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Hat US-Militär Irak-Kriegs-Kritiker Geldhahn für IT-Projekt zugedreht?

22.04.2003

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Ganz klar ist die Angelegenheit nicht. Aber sicher ist, dass die US-Militärbehörde Denfense Advanced Research Projects Agency (Darpa) rund 345.000 Dollar Restmittel für ein Sicherheitsprojekt gestrichen hat. Der ursprünglich bewilligte Gesamtbetrag für Entwicklungsarbeiten, um das Betriebssystem Open BSD mit weiteren Sicherheitscharakteristika auszustatten, betrug 2,3 Millionen Dollar. Pikant ist, dass sich der Leiter des Open-BSD-Projekts, Theo de Raadt, kurz vor der Streichung der Geldzuwendungen in einem Artikel sehr kritisch zur US-amerikanischen Haltung gegenüber dem Irak und zum Krieg gegen das Zweistromland geäußert hatte.

Das Projekt war Teil einer größeren Darpa-Anstrengung, dem Composable High Assurance Trusted System Project. Dieses befördert Entwicklungen, die Computer besser vor Angriffen von Hackern schützen sollen. Zwei Tage, bevor die offizielle Mitteilung eintraf, dass die Fördermittel ab sofort gestrichen würden, hatte de Raadt einen Anruf von Jonathan Smith erhalten. Smith ist Professor an der University of Pennsylvania und dort zuständig für das Open-BSD-Projekt. Smith teilte de Raadt mit, einige Universitätsmitglieder sowie Darpa-Mitarbeiter seien unglücklich über Anti-Kriegs-Äußerungen, die de Raadt in der kanadischen Zeitschrift "Globe & Mail" gemacht habe. Darin wurde der im kanadischen Calgary lebende de Raadt mit den Worten zitiert, der Krieg der USA gegen den Irak "mache ihn krank". Er, de Raadt, fühle

sich unwohl bei dem Gedanken, vom US-Militär Gelder für Forschungsprojekte anzunehmen. Aber "ich versuche mich selbst zu überzeugen, dass die uns gewährten Förderungen dazu beitragen, dass zumindest eine halbe Cruise Missile nicht gebaut werden kann." De Raadt sagte ferner, er sei etwas aufgebracht gewesen, als ihn Smith während des Telefonats aufgefordert habe, "sein Recht auf freie Meinungsäußerung nicht wahrzunehmen".

Eine Darpa-Sprecherin wiegelte derweil ab. De Raadt sei für seine Bemerkungen nicht gemaßregelt worden. Vielmehr sei es ein völlig normales Prozedere, geförderte Arbeiten immer wieder einer Prüfung zu unterziehen. Dies sei eben auch mit dem inkriminierten Projekt an der University of Pennsylvania geschehen. Diese Prüfungen entsprächen dem üblichen Prozess der Evaluierung von Arbeiten. Hierbei würden keine A-priori-Entscheidungen getroffen über die Zukunft von Projekten. Man habe auch in dem vorliegenden Fall noch keine Entscheidung getroffen über den Fortgang der Entwicklungen. Wenn es hier zu Mißverständnissen und Fehlinterpretationen gekommen sei, bedauere die Darpa dies. (jm)