellt wurde. Eine manuelle Erfassung der Passagierströme hat sich mittlerweile als kostengünstiger erwiesen.

- Abflug-Management gehört zum Kerngeschäft eines Flughafens. Fraport lässt hier eine Lösung entwickeln, die das hektische Treiben auf dem Rollfeld für die Flughafengesellschaft kontrollierbarer macht. Das althergebrachte Prinzip der Piloten "First come, first serve" ist somit abgeschafft. Nicht mehr sie bestimmen, wann die Pushbacks ihre Flieger auf die Rollbahn schieben. Jetzt ist es ein Programm, das mit den Lotsen abstimmt, wer als nächstes auf die Startbahn darf.

Gerade in dem letzten Projekt sieht Krieg ein Paradebeispiel, wie IT das Kerngeschäft stärkt oder überhaupt erst ermöglicht: "Wir sind vor allem deswegen ein so großer Flughafen, weil wir ein großer Umsteigeflughafen sind." Anders als London und Paris lebe Frankfurt davon, dass Fraport den Airlines hohe Pünktlichkeit und ein schnelles Umsteigen der Passagiere garantiert, wirbt der IT-Chef, der seine Rolle im hektischen Flugplatzbetrieb mit der eines Produktionsleiters vergleicht: "Das ist wie in einer richtigen Fabrik hier - aber auf dem Fließband sind Menschen. Die sind schon mal in Hektik, und ihr Handeln ist nicht immer vorhersehbar", erzählt Krieg. Gemessen an diesem Alltag sei das einmalige Aushandeln eines Outsourcing-Vertrags überhaupt kein Stress. n

Horst Ellermann